Übersprudelnde Freude
Chöre und Orchester der Sing- und Musikschule Mozartstadt Augsburg zeigten in der Günzburger Frauenkirche, wie kurzweilig und modern geistliche Musik sein kann
Es zählt wohl zu den bekanntesten Werken für Streichorchester in unserer Zeit: Das „Palladio“ von Karl Jenkins, dessen erster Satz im Diamantenwerbespot von De Beers weltbekannt wurde. Die Musiker des Orchesters Sinfonia Augustana, unter der Leitung von Wolfgang Reß, brachten es am Kirchweihsonntag in der Günzburger Frauenkirche zu Gehör. Dabei gelang es ihnen, die tausendfach gespielte Melodie mit ihren wiederkehrenden Elementen frei von Banalität frisch und lebendig zu interpretieren.
Im weniger bekannten und harmonisch weitaus interessanteren zweiten Satz präsentierten die beiden Violinsolisten Franziska Strohmayr und Sandro Roy ausdrucksstark dessen Thema, unterstützt von der unaufdringlichen Begleitung des restlichen Orchesters. Immer wieder entfaltete die Sinfonia Augustana ihre gesamte dynamische Bandbreite, um dann wieder im Nichts zu verschwinden. Der spritzige dritte Satz bot eine optimale Überleitung zu den beiden folgenden Werken des 1945 geborenen Komponisten John Rutter.
Gut 100 Sänger gesellten sich zusammen mit Bläsern und Schlagwerkern zum Streichorchester hinzu für die Hymne „Look at the World“. Die frischen Stimmen des Kinder- und Jugendchors der Sing- und Musikschule Mozartstadt Augsburg transportierten gemeinsam mit den Motiven von Harfe, Flöte, Oboe und Glockenspiel den Lobpreis über Gottes Schöpfung. Zusammen mit den satten Stimmen des Erwachsenenchors stimmten sie in eine Hymne voller Dankbarkeit, Zuversicht und purer Lebensfreude ein.
Rutters übersprudelnde Tonsprache fand sich auch im Anfang seiner „Mass of the Children“ wieder, die Dirigent Wolfgang Reß als Hauptwerk des Konzertes ausgewählt hatte. Der zeitgenössische Komponist John Rutter schafft es wie kaum ein anderer, geistliche Musik in ein modernes, populäres Gewand zu kleiden, ohne dabei ins Triviale abzudriften. Schon im Beginn des Kyrie finden sich Elemente aus der Filmmusik wieder, Einwürfe von Holzbläsern und Harfe garnieren den Gesang des Chors.
Einen der Höhepunkte des Abends schufen die Gesangssolisten Cathrin Lange und Matthias Lika, die mit strahlendem Sopran und klarem, satten Bariton das Duett im Gloria anstimmten. Jubilierende Streicher und feierliches Blech lassen die Ehre des Herrn erklingen, kurzweilig und vital vertont durch seine ungeraden Taktarten und einen vorwärtstreibenden Rhythmus. Im Gegensatz dazu stand das andächtige Sanctus des Konzertchors, traumhaft umspielt von Soloflöte und Klarinette.
Eine weitere Facette bietet Rutters abwechslungsreiche Messe mit dem beinahe düsteren Agnus Dei – die anspruchsvolle Harmonik vom Chor größtenteils hervorragend gemeistert. Immer wieder ergänzt der Komponist den lateinischen Text der Messe durch englische Gedichte. So folgt auf das Agnus Dei „Little Lamb“ von William Blake, in dem zunächst der Kinderchor das kleine Lamm danach fragt, ob es weiß, wer es geschaffen hat. In dieses kindliche Staunen stimmten die Erwachsenen ein, um anschließend mit dem lateinischen „Miserere nobis“ zu enden.
Im Finale bestach der junge Bariton Matthias Lika durch seine ausgesprochen reife Stimme, mit der er den Lobpreis an den Herrn vortrug. Ihre Vielseitigkeit stellte Sopranistin Cathrin Lange im Schlussteil unter Beweis, in dem die klassische Sängerin des Augsburger Theaters meisterhaft die vom Musical inspirierten Passagen Rutters interpretierte. Die einzigartige Atmosphäre des Werkes verdichtete sich durch die Überlagerung von englischen Gedichten, gesungen von den Kindern, und dem lateinischen Messgesang der Erwachsenen, getragen vom Orchester und zusammengeführt zu einem Ensemble vom erfahrenen Dirigenten Wolfgang Reß.
Die begeisterten Konzertbesucher entließen die Augsburger Musiker erst nach lang anhaltendem Applaus, Standing Ovations und einer Zugabe aus der Frauenkirche.
Die Diskussion ist geschlossen.