Geistschreiber
Bauernfänger

Mit spitzer Feder kommentiert der Geistschreiber das Geschehen in der Region, im Land, ja auf der ganzen Welt. Garantiert ohne KI.

Willi Näf
Drucken
Der indische Guru Bhagwan zog auch in der Schweiz viele Menschen an.

Der indische Guru Bhagwan zog auch in der Schweiz viele Menschen an.

Bild: Jack Smith / AP

Die 70-er und 80-er waren frohe Jahre, mit diesen entzückend bärtigen und selig lächelnden Gurus. Bhagwan/Osho fuhr 93 Rolls-Royces. Maharishi Mahesh Yogi stattete den Saal in seinem Grandhotel in Seelisberg mit 100 goldenen Sesseln aus und gründete das «Globale Land des Weltfriedens». Diese Bartlis waren wie eine Droge, ihre Jüngerinnen und Jünger gaben alles für den nächsten bewusstseinserweiternden Schuss.

Die Gurus von heute? Seufz. Die bewirtschaften nur noch den Frust ihrer Gläubigen. Peter Fitzek, Oberhaupt vom «Königreich Deutschland» – meine Fresse! Der hat ja Koch gelernt, so wie ich. Ich wurde Schreiber, er König. Ich schreibe fantasievolle Bücher, er gründet einen Fantasiestaat. Ich schreibe anderer Leute Biografie, er verkauft seine eigene für 1100 Franken pro Exemplar. Er kriegt von Untertanen Anbetung, ich von Töchtern ein nettes Gähnen für Dad-Jokes. Er nennt sich «Peter I. Menschensohn» und ich hätschle meine Minderwertigkeitsgefühle – was ist nur aus der Welt geworden?

Dieser deutsche Reichskönig grast ja jetzt auch hierzulande. Am meisten Untertanen wird er dort finden, wo das Volch die Demokratie am lautesten beschwört. So wie in den 90-ern der European Kings Club. Der gaukelte dem Volk vor, es würde von «Eliten» ausgebeutet. Zwanzigtausend Handwerker und Bauern aus Landkantonen wollten «Kings» werden, kauften «Letters» und verloren im Schneeballsystem der Wirtschaftssekte ganze Vermögen. Es war nicht lustig anzuschau’n.

Und jetzt geht’s wieder strub zu auf der Welt. Wieder fühlen sich viele betrogen und gehen Blendern auf den Leim. Wo die Demokratie überfordert ist und Machtlosigkeit regiert, suchen die Verbitterten die Rampenlichter der Möchtegernkönige – Donald, Peter, egal.

Vielleicht bauen sie ihrem Peter ja in Seelisberg einen Palast. Oder stürmen das Bundeshaus. Oder erzwingen den Anschluss der Schweiz ans Königreich Deutschland. Gespannt bin ich auf überraschende Schulterschlüsse mit pittoresken Schweizer Gruppierungen, die im gleichen Spital gekränkt sind. Und früher oder später dürfen wir erneut fassungslos mitverfolgen, wie ein System von nackten Kaisern und verblendeten Eigenweltlern implodiert. Wird wohl wieder nicht lustig anzuschau’n.

Mehr zum Thema