Anzeige

Im Auge des Betrachters Warum fühle ich mich so hässlich und wie gehe ich damit um?

Frau mit zerbrochenem Spiegel
© aicandy / Adobe Stock
Viele von uns fühlen sich ab und an hässlich. Doch wieso ist das der Fall? Und wie können wir dieses Gefühl überwinden?

Du öffnest die Augen und da blickt dir jemand entgegen, den du kaum anschauen magst. Die Haut im Gesicht ist fleckig, das Haar ist fahl und wirkt wie Stroh, der Bauch zu füllig, die Haltung krumm und schief. Was für eine jämmerliche Gestalt, was für ein abstoßender Mensch. Deine Hand bewegt sich in Richtung deiner Wangen, die Gestalt ahmt dich nach, so ungelenk, so unvollkommen und frei von jedweder Eleganz und Stil. Widerlich.

"Warum", fragst du dich, "bin ich nur so hässlich?"

Wir leben in einer Gesellschaft, in der Schönheit über allem zu stehen scheint – und vor allem synonym zum Frausein verwendet wird. "Schönheit gilt als weibliche Eigenschaft und wird zu einer Notwendigkeit, die tief im sozialen System verwurzelt ist", heißt es in einer Studie, die sich mit dem Schönheitsstandard für Frauen beschäftigt hat. Doch was, wenn du das Gefühl hast, diesem Standard nicht entsprechen zu können? In einer Zeit, in der so viele von "Body Positivity" sprechen, in der wir stolz sein sollen auf unser Äußeres, das doch am Ende so vielen externen Meinungen ausgeliefert ist – warum fühlen wir uns dann trotzdem so oft hässlich? Und wie können wir dieses unsägliche Gefühl überwinden?

Was ist denn überhaupt schön – und was hässlich?

Schönheit wie Hässlichkeit sind sehr abstrakte Begriffe, die der Mensch im Alltag gerne verwendet – dabei sind die individuellen Definitionen darüber, was schön ist und was hässlich sehr unterschiedlich. Für den Duden ist Schönheit ein "Aussehen, das so anziehend auf jemanden wirkt, dass es als wohlgefällig, bewundernswert empfunden wird" wohingegen Hässlichkeit bedeuten kann: "von unschönem Aussehen, das ästhetische Empfinden verletzend, abstoßend". Doch was bedeuten diese Begrifflichkeiten für uns als fühlendes Lebewesen?

Hässlichkeit ist eine Abstraktion, ein äußerlich "makelloser" Mensch kann in seinem Innersten ein Monstrum sein – und auf uns abstoßend wirken, trotz seines wallenden Haars und der markanten himmelblauen Augen. Denn sein Charakter ist hässlich. Er kann also gleichermaßen wunderschön sein, wenn wir nur seine äußerlichen Attribute heranziehen – und diese für uns als schön definieren – wie er auch zutiefst hässlich sein kann, wenn wir weitere Merkmale heranziehen, um ihn für uns einzuschätzen und zu bewerten. Schönheit und Hässlichkeit können also parallel in derselben Sache existieren.

Wer schön ist, der:die kann leiden: Eine wunderschöne Frau kann auf ihr Äußeres reduziert und von der Gesellschaft als bloße Puppe betrachtet werden, unabhängig davon, wozu ihr Verstand in der Lage ist. Aber: Menschen mit "attraktiven" Gesichtern werden von anderen als vertrauenswürdiger eingeschätzt, wie eine Studie zeigt. Und wie definiert die Wissenschaft, was schön ist? 

Die Forschung kommt zu dem Ergebnis, dass Menschen mit einem "durchschnittlichen Gesicht" tendenziell eher als attraktiv von anderen bewertet werden. Sie haben ein symmetrisches Gesicht, was dem aktuellen gesellschaftlichen Schönheitsideal entspricht. Wer diesem Standard nicht entspricht, kann sich schnell hässlich fühlen, sucht Fehler bei sich als Erklärung für zerbrochene Beziehungen oder Antipathie von Fremden. "Wenn ich doch nur so aussehen würde wie alle anderen, dann …" mag ein Gedanke sein, der in den Köpfen dieser Menschen umherschwirrt.

Wie du dein Selbstwertgefühl steigern kannst

Vielleicht hilft es schon, sich klarzumachen, dass jene Menschen, die von der Gesellschaft als schön definiert werden, rein wissenschaftlich betrachtet einfach nur Durchschnitt sind. Sie haben ein 08/15-Gesicht und sind damit von einem gewissen Standpunkt aus betrachtet weder etwas Besonderes noch etwas Erstrebenswertes. Doch natürlich sind Phrasen wie "Glaub an dich!" und "Du bist wunderschön wie du bist!" am Ende aller Tage genauso abstrakt – und hohl – wie die Definitionen des Dudens der Worte schön und hässlich. Was zählt ist das, was wir fühlen, wie wir uns sehen. Und diese Schritte sollen dir dabei helfen, einen anderen Blick auf dich selbst zu entwickeln:

Sei dir selbst die Stütze, die du anderen bist

Stell dir folgende Situation vor: Eine dir nahestehende Person sucht niedergeschlagen deine Gesellschaft, nachdem man sich von ihr getrennt hat. Würdest du ihr etwas sagen wie: "Natürlich hat er sich getrennt, schau dich doch nur an, so hässlich wie du bist!" Höchstwahrscheinlich nicht. 

Viel eher würdest du dein Bestes geben, um diese Person aufzubauen. Du würdest sie wohlwollend und sensibel behandeln, weil du genau wissen würdest, dass diese Person ein wertvoller Mensch ist, der es verdient hat, so behandelt zu werden. Warum also nicht auch mit dir so umgehen? Studien haben gezeigt, dass Arbeit am eigenen Selbstmitgefühl dazu führen kann, sich selbst weniger (und vor allem negativ) mit anderen zu vergleichen.

Kümmere dich gut um dich

Auf sich selbst zu achten ist kein Zeichen von Egoismus, sondern von Psychohygiene: Erlaube dir genug Schlaf, geh jeden Tag an die frische Luft, tue Dinge, die dir guttun und Spaß machen und dir dabei helfen, zu entspannen. Denk immer daran: Du hast es verdient, dich wohlzufühlen! Dein Körper leistet Unglaubliches und ist ein wahres Wunderwerk der Biologie – behandle ihn gut und rücksichtsvoll, denn er tut jeden Tag so viel für dich. 

Menschen sehen anders auf dich als du selbst

Vielleicht kommt es dir bekannt vor: Morgens entdeckst du einen (vermeintlich) großen Pickel auf der Nase, aber im Verlauf des Tages scheint so, als würde niemand groß darauf achten. Das liegt daran, dass dieses "Schandmal" in deinem Gesicht vermutlich wirklich niemandem groß auffällt. Betrachte es aus dieser Perspektive: Wie oft bemerkst du einen "Bad Hair Day" bei anderen Menschen, bevor sie es selbst ansprechen? Oder andere "Schönheitsfehler"? Eben. Wir selbst sind unsere größten Kritiker:innen.

Such dir professionelle Hilfe

Es kann alles andere als leichtfallen, die Selbstwahrnehmung umzustellen. Wir sind es gewohnt, uns so oder so zu definieren – und sind dabei nicht immer fair zu uns. Gerade auch, weil das Empfinden, hässlich zu sein auch psychisch ungesunde Gründe haben kann (Depressionen, Essstörungen und andere) ist es wichtig, sich bei Bedarf an Therapeut:innen zu wenden, die dich auf deinem Weg begleiten. Wir alle haben sicherlich Tage, an denen wir uns alle andere als anziehend empfinden. Doch wenn solche Tage zum Alltag werden und wir uns in Selbsthass verlieren, aus dem wir von allein nicht mehr herausfinden, ist es ungemein wichtig, sich Hilfe zu suchen.

Verwendete Quellen: psychcentral.com, ncbi.nlm.nih.gov, researchgate.net, duden.de, cognitiontoday.com, frontiersin.com

csc Brigitte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel