ZBB1-2016 Kompressionsentsalzung, Engel, Abb. 1
Salzausblühungen und Steinschädigungen zeigten sich infolge bauschädigender Salze an einer Fassade unterhalb eines Gesimses ohne Tropfkante. (Abb.: Remmers Baustofftechnik)

Bauwerksabdichtung 1. August 2016 Wenn das Bauwerk übersalzen ist …

Die Entsalzung von Naturstein und anderen mineralischen Baustoffen mit Kompressen ist ein anerkanntes und an vielen bedeutenden Bauwerken bewährtes Verfahren, um bauschädliche Salze am Bauwerksignifikant zu reduzieren. In den Jahren 2006 bis 2009 beschäftigte sich ein von der EU gefördertes Forschungsprojekt intensiv mit den naturwissenschaftlichen Grundlagen der Kompressenentsalzung. Das hat zur Entwicklung von optimierten Materialien beigetragen, die mit möglichst geringem Aufwandeinen maximalen Entsalzungserfolg erzielen.

Kompressenentsalzung ist eine Methode, um bauschädliche Salze im oberflächennahen Bereich poröser mineralischer Baustoffe zu reduzieren. Dies kann zum einen das Ziel haben, Schadenspotenziale langfristig zu verringern. Zum anderen kann diese Maßnahme kurzfristig die Grundlage für Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen schaffen, zum Beispiel für den Auftrag von Steinergänzungsmörteln. Die Entsalzung mit Kompressen wird in der Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege meist bei Naturstein, gelegentlich auch bei Ziegeln angewandt. Entsalzungen können mit einem Risiko für das Objekt verbunden sein und zum Beispiel Fassungen und Oberflächen schädigen. Daher ist in jedem Fall vorab zu klären, ob das Ziel erreicht werden kann, schädliche Einflüsse nachhaltig zu reduzieren oder eine Konservierungsmaßnahme vorzubereiten. In den letzten Jahren wurde insbesondere durch das von der EU geförderte Entsalzungsprojekt „Desalination – Assessment of desalination mortars and poultices for historic masonry“ (2006 – 2009) der Wissensstand zur Funktionsweise und bewussten Steuerung der Eigenschaften von Entsalzungskompressen erheblich erweitert [1].

Salze lösen sich in Wasser und kristallisieren wieder aus

Bauschädliche Salze beeinflussen die Verwitterung und Schädigung von Baustoffoberflächen wesentlich. Dadurch geht nicht nur wertvolles Kulturgut verloren, sondern es entstehen auch hohe Instandhaltungskosten. Das Schädigungspotenzial von Salzen beruht zu einem großen Teil auf ihrer Wasserlöslichkeit sowie der Fähigkeit, Feuchtigkeit aus der Luft einzulagern. Letzteres bezeichnet man als Hygroskopizität. Unter den bekannteren und am Bauwerk häufig zu findenden Salzen sind Nitratverbindungen die wasserlöslichsten, gefolgt von Chloriden und Sulfaten. Schon ab einer relativen Luftfeuchtigkeit von etwa 50 Prozent erreichen Nitrate ihre Ausgleichsfeuchte, das heißt sie liegen in gelöster Form vor. Ab etwa 70 bis 80 Prozent Luftfeuchtigkeit gehen auch die übrigen Salze in Lösung. Wenn das Wasser bei niedriger Luftfeuchtigkeit zum Teil wieder abgegeben wird, kristallisieren die Salze erneut aus. Durch die Kristallisation vergrößert sich im Porenraum das Volumen der Salze, wodurch der Baustoff im Inneren mechanisch beansprucht wird. Das kann bis zu oberflächlichem Absanden oder einer strukturellen Zerstörung führen. Bei zyklischen Luftfeuchtigkeitsschwankungen, etwa zwischen 40 und 80 Prozent, wird der Baustoff einer wiederkehrenden inneren mechanischen Beanspruchung ausgesetzt. Die Salze werden in flüssigem Wasser transportiert und orientieren sich daher meist in Richtung einer Verdunstungszone. Am Bauwerk ist dies in der Regel eine Bauteiloberfläche. Da die Salze beim Verdunsten der Feuchtigkeit jedoch nicht „mitgenommen“ werden, reichern sie sich im Bereich dieser Verdunstungszonen an.

ZBB1-2016 Kompressionsentsalzung, Engel, Abb. 5
Am Magdeburger Dom wurden die Kompressen mit einer Putzmaschine aufgetragen, da die Flächen für eine wirtschaftliche händische Verarbeitung zu groß waren. (Abb.: Remmers Baustofftechnik)

Salze werden auf zwei verschiedene Arten transportiert

Salze können nur in gelöster Form transportiert werden. Man unterscheidet den Transport durch eine Flüssigkeitsbewegung und durch Eigenbewegung. Der Transport durch Eigenbewegung (Diffusion) wird durch unterschiedliche Salzkonzentrationen innerhalb eines Mediums ausgelöst. Durch die Diffusion werden Konzentrationsunterschiede bis hin zur vollständigen Durchmischung ausgeglichen (Konzentrationsausgleich). Diesen physikalischen Effekt macht man sich beim Einsatz der Nasskompressen-Methode zunutze. Bei dieser wird Kompressenmaterial über den Entsalzungszeitraum nass gehalten. Kleinere, bewegliche Bauteile können auch mit einer „Tauchentsalzung“ behandelt werden. Der Transport durch eine sich bewegende Flüssigkeit (Feuchtegradient) wird durch unterschiedliche Feuchtegehalte oder durch Konvektion infolge Temperatur-, Dichte- oder Druckgradienten getrieben. Die in der Flüssigkeit gelösten Salze werden dabei mit dieser transportiert. Durch Einsatz einer trocknenden Kompresse, deren Funktion im Wesentlichen auf dem Feuchtetransport während der Trocknung beruht, kann dieser Salztransportmechanismus effektiv für die Entsalzung genutzt werden. Beide Mechanismen können gemeinsam, das heißt im gleichen Kompressenauftrag, für die Entsalzung von Baustoffen angewandt werden.

Als Entsalzungskompressen werden zwei verschiedene Arten verwendet

Als Entsalzungskompressen werden in der Regel zwei unterschiedliche Arten verwendet:
❚❚ pastös zu verarbeitende Materialien, die aus einer oder mehreren Komponenten bestehen und mit Wasser angemacht werden, in keinem Fall aber ein „echtes“ Bindemittel enthalten,
❚❚ hochporöse, saugfähige, flexible und inerte Matten und Vliese aus Schaumstoff, Papier, Textilien etc. Einen guten Überblick über die erstgenannten Kompressen-Antragsmassen gibt die Übersichtstabelle des WTA-Merkblatts 3-13-01/D „Zerstörungsfreies Entsalzen von Naturstein und anderen porösen Baustoffen mittels Kompressen“[2].

Kompressenentsalzung braucht stabilen, vorgenässten Untergrund

Unabdingbare Grundlage für eine erfolgreiche Kompressenentsalzung ist ein ausreichend stabiler Untergrund, der die Kompresse tragen und die spätere Abnahme ohne nennenswerte Substanzverluste überstehen kann. Da dies auf stark salzgeschädigten Untergründen nicht selbstverständlich ist, müssen sie vor der Entsalzung gegebenenfalls verfestigt werden. Mit Kieselsäureestern, die nach dem Reagieren eine eigene „Sekundärporosität“ aufweisen, werden hierbei gute Erfolge erreicht. Die Salze können außerdem nur dann erfolgreich in eine Kompresse transportiert werden, wenn sie in Wasser gelöst sind. Das bedingt fast immer, dass der Baustoff vor Beginn der Maßnahme vorgenässt werden muss. Verwendet wird dafür destilliertes Wasser (auch entionisiertes oder demineralisiertes Wasser genannt). Die Intensität des Vornässens (Dauer und Wassermenge) ist vom Saugverhalten des Untergrunds, der Art, Konzentration und Tiefenverteilung der Salze sowie der Feuchteverteilung im Baustoff abhängig. Zu beachten ist hierbei, dass das Vornässen gewisse Risiken birgt. So kann die eingebrachte Feuchtigkeit in angrenzende Bereiche der Konstruktion dringen und dort unerwartete Effekte hervorrufen, wie zum Beispiel feuchteempfindliche Materialien zu schädigen. Außerdem kann die Kompresse, die meist Cellulose enthält, und in der Folge deren Umfeld mikrobiell befallen werden. Eventuell sind geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wie zum Beispiel die fungizide Einstellung der Kompresse. 

Literatur
[1] Van Hees, R. P. J. et al.: Guideline for Desalination of Porous Substrates. Brochure based on the results obtained by the EU-Project Desalination – Assessment of Desalination Mortars and Poultices for Historic Masonry, Contract no.: 022714 (2006)
[2] WTA-Merkblatt 3-13-01/D Zerstörungsfreies Entsalzen von Naturstein und anderen porösen Baustoffen mittels Kompressen

Autor: Jens Engel

Dieser Beitrag ist Teil eines Artikels aus B+B BAUEN IM BESTAND, Ausgabe 01-2016     

Fachbeiträge-Archiv grün.jpg

Sie möchten erfahren, wie der Beitrag weiter geht? Als Abonnent haben Sie vollen Zugriff auf das BauenimBestand24.de- Fachbeiträge-Archiv . Neben diesem Beitrag stehen Ihnen dort über 2.000 Fachartikel aus der B+B BAUEN IM BESTAND sowie fünf weiteren Fachzeitschriften zur Verfügung.

Weitere Informationen zum Abo

Login für Abonnenten  

zuletzt editiert am 09.04.2021