Trabant mit 270 PS und Quattro-Antrieb
Trabant quattro - Ost-Auto mit West-Tuning

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Auf diesen Trabbi hat die Welt gewartet - bedeutend länger als die DDR-Bürger auf einen der Kleinwagen. Ein polnischer Auto-Enthusiast verbreitert den Trabant und implantiert ihm einen 270 PS starken Wessi-Antrieb: den 1,8-Liter-Vierzylinder aus dem Audi TT. Dazu gibt es Quattro-Antrieb - was sonst?

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Foto: Artur Owsiany

Der Trabant 601 hat sich zwischen 1964 und 1990 rund 2,8 Millionen Mal verkauft. Trotzdem wurde der Kleinwagen wegen seiner alten Technik verspottet. "Was bedeutet die Bezeichnung 601 auf dem Trabbi?", heißt es in einem Witz. Antwort: "600 haben ihn bestellt und einer hat ihn bekommen." Eine Anspielung auf die langen Wartezeiten von 10 bis 12 Jahren. Oder mehr.

Power-Trabbi sprintet in 4,5 Sekunden auf 100 Sachen

Darf es noch ein Witz sein? "Wann erreicht ein Trabbi seine Höchstgeschwindigkeit?" "Wenn er abgeschleppt wird." Doch auf diesen Trabbi, den Sie ausführlich in unserer Bildergalerie bestaunen können, trifft dieser Scherz ganz und gar nicht zu. Mit seinem Sprintvermögen von 4,5 Sekunden auf 100 km/h brüskiert er selbst Sportwagengrößen wie den Porsche Cayman GTS. Und ist so schnell wie ein BMW M2 mit Handschaltung. Auf 200 Sachen quirlt der Trabbi seinen Schöpfern zufolge in 15,5 Sekunden. Eigentlich unfassbar: Das ist in etwa so, als ob ein alter Opa plötzlich in der Weltelite des Sports mitturnt. Kleine Einordnung: Der Audi TTS benötigte im Supertest von sport auto (Artikel) für die 0-200-km/h-Messung 19,7 Sekunden.

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TT ist ein guter Stichwortgeber. Natürlich ist hat dieser Trabant 601 wenig mit dem Original zu tun. Mit Zweizylinder-Zweitaktmotor, 0,6 Liter Hubraum und 26 PS - salopp gesagt: einer Luftpumpe - lässt es sich nicht in 4,5 Sekunden auf Landstraßentempo rattern. Dafür braucht es ein anderes, deutlich leistungsstärkeres Aggregat.

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Artur Owsiany
Der getunte Trabbi soll in 4,5 Sekunden auf 100 km/h knallen.

Ein polnischer Auto-Enthusiast hat zusammen mit einem Freund dem DDR-Kultfahrzeug einen 1,8-Liter-Vierzylinder-Turbo aus dem Audi TT unter die Haube geklemmt. Einen auf 270 PS und 370 Nm gezüchteten statt der üblichen 225 PS. Die einen würden es Irrsinn nennen, die anderen Kreativität. Und wenn schon Umbau, dann richtig: Also zog der Quattro-Antrieb mit in den Trabbi, eine Haldex-Kupplung jongliert die Power zwischen Vorder- und Hinterachse.

ABS und ESP im Trabant

Das musst du erst mal sacken lassen: Trabant 601, TT-Turbo, Quattro-Antrieb. 270 PS spielen mit einem Auto, das in der Ursprungsversion nur rund 650 Kilogramm wiegt: Das klingt nach einem Sprung aus 5.000 Metern ohne Fallschirm. Doch die Macher lassen den Trabbi nicht ohne Auffangnetze los. ABS und ESP sind mit an Bord. Zudem haben die Polen einen Überrollkäfig für den Trabbi geschweißt, der ihn zum Zweisitzer werden lässt.

Die 312 mm großen Bremsscheiben vorn und die 256er Scheiben hinten stammen wieder von Audi. Die Aufhängungen sind "Homemade". Die Macher schmeißen hier nach eigenen Angaben Komponenten von Audi, Renault und Honda in einen Topf. "Wir haben den Trabant mit ein wenig Elektronik und ein paar Gadgets ausgerüstet, die es in Serie nicht gab. Beim Material haben wir nicht gespart", berichten die Polen. Man sieht's dem Trabbi an.

Der getunte Trabant 601 hat übrigens schon mehrere Herztransplantationen hinter sich. Zunächst trieb ihn ein 1,1-Liter-Motor aus dem Polo an, der im Trabant 1.1 Serie war. So will ihn der Besitzer übernommen haben. Es folgte ein 1,3-Liter-Triebwerk, dann ein 1,8-Liter und ein 2,0-Liter-Motor aus dem Golf GTI.

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Artur Owsiany
ABS, ESP und ein Überrollkäfig: So soll die Sicherheit gewährleistet sein.

Trabbi sticht TT aus

Als er den Trabbi vor 14 Jahren kaufte, sei "nur der Körper in einem guten Zustand gewesen", schreibt der Besitzer. "Bereit für starke Modifikationen." Die Frontpartie des Trabant zieren ein neuer Stoßfänger und Fadenkreuzscheinwerfer wie beim Golf 1 und 2. Der 270-PS-Kleinwagen rollt auf 16-Zoll-Stahlfelgen, die mit Toyo T1-R-Gummis bestückt sind.

Die in saftigem braun lackierte Karosserie wird durch Kotflügelverbreiterungen ergänzt. Im Heck wuchert ein neuer Auspuff. Das Antriebskonzept und das neue Aussehen machen den Trabbi vermutlich zum coolsten seiner Art. Wer auf der Abschlussfeier das Rennen um die Ballkönigin macht: TT oder Trabbi? Starke Vermutung: Die junge Dame lässt sich auf den Schalensitzen des DDR-Kleinwagen nieder.

In unserer Bildergalerie zeigen wir Ihnen den getunten Trabbi mit 270 PS. Zur Seite des Fotografen Artur Owsiany geht es hier.

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Erscheinungsdatum 04.02.2022

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