Genosse Computer

Die Findigkeit der DDR-Elektronikbastler

Beim Festival der Uralt-Computer zeigt sich die Findigkeit der DDR-Elektronikbastler.

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Mit Röhren-Fernseher als Bildschirm und einer Tastatur aus Weichenschalter für Modelleisenbahnen.
Mit Röhren-Fernseher als Bildschirm und einer Tastatur aus Weichenschalter für Modelleisenbahnen.Sabine Gudath

Berlin-Wie bekomme ich einen Computer? Die Frage bewegte viele in der DDR, weil zwar theoretisch Computer für den Hausgebrauch angeboten wurden, aber viel zu wenige. Da war Selbsthilfe angesagt.

Der Software-Entwickler Thomas Falk (51) aus Dresden zeigt noch heute auf dem „Vintage Computing Festival“ im Deutschen Technikmuseum, wie sich der elektronikbegeisterte DDR-Bürger half, wenn West-Oma keinen Commodore C64 beschaffen konnte oder kein Westgeld für den Intershop da war. Die Zeitschrift „Funkamateur“ war da hilfreich: 1984 veröffentlichte sie eine Anleitung zum Bau des „Amateurcomputers AC 1“.

Falk: „Die Leiterplatte konnte man dazu bekommen oder selbst ätzen.“ Die eigentlichen elektronischen Bauteile waren über einen Laden im Versandhandel zu beziehen, wurden gern gebunkert und getauscht.

Philipp Sander mit dem Röhren-Modell einer Schaltung zum Speichern eines einzigen Bits. 
Philipp Sander mit dem Röhren-Modell einer Schaltung zum Speichern eines einzigen Bits.Sabine Gudath

Als Bildschirme dienten über Antennenkabel angeschlossene TV-Geräte, und wer keine Tastatur ergattern konnte, baute sich eine aus Weichenschaltern für Modelleisenbahnen. „Man kann mit diesen Rechnern noch Briefe schreiben“, sagt Thomas Falk, „und wenn man diese Hardware kennt, kann man Probleme bei modernen Rechnern bewältigen.“

20 Konsolen aus den 90er-Jahren stehen bereit

Die Messe bietet einen breiten Einblick in die „Archäologie“ der Mikrocomputer. Der Informatiker Jörg Gudehus (52), der 80 Apple-Rechner besitzt: „Seit meinem Apple II von 1978 wurde die Bedienung dramatisch einfacher, aber auch komplexer. Ich schätze, dass private Nutzer heute höchstens drei Prozent dessen ausschöpfen, was ein Rechner zu leisten vermag.“

Der HU-Student Philipp Sander (27) zeigt die technische Entwicklung sehr deutlich: Mit Röhren hat er eine buchgroße Schaltung gebaut, die nötig ist, um ein Bit abzuspeichern. Ein Handy mit 4-Gigabyte-Arbeitsspeicher hat 32 Millionen solcher Schaltungen ... Beim Festival mit seinen 80 Ausstellern kann man fachsimpeln, seine alten Teile in der Reparierecke selbst wiederbeleben, und natürlich spielen: 20 Konsolen aus den 90er-Jahren stehen bereit.

Ladestraße des Deutschen Technikmuseums, Möckernstraße, Ecke Tempelhofer Ufer, noch Sonntag von 10 bis 17.30 Uhr, Spenden erbeten.