Früher ECHT erfolgreich: Drogen! Sex! Heimliche Liebe! Teenie-Band packt aus

Und so leben die Männer heute ...

Ende der Neunziger mischte die ehemalige Schülerband „ECHT“ die deutsche Musikbranche auf – und brachte die Herzen der weiblichen Fans ganz schön aus dem Takt

Ende der Neunziger mischte „Echt“ die deutsche Musikszene auf – und brachte die Herzen der weiblichen Fans aus dem Takt

Foto: picture alliance / dpa
Von: chantal schüler

Sie wussten schon damals: „Alles wird sich ändern, wenn wir groß sind …“

Fünf Jungs aus Flensburg mit einer Schülerband wurden Ende der Neunziger zu DEN deutschen Teenie-Idolen. Ihr Name war Programm. Sie waren „Echt“.

Nicht gecastet, echte Freunde. Instrumente spielten sie selbst. Der Gesang war auf Deutsch – und das kam an. Ihre Songs „Alles wird sich ändern“ und „Wir haben’s getan“ machten sie zu Popstars. Fans reisten ihnen nach, der Kreisch-Alarm war garantiert. Bis sie sich nach sechs Jahren auflösten ...

Die Band 1999, das Jahr in dem ihr Erfolgsalbum „Freischwimmer“ (88 Wochen in den Charts) erschien

Die Band 1999, das Jahr in dem ihr Erfolgsalbum „Freischwimmer“ auf Platz Eins der Charts schießt

Foto: picture alliance / United Archives

In der dreiteiligen Doku „Echt – unsere Jugend“ (seit 23. November in der ARD Mediathek) zeigt die Band unveröffentlichte Videos. Die erwachsenen Männer von heute schauen auf die Jungs von damals und sprechen über heimliche Beziehungen, Sex, Drogen und mentale Probleme.

So wurden die fünf Jungs zu Echt

Kim Frank (41), Kai Fischer (43), Andreas „Puffi“ Puffpaff (42), Gunnar Astrup (41) und Florian Sump (42) lernten sich in der Schule kennen. Seit 1994 machten sie Musik, 1996 wurden sie zu „Echt“.

Ein Freund managte sie, 1998 folgte der Durchbruch. Videos zu ihren Songs landeten beim Musiksender Viva. Die Jungs entschieden sich, die Schule zu schmeißen. Der Erfolg kam schnell. Ihr zweites Album „Freischwimmer“ stieg 1999 auf Platz Eins der Charts ein.

Schicke Hotels, feines Essen, schreiende Fans. Sie führten plötzlich ein Leben wie im Rausch, hielten alles mit ihrer „Echt“-Cam fest. Für die Doku sichtete Kim Frank 250 Stunden Material, schnitt die Trilogie.

Puffi, Kim und Gunnar (v. li. n. re.) 1998 beim Videodreh zu ihrer zweiten Single „Wir haben’s getan“. Immer dabei: ihre „Echt-Cam“, mit der sie ihren Alltag dokumentierten

Puffi, Kim und Gunnar (von links) 1998 beim Videodreh zu ihrer zweiten Single „Wir haben’s getan“. Immer dabei: ihre „Echt-Cam“, mit der sie ihren Alltag dokumentierten

Foto: SWR/Echt

BILD fasst die spannendsten Stellen zusammen. „Echt“ über …

Depressionen

Frontmann Kim Frank erinnert sich: „Kai hatte mit einer unkontrollierbaren Traurigkeit zu kämpfen. Es fiel ihm schwer, darüber zu reden. Er ist oft verschwunden. (...) Mental Health war zu der Zeit kaum Thema. Psychische Probleme waren ein Stigma. Wer einen Psychologen brauchte, hatte sich nicht im Griff. (...) Deshalb waren Kais Depressionen in der Öffentlichkeit nie ein Thema. In der Anfangszeit hieß es bestimmt dreimal, dass Kai raus ist. Dass es vorbei ist mit Echt.“

Panikattacken

Schon als Kind litt Kim unter Panikattacken, hatte Angst davor, früh zu sterben. Bei einem Festival im April 1999 in Recklinghausen wurde die Band von Hooligans mit Eiern beworfen. Plötzlich krachte eine Bierflasche gegen Kims Kopf. Die Show wurde abgebrochen, er vor Ort genäht. Es blieb eine Narbe und die Angst vor weiteren Übergriffen. Seine Mutter bekam Drohanrufe, Morddrohungen kursierten im Netz. Um seine Angst zu betäuben, fing Kim an, fast täglich zu kiffen. „Ich glaube, ich wollte mich einfach plattmachen, nicht über meine Ängste nachdenken. (...) Ich hatte Angst.“

Ein Leben wie im Rausch. Die Jungs stecken mitten in der Pubertät – und haben einen krassen Alltag. Sie schlafen täglich in anderen Hotels, treten im TV auf – nach ihren Shows wird oft getrunken.

Ein Leben wie im Rausch. Die Jungs stecken mitten in der Pubertät – und haben einen krassen Alltag. Sie schlafen täglich in anderen Hotels, treten im TV auf – nach ihren Shows wird oft getrunken

Foto: SWR/Echt

Sex

Alle bis auf Gunnar hatten gerade ihr erstes Mal gehabt, da plauderten sie darüber bei Bravo TV. Kim über sein erstes Mal: „Er war mal ganz oben der kleine Mann, ca. zwei Minuten. Und ich bin nicht gekommen.“ Kim erzählt auch: „Das einzige Popstar-Klischee, das ich ausgelassen habe, ist, dass ich bis auf ein paar Ausnahmen nicht mit Fans geschlafen habe. Frauen haben eine große Rolle gespielt, aber eher welche, die ich Backstage kennenlernte.“ BILD gestand er einmal im Interview mit „Hunderten Frauen“ geschlafen zu haben.

Drogen

Sie hatten eine goldene Regel. Alkohol und Drogen gab es erst nach ihren Konzerten. Kim zeigt sich in der Doku beim Kiffen, da ist er gerade 16 Jahre alt. Im Hintergrund fragt jemand: „Soll man so was jetzt filmen? Ey, der ist total fertig.“ Kim säuselt: „Ich will doch nur einen Kuss.“

Nach ihren Auftritten stieg „Echt“ in den feinsten Hotels ab. Hier machen die Jungs den Wellness-Bereich unsicher

August 1998 im Hotel Jacobs Hamburg: Nach einem Auftritt machen die Jungs den Wellness-Bereich unsicher

Foto: SWR/Echt

Heimliche Lieben

Während die Fans hofften, die Jungs seien Singles, erlebten die während ihrer Zeit auf dem Musikzenit ihre ersten großen Lieben. Kai verknallte sich in Franziska, eine Mitarbeiterin des Managements. Kim Frank erzählt: „Was wir alle nicht mitbekommen hatten: Kai und Franziska hatten sich in den letzten Monaten ineinander verliebt, hatten heimlich im Nightliner (ihrem Tourbus, d. Red.) Händchen gehalten und waren jetzt ein Paar. Und sie hat Kai unglaublich gutgetan.“

2000: Kim Frank und Enie van de Meiklokjes bei der Echo-Verleihung

2000: Kim Frank und Enie van de Meiklokjes bei der Echo-Verleihung

Foto: dpa

Auch Flo und Puffi hatten feste Freundinnen. Gunnar verliebte sich ebenfalls in eine Management-Mitarbeiterin. Kim sich in Moderatorin Enie van de Meiklokjes (49) – damals ein Aufreger.

Reunion? Eher nicht. Doch für ihre Doku ließen sich die fünf noch einmal zusammen ablichten. Gunnar Astrup (41, v.li. n re.), Florian Sump (42), Kim Frank (41), Kai Fischer (43) und Andreas Puffpaff (42)

Reunion? Eher nicht. Doch für ihre Doku ließen sich die fünf noch einmal zusammen ablichten. Gunnar Astrup (41), Florian Sump (42), Kim Frank (41), Kai Fischer (43) und Andreas Puffpaff (42) (von links)

Foto: SWR/Stephie Braun

Das Ende der Band

Nach sechs Jahren, in denen sie fast täglich zusammen waren, ist die Kraft weg. 2002 wollten sie eigentlich neue Songs aufnehmen, gerieten aber immer wieder über die Musik aneinander. Kim zog sich immer mehr zurück, sagt in der Doku: „Ich habe eine Distanz, fast eine Feindseligkeit empfunden, die mich wiederum sehr von den anderen entfernt hat.“ Er flog ab nach Tokio, bat nach seiner Rückkehr um ein Gespräch. Kim heute: „Ich habe ihnen gesagt, dass ich eine Pause brauche. Jetzt. Eine lange. Mindestens ein Jahr. Und dann hat Kai den entscheidenden Satz gesagt: 'Dann bin ich dafür, wir lösen uns auf'.“

Kennen sich seit Jahrzehnten: Die Ex-Bandmitglieder sind bis heute befreundet

Kennen sich seit Jahrzehnten: Die Ex-Bandmitglieder sind bis heute befreundet

Foto: SWR/Stephie Braun

Heute sehen sie sich regelmäßig zu fünft, sind befreundet. Was hat die Doku mit ihnen gemacht? Florian: „Nach dem dritten Film haben wir einfach nur geheult, und es hat uns näher zusammen gebracht als viele andere Dinge.“

Und so leben die fünf Männer heute

Kim Frank lebt heute mit seiner Frau in Hamburg und ist als Autor und Regisseur erfolgreich

Kim Frank lebt heute mit seiner Frau in Hamburg und ist als Autor und Regisseur erfolgreich

Foto: SWR/Stephie Braun

Kim Frank

Für Sänger Kim Frank war die Band „ein Gefühl, wie verliebt sein“. Auch nach dem Aus ließ die Musik ihn nicht los.

Frank: „Die anderen wollten kein Popstar-Leben mehr. Aber ich schon. Ich hab’ das Leben nach wie vor geliebt.“

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Aber: Er fiel in ein Loch, verließ kaum das Haus. Eine Therapie und die Musik halfen ihm, wieder auf die Beine zu kommen. Er versuchte ein Solo-Comeback, ohne Erfolg.

Danach wurde Frank Autor und erfolgreicher Regisseur, drehte bis heute rund 100 Musikvideos u.a. für Andreas Bourani (40), Sido (42), Mark Forster (40) und Udo Lindenberg (77). Er lebt mit seiner Frau in Hamburg.

Florian Sump

Florian Sump ist der Musik treu geblieben – heute ist er mit der Kinder-Band „Deine Freunde“ erfolgreich

Florian Sump ist der Musik treu geblieben – heute ist er mit der Kinder-Band „Deine Freunde“ erfolgreich

Foto: Getty Images

Nach dem Band-Ende quälte Schlagzeuger Florian Sump die Frage: „Wer bin ich ohne die anderen vier?“ Er krempelte sein Leben um. Sump: „Das Geld war schnell weg oder so angelegt, dass ich es nie gesehen habe. Ich musste mir schnell Jobs suchen. Das war schwierig, weil die Leute mich da teilweise noch erkannt haben.“

Er arbeitete als Wurstverkäufer, in einer Videothek und als Kita-Erzieher. 2010 produzierte er für die Einrichtung das Lied „Schokolade“. Das kam gut an, und er gründete die Kinder-Hip-Hop-Band „Deine Freunde“. Seit 2012 macht er wieder Musik. 2020 saß er neben Lena Meyer-Landrut (32), Max Giesinger (35) und Sasha (51) in der Jury von „The Voice Kids“. Florian Sump hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie in Hamburg.

Kai Fischer

In der Doku wird gezeigt, wie Sängerin Emilia Mitiku (44) („Big big world“) Kai damals ihre Nummer zusteckte, ihn bittet, sich zu melden. Er fühlt sich geschmeichelt, verneint aber wegen seiner Freundin

In der Doku wird gezeigt, wie Sängerin Emilia Mitiku („Big big world“) Kai damals ihre Nummer zusteckte, ihn bittet, sich zu melden. Er fühlt sich geschmeichelt, verneint aber wegen seiner Freundin

Foto: SWR/Echt

Gitarrist Kai Fischer war der älteste der fünf Jungs. Was damals niemand wusste: Zu „Echt“-Zeiten wurden er und Franziska, eine Mitarbeiterin des Managements, heimlich ein Paar. Nach dem Ende der Band wurden sie Eltern einer Tochter (16), die heute bei Kai lebt. Das Paar ist mittlerweile getrennt.

Nach „Echt“ machte Kai eine Schneiderlehre und wurde Kostümbildner beim Film. Die Doku thematisiert auch Kais Depressionen und gab Kai einen Anstoß: „Es hat ausgelöst, dass ich mich mit Depressionen und Tiefs auseinandergesetzt habe.“ Über „Echt“ sagt er: „Ich habe nie wieder etwas gefunden, was mir mehr bedeutet hat.“

Andreas Puffpaff

Heute lebt „Puffi“ wieder in seinem Heimatdorf. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder

Heute lebt „Puffi“ wieder in seinem Heimatdorf. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder

Foto: picture-alliance / dpa

Andreas Puffpaff, genannt „Puffi“ spielte in der Band den Bass. Über das „Echt“-Ende sagt er in der Doku: „Dieses Leben, was ja ein sehr merkwürdiges Leben war, änderte sich plötzlich. Man war finanziell abgesichert und nicht verpflichtet, was Neues zu finden.“

Dennoch orientiert er sich schnell um. Er wurde Mediengestalter, betreibt sein eigenes Web-Design-Studio, arbeitet unter anderem für Florians Band „Deine Freunde“.

Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in seinem Heimatdorf Husby (Schleswig-Holstein).

Gunnar Astrup

Gunnar war der zurückhalötesnte der fünf Jungs – er heiratete seine erste Liebe und ist Vater dreier K

Gunnar war der zurückhaltendste der fünf Jungs. Er heiratete seine erste Liebe und ist Vater dreier Kinder

Foto: picture-alliance / dpa

Gunnar Astrup war Keyboarder der Band. Als die anderen im TV über ihr erstes Mal plauderten, wartete er noch auf die Richtige. 2000 verliebt er sich in Julia, eine Mitarbeiterin des „Echt“-Teams. Die beiden hielten ihre Liebe geheim. Laut Doku ist Julia die erste Frau, die Gunnar je geküsst hat. Heute sind sie verheiratet und leben mit ihren drei Kindern bei Flensburg.

Über das Band-Ende sagt Gunnar: „Ich wusste nicht so richtig, was ich mit meinem Alltag anstellen soll. Ich hab’ das Loch gesehen, was danach kam, aber habe versucht, da nicht hereinzufallen.“

Nach verschiedenen Chef-Posten beim Radio, unter anderem bei „Rock Antenne Hamburg“, ist er heute Geschäftsführer bei einem Kulturfestival in Flensburg.

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