So machen Sie ihr Bike bereit für die Transalp

Peter Nilges

 · 11.06.2018

So machen Sie ihr Bike bereit für die TransalpFoto: Hersteller
So machen Sie ihr Bike bereit für die Transalp
Wer bei einer MTB-Transalp lieber Natur und Trails genießen und keine Zwangspausen machen will, sollte sein Bike checken. Mit diesem Acht-Punkte-Plan eliminieren sie die häufigsten Problemfälle.

„Der Zustand der Bikes ist manchmal wirklich lausig“, sagt Peter Brodschelm, erfahrener Transalp-Guide. "Dabei sind es noch nicht mal nur die älteren Bikes, die Probleme machen, sondern auch schlecht montierte neue Bikes, die auf Jungfernfahrt gehen", fügt er aus jahrelanger Erfahrung hinzu. Egal, ob alt oder neu: Man sollte das Bike vor dem Transalp-Einsatz auf jeden Fall noch mal ausgiebig Probe fahren. Das gilt auch, wenn das Bike frisch aus dem Service kommt und teilweise mit neuen Ersatzteilen bestückt wurde. Gerade bei Bremsen und Antrieb kann es oft zu Problemen kommen. Richtiges Einfahren und eventuell Nachjustieren können wahre Wunder bewirken.

Neben Reifendefekten zählen überhitzte Bremsen mit zur häufigsten Pannenquelle, wenn es über die Alpen geht. Brodschelm empfiehlt daher stabile Reifen mit Tubeless-Setup (nächste Seite) und in jedem Falle den Einsatz von großen Bremsscheiben. "Auf der Alpenüberquerung geht Stabilität immer vor Gewicht", lautet seine Maxime. Auf Geröll und spitze Steine reagieren leichte Cross-Country-Reifen nämlich allergisch.

Auch die Einstellung der Sitzposition kann über Wohl oder Verderben entscheiden. Die Kombination aus langer Zeit im Sattel und gegebenenfalls schwerem Rucksack kann zu Rücken- und Knieproblemen führen. Die richtige Sattelposition sowie die korrekte Einstellung der Schuh-Cleats ist daher unverzichtbar. Bei Rückenproblemen kann auch die Position des Rucksacks großen Einfluss haben und sollte bei Schmerzen variiert werden.

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Pannen vermeiden durch eine gute Vorbereitung ist die eine Sache. Falls es aber doch zum Defekt kommt, sollte ein Minimum an Ersatzmaterial dabei sein. Auf der kommenden Seite haben wir die wichtigsten Ersatzteile für die Alpen-Tour zusammengestellt. Wer neben dem obligatorischen Mini-Tool und der Pumpe noch ein Ersatzschaltauge einpackt, sollte für die meisten Fälle gewappnet sein.

  Diese acht Punkte sollten Sie an ihrem Mountainbike checken vor einer MTB-Alpenüberquerung.Foto: Hersteller Diese acht Punkte sollten Sie an ihrem Mountainbike checken vor einer MTB-Alpenüberquerung.

1 Scheibenbremsen

Sind die Beläge nur noch einen Millimeter stark, sollten Sie sie vor der Tour noch wechseln. Bevor es losgeht aber unbedingt richtig einbremsen, weil die Bremsen erst dann zuverlässig verzögern und man auf der ersten steilen Abfahrt nicht von plötzlichem Fading überrascht wird. Fühlt sich der Druckpunkt der Bremse schwammig an, oder ist die Bremsflüssigkeit bereits älter, besser Flüssigkeit wechseln und entlüften. Schleiffrei ausrichten gegen Geräusche.

2 Antrieb

Mit einer Kettenlehre lässt sich der Zustand der Kette schnell beurteilen. Bei einem Wechsel unbedingt ausprobieren, ob die neue Kette noch mit der alten Kassette und den Kettenblättern harmoniert. Gerade in steilen Anstiegen und bei hoher Last kann die Kette schnell durchrutschen. Ist dies der Fall, müssen auch Kassette und Kettenblätter getauscht werden. Bei der Gelegenheit auch die Funktion der Schaltung überprüfen und gegebenenfalls justieren.

3 Federgabel und Dämpfer

Sprechen Federgabel und Dämpfer noch geschmeidig an? Sind die Standrohre frei von Kratzern oder Beschädigungen? Ist Buchsenspiel vorhanden, wenn man die Vorderradbremse zieht und das Bike vor- und zurück-bewegt oder am Sattel anhebt? Bei Auffälligkeiten lieber ab zum Service oder einen kleinen Service selbst druchführen (www.bike-magazin.de: Webcode #30779 Fox, #30783 Rockshox). Früh genug drum kümmern, damit Gabel und Dämpfer rechtzeitig fit sind.

4 Absenkbare Sattelstütze

Gerade für technische Abfahrten ist die Tele-Stütze unvermeidbar und sorgt für genügend Aktionsspielraum, wenn auch noch der schwere Rucksack im Nacken sitzt und schiebt. Vor allem hydraulische Stützen machen aber manchmal Probleme. Sinkt die Stütze ungewollt ab, oder arbeitet sie nur noch sehr langsam? Dann ist auch hier ein Service angebracht. Kleine Problemchen lassen sich selbst lösen: So funktioniert der Service an der Rock Shox Reverb. Ansonsten: machen lassen.

5 Laufräder

Lager und Speichen sind die neuralgischen Punkte am Laufrad. Das Lagerspiel der Naben lässt sich im eingebauten Zustand durch seitliches Wackeln feststellen. Die Leichtgängigkeit der Lager nur im ausgebauten Zustand, indem man mit dem Finger dreht. Bei Spiel oder rauem Lauf unbedingt Lager tauschen oder einstellen, falls möglich. Zusätzlich Speichenspannung durch Drücken zweier benachbarter Speichen und den Rundlauf prüfen. Bei Bedarf spannen und nachzentrieren.

6 Hinterbaulager

Je nach Hinterbausystem kommen beim Fully mindes­tens zwei bis über zehn Lager zum Einsatz. Prüfen Sie durch seitliches Wackeln am Hinterrad oder Anheben am Sattel, ob Spiel vorhanden ist und wo. Die Leichtgängigkeit der Lager lässt sich nur durch ein Ausbauen des Dämpfers beurteilen. Ohne Dämpfer muss sich der Hinterbau leicht und ohne Ruckeln ein- und ausfedern lassen. Läuft der Hinterbau rau, sind oftmals nur wenige Lager betroffen. Ab zum Service.

7 Steuersatz

Auch beim Steuersatz können Spiel oder schwerer Lauf die Tour vermiesen. Das Spiel lässt sich am einfachsten ermitteln, indem man die Vorderradbremse zieht und das Bike am Lenker vor- und zurückschiebt. Achtung: Spiel kann auch von den Bremsbelägen im Bremssattel (normal) oder den Gleitbuchsen der Gabel stammen. Ist Spiel im Steuersatz vorhanden, muss das Lager nachgestellt werden. Bei rauem oder schwerem Lauf hilft nur ein Tausch der betroffenen Lager.

8 MTB-Reifen

  Richtig bereift reduzieren sich Pannen bei einer Alpenüberquerung auf ein Minimum.Foto: Hersteller Richtig bereift reduzieren sich Pannen bei einer Alpenüberquerung auf ein Minimum.

Viele Reifenpannen lassen sich von vornherein vermeiden, wenn Schäden frühzeitig erkannt werden. Suchen Sie daher den Reifen auf mögliche Schwachstellen ab. Risse und Schnitte auf der Lauffläche oder eine aufgescheuerte Seitenwand können zum Defekt führen. Ist der Reifen richtig alt und das Gummi bereits ausgehärtet (Rissbildung), sollten Sie ebenfalls für mehr Grip in einen neuen Reifen investieren. Tipp: Im Tubeless-Setup rollt’s leichter und sicherer.


Reifen stehen in der MTB-Pannenstatistik auf Platz eins. Wer bereits vorher die richtige Wahl trifft, kommt wesentlich entspannter über die Alpen. Für eine Alpenüberquerung gilt es, den besten Kompromiss aus Rollen und Pannenschutz zu finden.


1. Vorne grob, hinten fein
Der Großteil des Systemgewichts lastet auf dem Hinterrad. Daher ist der Rollwiderstand hinten besonders wichtig. Wer schlau kombiniert, fährt vorne einen Reifen mit offenem Profil und griffiger Gummimischung und hinten einen schneller rollenden, feiner profilierten Reifen. Beispiel: Schwalbe Fat Albert Front (Soft Compound) und Nobby Nic (Speed Grip Compound).


2. Nicht unter 2,25 Zoll
Breite Reifen rollen im Gelände nicht nur besser, sondern lassen sich auf Grund des größeren Volumens auch mit weniger Luft fahren, was mehr Komfort und Traktion bedeutet. Zudem
ist der Durchschlagschutz durch das größere Volumen besser. Mit Reifen unter 2,25 Zoll sollte niemand über die Alpen fahren. Ideal sind 2,35- / 2,4er-Reifen auf entsprechend breiten Felgen.


3. Nicht zu leicht
Auch breite Reifen können eine zu dünne Karkasse besitzen und nur wenig Schutz gegen scharfkantige Steine und Geröll bieten. Wer entsprechendes Gewicht mit sich führt und häufig Platt fährt, sollte auf Reifenmodelle mit verstärkter Seitenwand und einem zusätzlichen Durchschlagschutz (Apex) achten. Vor allem am Hinterrad ist der Durchschlagschutz wichtig.

Pro und Contra Tubeless


PRO – Peter Nilges, BIKE-Ressortleiter Test und Technik
Die Vorteile eines Reifens mit Tubeless-Setup liegen auf der Hand: etwas weniger Gewicht, bessere Rolleigenschaften und Pannenschutz bei kleineren Löchern wie Dornen. Falls das Loch dann doch mal zu groß für die Latex-Milch im Reifen sein sollte, kann man immer noch schnell einen Tire-Plug (siehe Bild unten) von außen in den Reifen stecken und so das Loch meist sehr gut abdichten, ohne einen Schlauch einziehen zu müssen. Den höheren Aufwand beim Montieren nehme ich gerne in Kauf. Mindestens 100 Milliliter Milch pro Reifen verwenden.

  Peter Nilges, BIKE-Ressortleiter Test und TechnikFoto: Georg Grieshaber Peter Nilges, BIKE-Ressortleiter Test und Technik


CONTRA – Stefan Frey, BIKE-Redakteur Test und Technik
Die Vorteile von Tubeless sind zwar schön und gut, aber durch die Latex-Milch immer mit mehr Sauerei ver-bunden. Wer die Montage zum ersten Mal macht, weiß, wovon ich rede. Und spätestens, wenn das Loch dann doch zu groß ist und nur noch ein Schlauch hilft, hat man wieder die Milch an den Fingern kleben und muss den Rest der Brühe wegschütten. Außerdem ist das Abdichten der Felge mit Klebeband auch recht umständlich und irgendwie nicht mehr Stand der Technik.

  BIKE-Redakteur Test und TechnikFoto: Robert Niedring BIKE-Redakteur Test und Technik

Kleiner Pannen-Service: Das gehört in den Transalp-Rucksack!

Mini-Tool, Reifen- und Dämpferpumpe sind obligatorisch und können bei mehreren Teilnehmern in der Gruppe perfekt aufgeteilt werden. Zusätzlich gehören unbedingt Ersatzschlauch, Flickzeug und je nach dem ein Tubeless-Reparatur-Set (z. B. Maxalami) in den Rucksack. Ein Kettenschloss für die entsprechende Kette sowie Bremsbeläge und eventuell ein Ersatzschaltauge zählen zu den Bike-spezifischen Ersatzteilen, die man auf Tour nur schwer bekommt. Das Gleiche gilt für die passenden Ersatzspeichen. Mit ein paar Kabelbindern und einem langen Schnürsenkel lassen sich manche Probleme provisorisch beheben. Öl und Lappen halten die Kette geschmeidig.

  Hilfe-Set für Pannen: Diese Teile und Tools sollten in keinem Rucksack bei einer MTB-Alpenüberquerung fehlen.Foto: Georg Grieshaber Hilfe-Set für Pannen: Diese Teile und Tools sollten in keinem Rucksack bei einer MTB-Alpenüberquerung fehlen.


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