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Western von gestern Wie das Dax-Gründungsmitglied Babcock pleiteging

Sie nannten ihn Bulle: Klaus G. Lederer, Chef von Babcock
Sie nannten ihn Bulle: Klaus G. Lederer, Chef von Babcock
© Jindrich Novotny
Babcock fliegt 1995 aus dem Dax, zwei Jahre später übernimmt Klaus G. Lederer den Konzern. Doch der als Retter engagierte „Ruhr-Rambo“ managt den traditionsreichen Maschinenbauer in die Pleite

Es ist fast vergessen, welch mächtige industrielle Schlachtschiffe einst an Rhein und Ruhr zu Hause waren. Und wie lautlos einige von ihnen verschwunden sind. Im Fall von Babcock aus Oberhausen mit einer bewegten Vergangenheit, einem Namen aus den USA und einer wichtigen Rolle im rheinischen Kapitalismus folgt immerhin noch ein kleiner Knall.

Erst scheitern verzweifelte Rettungsversuche der sozialdemokratischen Regierungen von Gerhard Schröder (in Berlin) und Wolfgang Clement (in Düsseldorf). Dann kommt die Wut auf den letzten prägenden Konzernchef Klaus G. Lederer. „Ruhr-Rambo“ nennen sie ihn. „Dr. Abzock-Borsig“. Oder „den meistgehassten Manager Deutschlands“. Sechs Jahre nach der Pleite der Babcock Borsig AG verurteilt das Landgericht Duisburg Lederer 2008 wegen Insolvenzverschleppung zu einer Bewährungsstrafe und 1000 Sozialstunden. Dabei hatte Lederer 1997 als Retter bei dem Maschinenbauer angefangen, der seit der Gründung des Dax 1988 jahrelang zum Inventar des deutschen Börsenbarometers gezählt hatte.

Die Deutsche Babcock entsteht 1898 als Ableger eines Dampfkesselbauers aus den USA. Die Firma übersteht Wirtschaftskrisen und Weltkriege. Die Probleme beginnen mit der Wiedervereinigung. Lederer übernimmt 1997 einen Konzern, der sich mit Zukäufen in Ostdeutschland verhoben und kaum mehr Eigenkapital hat, der mit verkrusteten Strukturen ringt und mit Töchtern wie Borsig, die tiefrote Zahlen schreiben. 1995 fliegt das Konglomerat aus dem Dax. Nun will Lederer aufräumen.

Er verkauft, reduziert, holzt im Management. Schon da hat er einen Spitznamen: Bulle von Oberhausen. Aber Lederers Strategie bleibt nebulös: Während er vielversprechende Töchter wie den Windanlagenbauer Nordex abstößt, kauft er schrottreife Firmen. Am eigenartigsten aber ist Lederers Wirken bei der Kieler Vorzeigewerft HDW: 2002 wirft Lederer plötzlich bei Babcock hin, um Chef der HDW zu bleiben, die er kurz zuvor an einen Finanzinvestor verkauft hatte. Bald darauf ist Babcock pleite.

Der Konzern wird zerlegt, Teile gehen an den Baukonzern Bilfinger, andere kauft Hitachi. In Berlin erinnert ein halber Ortsteil im Bezirk Tegel an die langjährige Babcock-Tochter Borsig. Die Aktie der Babcock Borsig AG verschwand 2012 auf Initiative des Insolvenzverwalters vom Kurszettel: Ein Ende des Insolvenzverfahrens sei „nicht absehbar“.

Hauptperson

Klaus G. Lederer , 1948 im schwäbischen Reichenbach geboren, ist promovierter Ingenieur. Die 1000 Arbeitsstunden, zu denen ihn das Gericht 2008 verdonnerte, durfte er in seiner Wahlheimat Florida leisten. Bis vor einiger Zeit bot er noch seine Dienste als Berater an.

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