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Spielt er nur Theater?Zynischer Djokovic dankt jenen, die ihn anzweifeln

Novak Djokovic gegen die Welt: Erst in der Opferrolle ist der Serbe so richtig in seinem Element.

«Um ehrlich zu sein: Es sieht gar nicht gut aus», sagte Novak Djokovic zu Eurosport-Interviewerin Barbara Schett nach Runde 2 am Australian Open, als er gegen den Franzosen Enzo Couacaud einen Satz abgegeben hatte. «Ich nehme Tag für Tag. Es liegt an Gott, mir zu helfen. Und an den Physios.»

Den linken Oberschenkel, der ihn zwickt, hat der Serbe stets dick eingebunden. Immer wieder lässt er ihn sich während seiner Spiele massieren. Er verliess auch schon den Court für ein Verletzungs-Timeout. Zwischen den Ballwechseln humpelt er. Aber wenn der Ball im Spiel ist, läuft er wie ein junges Reh. «Ich finde, er bewegte sich ziemlich gut», sagte Alex De Minaur, nachdem er im Achtelfinal vom neunfachen Sieger 6:2, 6:1, 6:2 deklassiert worden war. «Entweder bin ich nicht gut genug, um seine Verletzung aufzudecken, oder …» Im Viertelfinal nimmt es der Russe Andrei Rubljow mit ihm auf.

Den linken Oberschenkel eingebunden, aber flink wie eh und je: Novak Djokovic gegen Alex De Minaur.

De Minaur und Djokovic sind nicht das, was man Freunde nennen würde. Der Australier zeigte im vergangenen Jahr keinerlei Mitgefühl für den Serben während der Impfaffäre. Dieser habe ja gewusst, dass er sich hätte impfen lassen müssen, nun müsse er halt die Konsequenzen tragen, sagte De Minaur. Und er sei es überhaupt leid, über Djokovic zu reden. Dieser sagte nun, auf De Minaur angesprochen, er habe zu diesem «keine Beziehung», ausser der, dass sie Berufskollegen seien.

«Wenn andere Spieler verletzt sind, sind sie die Opfer. Wenn ich es bin, täusche ich es vor. Das ist schon sehr interessant ...»

Novak Djokovic

Gegenüber den serbischen Medien beklagte sich Djokovic danach ausführlich, ungerecht behandelt zu werden: «Nur meine Verletzungen werden infrage gestellt. Wenn andere Spieler verletzt sind, sind sie die Opfer. Wenn ich es bin, täusche ich es vor. Das ist schon sehr interessant ...» Der serbische Djokovic-Insider Saša Ozmo zeichnete seine Aussagen für die Onlineplattform «Tennis Majors» auf.

Djokovic sagte auch: «Ich überlasse das Zweifeln den Leuten – sollen sie doch zweifeln. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich irgendjemandem etwas beweisen muss. Ich habe das MRI, die Ultraschallbilder und alles andere, sowohl von vor zwei Jahren als auch jetzt.» 2021 hatte Djokovic auf dem Weg zum Titel mit einer Bauchmuskelverletzung zu kämpfen gehabt. Ob er die Beweisbilder in der TV-Doku, die er plant, oder in den sozialen Medien veröffentlichen werde, wisse er noch nicht. «Vielleicht werde ich es tun, vielleicht auch nicht.»

Immer wieder lässt sich Novak Djokovic behandeln. Hier in der dritten Runde gegen Grigor Dimitrov.

Mit einer Spur Zynismus sagte er: «Es interessiert mich im Moment nicht wirklich, was die Leute denken und sagen. Es ist interessant, zu sehen, wie das Narrativ um mich weitergeht. Ein Narrativ, das anders ist als bei anderen Spielern, die eine ähnliche Situation durchgemacht haben. Aber ich habe mich daran gewöhnt, und es gibt mir zusätzliche Kraft und Motivation. Dafür danke ich ihnen.» Also jenen, die ihn anzweifeln.

Interessanterweise äussert sich selbst sein Ex-Coach Boris Becker kritisch über ihn. «Manchmal hat man den Eindruck, dass er blufft», sagt dieser auf Eurosport. «Manchmal hat man den Eindruck, er kann das Match nicht beenden. Es ist irgendwie zwischen Himmel und Hölle.» Und damit umzugehen, ist für seine Gegner nicht einfach.

Auch der Amerikaner Taylor Fritz, in Melbourne früh gescheitert, schaltete sich via soziale Medien in die Diskussion ein: «80 Prozent der Spieler haben mit etwas zu kämpfen, von unterschiedlicher Schwere. Jeder ist ein wenig angeschlagen. Die Medien konzentrieren sich einfach immer nur auf die Topspieler, sodass deren Probleme mehr Aufmerksamkeit erhalten.» Mit anderen Worten: Ihn nervt, dass die angebliche Verletzung von Djokovic ein solch grosses Thema ist. Bei Fritz wurde in der Netflix-Serie «Break Point» gezeigt, wie sich dieser vor dem Final in Indian Wells 2022 beim Warm-up den Knöchel verletzte, trotz Abraten der Ärzte antrat und Rafael Nadal schlug.

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Djokovic fühlt sich nicht nur ungerecht behandelt, was die Diskussionen über seine Gesundheit angeht. So kritisierte er Eurosport scharf, nachdem der Sender behauptet hatte, der Serbe habe sich (gegen Couacaud) eine unerlaubte WC-Pause genommen. «Bitte überprüft eure Informationen, bevor ihr etwas Urteilendes und Falsches postet. Ihr habt eine Verantwortung gegenüber vielen Sportfans», schrieb er auf Instagram.

«Ich bin ein leichtes Ziel, um der Bösewicht zu sein. So werde ich dargestellt, für mich ist das mittlerweile normal.»

Novak Djokovic

Später sagte er: «Ich bin ein leichtes Ziel, um der Bösewicht zu sein. So werde ich dargestellt, für mich ist das mittlerweile normal. Aber ich dulde keine Ungerechtigkeit. Normalerweise reagiere ich nicht, auch wenn ich in der Vergangenheit schon tausendmal wegen verschiedener Dinge hätte reagieren können.» Aber zu viel sei zu viel.

Djokovic, wie er nicht nur mit seinen Gegnern kämpft, sondern mit der ganzen Welt – das ist kein gutes Zeichen für seine Konkurrenten. Denn erst in der Opferrolle ist er, der in Melbourne seinen 22. Grand-Slam-Titel anstrebt, so richtig in seinem Element.