Der Tross reist nach Frankreich. Für Spannung sorgen der Kampf an der Spitze und ein ungeklärtes Verbrechen.

Erst sind es 30, zehn Minuten später 50, nach zwanzig Minuten wartet eine Hundertschaft auf der alten Rheinbrücke in Rheinfelden, über die eigentlich niemand fahren darf, außer die AvD-Histo-Monte, die hat eine Sondergenehmigung. Es sind nicht nur Einheimische, die auf die 70 Teilnehmer warten. Sonia und Peter sind extra aus Winterthur gekommen, um die Teams zu beklatschen. Alle Nase lang hält ein Auto an, man kennt sich. Das Schweizer Pärchen war schon 2022 am Start und wäre gern wieder mitgefahren, aber zu Weihnachten gab es dieses Jahr einen Trip auf die Lofoten.

Die Schweiz begrüßt die Teilnehmer der AvD-Histo-Monte gleich zweimal mit einer willkommenen Überraschung: sowohl bei der Einreise über die ansonsten gesperrte Rheinbrücke in Rheinfelden als auch im beschaulichen Bergrenn-Städtchen Saint Ursanne warten extrem viele Fans auf die Oldtimer.

Die Zahl der Schaulustigen an der Brücke und in der Altstadt von Rheinfelden wird eine halbe Stunde später noch übertroffen in Saint Ursanne. Walter Münch lässt absichtlich den Fünfzylinder-Turbo stoßweise ein paar Mal aufbrüllen, bis er die 420 PS in der 84er Röhrl-Replika ausschnaufen lässt. „Das woll’n die Leute doch hören“, sagt er grinsend.

In aller Stille hat in der Nacht auf dem Hotelparkplatz in Aix Les Bains ein Lastwagen das fliegende Vorauskommando gerammt, das 24 Stunden vor dem Feld die Strecken abfährt. Das Heck des VW Passat ist bis hoch zur C-Säule schwer in Mitleidenschaft gezogen, die Heckscheibe fehlt ebenso wie der Täter. Um drei Stunden verzögert sich die Weiterreise – nicht etwa wegen Einsetzung einer Sonderkommission oder Fahndungsarbeit der Spurensicherung. Die Polizei lässt ausrichten, dass sie allenfalls zur Nahrungsaufnahme, Feuerabend mit Pastis oder Personenschaden das Revier verlässt. Zum Glück gibt es eine Überwachungskamera. Die Fahndung läuft.

Nach fast 100 Kilometern durch die Schweiz folgt endlich Frankreich. An der kleinen Grenzstation in Brémoncourt warten zehn Zollbeamte auf die Teams mit einem einfachen Auftrag: keine größeren Kontrollen, stattdessen machen die Beamten begeistert Fotos von fast allen Teams.

Die Teams, die sich zuvor die Schauinsland-Rennstrecke hochgearbeitet haben, würden vor allem gern was sehen. Die gute Nachricht: Oben ist alles weiß. Die Schlechte: Es ist kein Schnee, nur Nebel. Das Thermometer zeigt selbst in Mouthe – dem historisch kältesten Ort von ganz Frankreich – zwölf Grad plus, und aufmerksame Beobachter haben sofort notiert, dass Wetterfrosch Hannes Streng die Brücke in die Schweiz frech grinsend mit offenem Oldsmobile-Verdeck überquert, obwohl es schon wieder nieselt. Aber außerhalb von Rheinfelden stoppt der Wasserfluss und setzt bis zum Etappenziel nach 500 Kilometern nicht wieder ein. Auf der Abfahrt vom Mont Jura finden sich ein paar Schneefetzen, ansonsten ist alles trocken, die paar tiefhängenden Wolken, die auf dem Weg zum Col de Berentin wie Gespenster über dem Tal hängen, schrecken niemand mehr.

Beim Aufstieg zum Col de Menthières hängt die dichte Nebelsuppe gespenstisch zwischen den Bäumen. Trotzdem blieb der dritte Fahrtag ab der Schweiz fast komplett trocken, zumindest heute hatte der Wettergott ein Einsehen mit den Mannschaften.

Während der 924 von Gerhardus Kreyenborg bei hereinbrechender Dämmerung hat der Bürgermeister von Aix Les Bains alle Lampen an, der oberste Ortsvorsteher ist offenbar ein Opfer der Weiberfastnacht geworden. Apropos Opfer: Mit Mühe und Liebe hat Christian Faber nicht nur seinen Stratos gehätschelt, sondern auch Tochter Sophia, die ihre Karriere schon mit 17 begann und nun, 19 Jahre jung, ihren alten Herrn im Klassement ablederte. Mit ihrem Quattro rangiert sie als 35. eher im Mittelfeld, aber der Senior liegt 17 Ränge hinter ihr, und Sophia Faber wird auf der Tagesliste als Zweitbeste geführt.

Zweitbeste Leistung am dritten Tag: Sophia Faber und Co Thomas Townson im Audi Quattro wurden immer besser, am Ende des langen Fahrtages in Aix-les-Bains war die Luft jedoch raus.

Am dritten Tag macht sich bei einigen die Müdigkeit bemerkbar, gleich zehn Autos biegen auf dem Mont Jura nach 3,05 Kilometern nicht am einzigen Abzweig ab und rollen auf der Hauptstraße weiter. Hellwach und konzentriert ist auf der bisher längsten Etappe Reinhard Siegmeier und Erwin Becher, die ihren BMW 528 nicht nur zum Tagessieg lenken, sondern sich auch haarschaf am Skoda-Team Herkommer und Poppe vorbeischieben (79 zu 80 Punkten). Gestern noch mit Bastelarbeit an einer nicht einwandfreien Tachowelle beschäftigt, katapultiert sich der kleine Renault 5 Turbo mit der Startnummer 53 auf Gesamtrang drei, und das in Schlagdistanz zur Spitze: Andreas Zunehmer und Rolf Pellini liegen nur vier Punkte hinter den Führenden.

Reinhard Siegmeier und Erwin Becher im BMW 528 (BJ 1972) haben die Nase vorn. Titelverteidiger Jens Herkommer liegt auf Gesamtrang zwei, beide trennen gerade einmal einen Punkt.

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