Loriots größte Liebe war Romi (94): Auf dem Friedhof hielt er um ihre Hand an
Bei einem Spaziergang auf dem Friedhof hielt der große Loriot einst um IHRE Hand an!
Rose-Marie Schlumbom (94) – genannt Romi – war seit 1948 die Frau an der Seite des großen Vicco von Bülow (†87). 1951 hatten sie in Hamburg geheiratet, bekamen zwei Töchter. Nur der Tod drängte sich 60 Jahre später zwischen diese beiden.
Erst kam der Krieg, dann die große Liebe
Der Weg in die Arme seiner Romi – kein Spaziergang. Von Bülow ist 18 Jahre alt, als er im März 1942 sein Notabitur erhält. Ohne schriftliche Prüfung, ohne Feier. Aus dem Stuttgarter Schüler wird in kurzer Zeit ein Soldat.
Also Krieg: Man schickt ihn an die Ostfront, Russland-Feldzug, Oberleutnant des Panzergrenadierregiments.
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Als er mit 21 Jahren zurückkehrt, verdient er sich sein Geld zunächst als Holzfäller. Holt ein Jahr später sein Vollabitur nach und bewirbt sich – mit Aktzeichnungen seiner damaligen Freundin – an der Hamburger Landeskunstschule.
Er wird angenommen und macht es sich in einem Zimmer von gerade mal acht Quadratmetern in einem Friseursalon gemütlich. In unmittelbarer Nachbarschaft: ein Irrenhaus, ein Gefängnis und der Friedhof. Von Bülow mochte das.
An der Landeskunstschule trifft er 1948 schließlich SIE: Rose-Marie Schlumbom. Tochter einer bekannten Hamburger Kaufmannsfamilie. Sie studiert an der angeschlossenen Modeschule Anatomie, Zeichnen und lernte im Nebenfach Schneidern.
Bei einer Faschings-Veranstaltung fallen sie und Vicco sich schließlich gegenseitig auf. Er bringt sie mit der U-Bahn nach Hause – sie verlieben sich.
Die beiden sind drei Jahre zusammen, gehen viel spazieren. Bis von Bülow ihr 1951 – höchst romantisch auf dem Ohlsdorfer Friedhof – einen Heiratsantrag macht. Hochzeit am 28. Mai 1951. Für die Trauung musste er sich damals Smoking und ein weißes Hemd leihen, weil das Geld nicht reichte.
Das Geld reichte eigentlich nie – anfangs nicht einmal für eine gemeinsame Wohnung!
Und genau deswegen wandte sich von Bülow 1950 von der großen Zeichenkunst ab (obwohl er diese sehr wohl beherrschte) und widmete sich lukrativeren Werbezeichnungen, entwarf Cartoons (u.a. für die „Quick“). Irgendwann in dieser Zeit erfand er sein berühmtes Knollennasenmännchen, was endlich seine Lebenskosten deckte.
Er schreibt später in seiner Biografie: „Nach insgesamt etwa zwanzig Lehrjahren sah ich mich nun imstande, ein kleines Männchen zu zeichnen, das mich bis heute ernährt.“
Bis der Tod Euch scheidet – bei diesen beiden ist 60 Jahre später genau das passiert. Und was sie für schöne 60 Jahre miteinander hatten!
Skandalfrei, unaufdringlich. Und doch präsent, wenn es denn sein musste. Wenn Rose-Marie Schlumbom auch gemeinhin eher als die Ehefrau erschien, die dem Mann – wie man es so sagt – den Rücken stärkte, so war sie doch eigentlich viel mehr.
Freunde, Weggefährten und Nachbarn beschreiben sie gegenüber BILD als eigenwillig, unabhängig und temperamentvoll. Herzlich, aber bestimmt.
Und vor allem: Ohne Romi hätte es viele Loriot-Sketche gar nicht gegeben. Ohne SIE wäre seine Karriere nicht möglich gewesen.
Ihre Ehe und die alltäglichen Kämpfe und Querelen zweier Miteinander-Lebenden, wurden zur Essenz seiner Sketche: das Vier-Minuten-Ei, der Staubsauger-Vertreter, der Bettenkauf.
In ihrem einzigen Interview, was Schlumbom 2009 der FAZ gab, sagte sie: „Das hat er natürlich alles aus unserem Alltag.“
Romi war der Grund für seine Liebe zu Möpsen
Die Modezeichnerin hatte einst in einem Wohnmobil in Starnberg 25 Möpse entdeckt – und einen namens Henry mit nach Hause genommen. Sein letzter (und achter) Mops hieß schließlich Emil.
Loriot damals: „Es ist unklug, sich mit einem Mops fotografieren zu lassen. Weder durch Gesichtsausdruck noch durch Körperbau oder Charakter ist der Mensch in der Lage, dem Vergleich standzuhalten.“
Er schrieb, sie lachte – oder eben nicht
Wie das mit dem Sketche schreiben im Hause von Bülow funktionierte?
In etwa so: Er las ihr Entwürfe vor. Lachte sie, wurde die Szene eingebaut. Sie war Inspiratorin und Zensorin, auch wenn sie diese gewichtige Rolle stets herunterspielte.
TV-Produzent und Loriots enger Freund Stefan Lukschy (75) zu BILD: „Die beiden haben einige von Loriots Ehesketchen vorher quasi ausprobiert oder besser – durchgespielt. Welches der Autos aus der Garage nimmt man nun, um in die Stadt zu fahren? Wer geht abends, wenn das Wetter nicht so gut ist, mit den Möpsen raus? Loriot hat sich oft einen Spaß daraus gemacht, diese Gespräche mit seiner Frau in eine Art Sketch abgleiten zu lassen. Was sich liebt, das neckt sich halt. Aber: Diese 'Sketch-Gespräche' mit Romi haben Loriot inspiriert. Dann hat er das ausgebaut und aufgeschrieben – und dann ist oft auch eine Szene daraus entstanden.“
„Ohne Romi wäre Loriot aufgeschmissen gewesen“
Lukschy zu BILD: „Die beiden waren ein tolles Paar. Es war eine Liebe, augenzwinkernd, aber auf Augenhöhe.“
Romi hielt ihm zu Hause komplett den Rücken frei. Die Küche war für Loriot ein relativ fremdes Terrain. Lukschy weiter: „Romi war kein Hausmütterchen. Sie liebte es zu gärtnern, sie malte, ritt Dressur, war ebenfalls sehr witzig. Ohne Romi wäre Loriot aufgeschmissen gewesen. Er arbeitete immer – auch am Wochenende.“
Gemeinsame Urlaube? „Das waren meist nur kurze Einheiten. Nur so konnte er überhaupt ein so großes Werk schaffen.“
Ein leises, aber wahnsinnig glückliches Leben
Das Paar wohnte ab 1963 am Starnberger See, in einer Villa (von Loriot mit entworfen) mit Walmdach in Ammerland (Oberbayern).
Sie bekamen zwei Töchter – Bettina (69) und Susanne (65). Bettina wurde Kunstmalerin, ging nach England, wo sie noch heute bei London lebt. Susanne arbeitete im Diogenes-Verlag, lernte später Restauration. Sie pendelt heute zwischen Ammerland und Berlin.
Anfang Mai 2011 feierten Vicco von Bülow (damals 87) und seine Frau Romy (damals 81) noch diamantene Hochzeit – 60 Jahre Ehe! Drei Monate später starb der große Loriot zu Hause im Kreise seiner Familie.
Schlumbom lebt heute immer noch im Familienhaus in Ammerland. Sie brauche zwar Hilfe im Alltag, aber sei ansonsten fit, erzählen Nachbarn. BILD trifft Tochter Susanne vergangene Woche vor dem Haus. Doch zum 100. Geburtstag von Loriot möchte die Familie keine Interviews geben.