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Unschuldige Schmonzette im italienischen Fischeridyll

Ob das Geschenk wohl geschätzt wird? Francesco Mistichelli präsentiert als kluger Fischerbub den Hahn im Käfig.

Als Hotelgast darf man hier jeden Tag zum Frühstück denselben Satz lesen: «Ein Film, so schön wie Ferien in Italien.» Das steht so im Hotel auf den Tischsets, welche die Filme der kommenden Saison bewerben. Besagter Slogan ist gemünzt auf das Mittelmeer-Märchen «Marcello Marcello» von Denis Rabaglia, und so stellt sich beim ersten Kaffee stets die Frage, ob das wohl genügt, wenn Kino einfach so schön ist wie Ferien in Italien. In den Zeiten von Algenstränden, Berlusconi-TV und bröckelnden Kulturgütern sind die ja auch nicht mehr, was sie mal waren.

Doch das italienische Fischerdörfchen, das der Westschweizer Erfolgsregisseur Rabaglia («Azzurro») zum Abschluss des Schweizer Tages auf die Leinwand zauberte, ist ohnehin ein Produkt von reinster touristischer Nostalgie. Dieses Fischeridyll aus den unschuldigen Fünfzigerjahren hat sich der britische Hobby-Italiener Mark David Hatwood ausgedacht, und dessen Roman «Marcello und der Lauf der Liebe» hat Rabaglia nun mit grosser Lust am Klischee bebildert: Die Kulissen sind prächtig ausgeleuchtet in mediterranen Farben, das Meer schillert in ungetrübtem Türkis, und die Interieurs sind von einer gepützelten Italianitá, wie man sie aus der TV-Werbung für Pasta und fixfertige Tomatensaucen kennt.

Dramaturgie eines Dominospiels

Genauso altbacken ist auch der Brauch, der seit Jahr und Tag das Liebeswerben im Dorf regelt: Wenn ein Fräulein reif ist fürs erste Date, besorgt sich jeder Bursche ein Geschenk für den Vater des Mädchens - und wer bei Papa Gnade findet mit seiner Gabe, darf dann die Tochter ausführen. Nur einer hat dieses Ritual noch nie mitgemacht: Das ist Marcello, ein armer, kluger Fischersbub wie aus dem Bilderbuch. Doch eines Tages kehrt die asthmakranke Tochter des Bürgermeisters ins Dorf zurück. Und wie diese schöne Elena nun aus dem Boot steigt und ihr schwarzglänzendes Haar schüttelt, als wollte sie uns ihr Shampoo verkaufen, da hat Marcello sein Herz an sie verloren.

Das geht wie der Blitz in einem Film, der sich sonst an die gemächlichen Tempovorschriften einer TV-Schmonzette hält. Für sein Date mit Elena will Marcello dem Bürgermeister den Hahn schenken, der ihn jeden Morgen aus dem Schlaf reisst. Doch der Metzger mag sein Tier nicht gratis abgeben, und bald ist Marcello in einen Tauschhandel verwickelt, der ihn durchs ganze Dorf führt. Die Dramaturgie ist die eines Dominospiels, aber dem ausgelegten Parcours fehlen die überraschenden Schikanen. «Marcello Marcello» ist ein Film, dem in der ganzen ausstatterischen Sorgfalt die Fabulierfreude zu vergehen scheint. Eine Stunde dauert es, bis das Domino endlich Fahrt aufnimmt. Und von dem Hass, der angeblich das ganze Dorf teilt, damit Marcello Versöhnung stiften kann, ist fast gar nichts zu spüren.

Verregneter Schweizer Tag

Dabei hätte man am Dienstag im verregneten Locarno ganz gut einen Film gebrauchen können, der die Sonne wenigstens in die Herzen getragen hätte. Schon vor einem Jahr prasselte pünktlich zum Schweizer Tag der Regen auf die Piazza Grande, und zwar so laut, dass das Gewitter jedes Wort begrub, das im Film «1 Journée» gesprochen wurde.

Doch wollen wir das Wetterpech ja nicht gleich als schlechtes Omen für das einheimische Filmschaffen deuten. Und wer weiss, vielleicht läuft der bessere Schweizer Piazza-Film ohnehin am Samstag in Zürich: Dann nämlich läuft die helvetische Bollywood-Romanze «Tandoori Love» im Openair-Kino am Zürichhorn. Dort feiert der Film nun seine Weltpremiere, nachdem man ihn in Locarno nicht auf der Piazza Grande zeigen mochte.