Cluster-Bildung, Regentropfen dicker, subtropisches Klima: Darum sind die Gewitter so heftig

... und die Regentropfen so groß

Kräftiger Donner und viele Blitze: Die Gewitter über Deutschland werden immer heftiger. Dieses Bild entstand am Mittwoch über dem Heizkraftwerk Reuter West in Berlin-Spandau

Kräftiger Donner und viele Blitze: Die Gewitter über Deutschland werden immer heftiger. Dieses Bild entstand am Mittwoch über dem Heizkraftwerk Reuter West in Berlin-Spandau

Foto: T&T
Von: Kevin Hildebrand

In den vergangenen Tagen hat es über Deutschland gekracht, geblitzt und wie aus Kübeln geregnet. User aus sozialen Netzwerken sprachen von einem „Gewitter im Polenböllerstyle“. Ein Szenario, welches uns in Zukunft wohl noch häufiger erwartet.

Besonders stark gebeutelt war in dieser Woche Frankfurt am Main. Bilder vom Flughafen der hessischen Metropole machten die Runde, wo das Flugfeld von Wassermassen geflutet wurde, der Flugverkehr musste eingestellt werden. Die Gewitter über Deutschland werden immer heftiger. Dieses Gefühl lässt sich auch faktisch belegen!

BILD sprach mit Meteorologe Karsten Brandt von „donnerwetter.de“. Der sagt: „In den vergangenen Jahren haben die Unwetter an Intensität gewonnen. Die Gewitterzellen sind stärker, energiegeladener und bilden sich häufiger als früher.“

Am Frankfurter Flughafen standen am Mittwoch sogar Flugzeuge im Wasser

Am Frankfurter Flughafen standen am Mittwoch sogar Flugzeuge im Wasser

Foto: Reuters

Wärmeres Klima sorgt für heftigere Gewitter

Der Grund dafür liegt laut Brandt im veränderten Klima. „Durch die steigenden Durchschnittstemperaturen bekommen wir immer mehr subtropisches Klima. Schon eine Temperaturerhöhung von zwei Grad sorgt für zehn bis maximal fünfzehn Prozent mehr Regen, da wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann“, erklärt Brandt.

Diese Aussagen lassen sich auch statistisch belegen. Laut der Online-Plattform „statista.de“ werden die deutschen Sommer immer wärmer. Während zwischen 1970 und 1980 die Sommermitteltemperatur maximal 17,6 Grad Celsius erreichte, kletterte diese alleine in den vergangenen fünf Jahren dreimal auf 19,2 Grad Celsius und darüber.

Über Berlin zuckten in dieser Woche bei Gewittern die Blitze gefühlt im Sekundentakt

Über Berlin zuckten in dieser Woche bei Gewittern die Blitze gefühlt im Sekundentakt

Foto: T&T

Und: Laut dem „Deutschen Wetterdienst“ betrug das Gebietsmittel der monatlichen Niederschlagshöhe im abgelaufenen Juli 97 Millimeter. Das sind 11,2 Prozent mehr als im Mittel des Zeitraums 1991-2020 und sogar 25 Prozent mehr als in der Periode von 1961 bis 1990.

Gewitter schließen sich zusammen

Brandt erklärt die steigende Intensität der Gewitter so: „Es kommt immer öfter vor, dass sich mehrere Gewitterzellen zusammenschließen, so wie auch diese Woche über Deutschland. Eine Gewitterzelle alleine ist unangenehm, mehrere zusammen, also ein sogenanntes Gewitter-Cluster, können ordentlich Schaden anrichten.“

Besonders stark gebeutelt von den Unwettern dieser Woche war auch Nürnberg, wo ganze Unterführungen überflutet wurden ...

Besonders stark gebeutelt von den Unwettern dieser Woche war auch Nürnberg, wo ganze Unterführungen überflutet wurden

Foto: NEWS5
... und die Einsatzkräfte einen Einsatz nach dem anderen hatten

Die Einsatzkräfte hatten einen Einsatz nach dem anderen

Foto: NEWS5

Laut Brandt sorgt dieser Zusammenschluss der Zellen dafür, dass sich diese gegenseitig potenzieren, sich Energie zuschaufeln und die Bildung weiterer Gewitterzellen anregen. Dadurch könne das Unwetter auch viele Stunden lang bestehen bleiben. So geschehen auch in dieser Woche, als sich das Gewitter über Frankreich bildete und dann in Richtung Nordosten über Deutschland und weitere europäische Länder zog.

„In diesem Fall war die Luft gewitterträchtig und unglaublich feucht. Dazu kam eine extrem kalte Atlantikluft, welche das Gewitter entstehen und an Intensität gewinnen ließ“, fügt Brandt hinzu. Je größer die Temperaturunterschiede zwischen den aufeinanderprallenden Luftmassen, desto stärker das Unwetter.

Regentropfen immer dicker!

Und: Bei einem starken Gewitter sind die Regentropfen nicht nur gefühlt dicker, sie sind es auch faktisch. Die Erklärung dafür sei laut Brandt einfach erklärt. Die Tropfen entstehen in einer Wolke als Eiskristalle, die mit Wolkentröpfen „verklumpen“. Je größer der Aufwind in einer Wolke – was bei Gewittern der Fall ist – desto länger sind die Tropfen diesem Prozess ausgesetzt und können weiter wachsen, bevor sie letzten Endes zu Boden fallen.

Nächste Woche kann es wieder krachen

Immerhin: Das Gröbste habe Deutschland für diese Woche laut Brandt überstanden. Zwar können auch am Wochenende gebietsweise Gewitter entstehen, allerdings handele es sich dabei um einzelne Zellen, keine Cluster. „Und größtenteils bekommen wir im ganzen Land mehr Sonne, wärmere Temperaturen. Einfach schöneres Wetter“, sagt Brandt voraus.

In Ramsberg, im mittelfränkischen Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen stürzten am Donnerstagabend zahlreiche Bäume um

In Ramsberg, im mittelfränkischen Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen stürzten am Donnerstagabend zahlreiche Bäume um

Foto: vifogra

Doch das könne sich bereits Mitte bis Ende kommender Woche wieder ändern. Für diesen Zeitraum deutet sich laut dem Meteorologen wieder ein Temperatursturz an. Dann prallt wieder warme auf kalte Luft, Gewitterzellen entstehen. Doch wie stark die Unwetter dann ausfallen, ließe sich laut Brandt noch nicht genau sagen.

„Die Gewitterzellen entstehen so schnell, sodass wir diese mit unserer aktuellen Technik erst einige Stunden vorher erkennen können. Es wird noch viele Jahre dauern, bis sich weltweit eine zuverlässige Früherkennung entwickelt“, erklärt der Meteorologe.

Schwarzer Himmel, wie hier über Potsdam zu sehen, war in dieser Woche in Deutschland ein gewohntes Bild

Schwarzer Himmel, wie hier über Potsdam zu sehen, war in dieser Woche in Deutschland ein gewohntes Bild

Foto: Georg Moritz/dpa
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