Kaschmir: Luxuriöse Naturfaser mit einzigartigem Wärmeeffekt

Wie ein Kaschmirpulli vom Luxusprodukt zum Discounterartikel wurde und seinen Wert nun nachhaltig neu bestimmt.
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Wer steckt hinter dem Luxusgut Kaschmir?  

Kaschmir stammt von der Kaschmirziege, die ursprünglich nur in den Höhenlagen des Himalaya-Gebirges in der Region Kaschmir beheimatet war. Hier kann es im Winter an die -30°C kalt und sehr windig werden, im Sommer ist die Region oft trockenen Winden ausgesetzt. Als Schutzmechanismus bildet die Kaschmirziege ein sehr feines Unterfell, das für die Herstellung von Kaschmir verwendet wird. Es ist besonders dünn und weich und hält um ein Vielfaches wärmer als Wolle. Auch wenn wir in Deutschland oft von Kaschmirwolle sprechen, ist der Begriff „Wolle“ im Textilbereich eigentlich dem Schaf vorbehalten. Bei Ziegen, Alpakas, Kamelen und der Kaschmirziege spricht man von Edelhaaren.

Da sich andere Klima- und Nahrungsbedingungen auf die Entwicklung und Qualität des Unterhaars auswirken würden, ist der Lebensraum der Kaschmirziegen relevant – zumindest für die textile Weiterverarbeitung zu Kaschmirgarn. Der Großteil an Kaschmir-Edelhaar wird in China, der Mongolei und Tibet gewonnen. Aber auch in Indien, im Iran oder auch in Schottland, Neuseeland und Australien finden sich Herden von Kaschmirziegen. Australian Cashmere Goats beispielsweise leben einerseits in kälteren Regionen Australiens, aber auch in trockenen und heißen Regionen. Das australische Edelhaar soll der Australian Cashmere Grovers Association Inc. nach besonders weich sein. 

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So wird Kaschmirwolle gewonnen 

Das feine Kaschmir-Edelhaar wird beim Fellwechsel der Ziegen im Frühling gewonnen. Das Unterfell wird vorsichtig per Hand heraus gekämmt und dann aufwendig vom Deckhaar getrennt. Schließlich teilt man es noch nach Farben, Länge und Feinheit auf, wobei das Garn bei langen Haaren später besonders fein gesponnen werden kann. Eine Ziege wirft ungefähr 150-200g Edelhaar ab, für einen Kaschmirpulli braucht es da schon drei bis fünf Ziegen.

Was ist so besonders an Kaschmir? 

Wie bereits erwähnt, isolieren Textilprodukte aus Kaschmir Wärme unglaublich gut und halten Dich daher noch besser warm als Wolle. Dazu ist Kaschmirwolle sehr leicht und weich und reinigt sich (bis auf stärkere Verschmutzungen) selbst. Seit dem 18. Jh. finden wir Kaschmir auch in Europa, wo es vor allem für Pullover, Jacken, Schals, Mäntel und Mützen wie auch für feine Bettwäsche und Decken verwendet wurde bzw. wird. Auch die kurze Zeitspanne, in der man das Material gewinnen kann, ebenso wie das Auskämmen per Hand, sorgen für Exklusivität. Dies alles sind Gründe für die ausgesprochen hohe Qualität von Kaschmir-Kleidung.

Vom Luxusgut zum Discounter-Artikel

Discounter oder Modeketten bieten Textilien aus Kaschmir oder mit Kaschmiranteil immer wieder günstig an. Das freut Fans weicher Kaschmir-Kleidung natürlich sehr. Ob diese in Qualitäts-, Echtheits- und Nachhaltigkeitsaspekten einem hochpreisigen und gegebenenfalls zertifizierten Kaschmirprodukt gleichgesetzt werden können, ist zu hinterfragen.

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Wie Du Kaschmir-Fälschungen erkennen kannst  

Mit seiner Beliebtheit stieg auch die Anzahl und Raffinesse, was Fälschungen von Kaschmirwolle betrifft. Zudem werden Produkte, die zwar gegebenenfalls zu einem Großteil aus Kaschmir bestehen, aber auch Faserbeimischungen enthalten, häufig nicht korrekt gekennzeichnet. Es gibt außerdem keine offiziellen Kontrollen oder Gütesiegel für Kaschmir. Da die Fälschungen immer besser werden, haben selbst Experten:Innen ihre Probleme, diese zu erkennen. Es braucht mittlerweile viel Erfahrung, um echten Kaschmir von Fälschungen zu unterscheiden. Nur Edelhaar mit einem Durchmesser von maximal 19 Mikrometer darf übrigens als Kaschmir deklariert werden (zum Vergleich: ein menschliches Haar liegt bei 100 Mikrometer).

Dennoch kann man auch als Laie das ein oder andere beim Kauf von Kaschmir beachten. Der Preis ist ein guter Indikator: Kostet ein 100%-Kaschmir-Pullover weniger als 100 Euro, hast Du höchstwahrscheinlich eine Fälschung vor Dir oder der Kaschmirpullover wurde nicht korrekt gekennzeichnet. Denn ein reiner Kaschmir Pullover kostet mehrere hundert Euro. Falls es sich bei einem günstigen Kaschmir Pulli tatsächlich um echtes Kaschmir handeln sollte, sind die Bedingungen für Mensch und Tier vor Ort vermutlich sehr schlecht. Hast Du Dir einen Kaschmirschal gegönnt und er fühlt sich nach einigen Reinigungsgängen eher filzig oder nicht mehr ganz so weich an – obwohl Du auf eine korrekte Pflege zur Erhöhung der Lebensspanne geachtet hast, wurde hier wohl eine andere Faser beigemischt, die zuvor durch Weichmacher zu einem ähnlich weichen Materialgefühl wie Kaschmir gelangt ist. 

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Kritik an der Kaschmirproduktion 

Bedingungen für Mensch und Tier 

Die gestiegene Beliebtheit hat die Kaschmirproduktion vielerorts beschleunigt und die Bedingungen für die am Produktionsprozess beteiligten Tiere und Menschen verschlechtert. Es kommt vor, dass die Tiere zu früh und zu ruppig ausgekämmt werden, um das Edelhaar schnell weiter verkaufen zu können. Sollte es dann erneut kalt werden, sind die Tiere nicht lebensfähig und erfrieren. Zudem werden die Wunden, die durch grobes Auskämmen entstehen, teils gar nicht oder nur schlecht versorgt. Die Innere Mongolei (Nordchina), Haupterzeuger für Europa, hat – wie auch viele andere Kaschmir-produzierende Regionen – keine Tierschutzrichtlinien oder kontrollierende Instanzen für faire Produktionsbedingungen. Zudem erhalten die Kaschmirziegen-Bauern für den Rohstoff oft keine faire Bezahlung.

Auswirkungen auf die Natur 

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Versteppung. Kaschmirziegen fressen täglich circa zehn Prozent ihres Eigengewichts an Gräsern und Kräutern. Hierbei ziehen sie häufig die ganze Wurzel der Pflanze mit heraus. So können die Pflanzen nicht nachwachsen und das Weideland dörrt aus. Insbesondere in der Mongolei gibt es ganze Landstriche, die deshalb verwüstet sind. Das hat Sandstürme und Wüstenbildung zur Folge. Aufgrund sinkender Rohstoffpreise erhöhen die Herdenhalter:Innen die Anzahl ihrer Ziegen, was für die Umwelt weitere Schäden mit sich zieht.

Wie Du faire Kaschmirproduktion unterstützen kannst 

Wenn Du auf das schöne Dreieckstuch aus Kaschmir, die kuschelige Kaschmirstrickjacke, den Kaschmirschal oder den Kaschmirpullover nicht verzichten möchtest, kannst Du dennoch einiges tun, um sicher zu gehen, dass Dein neuer Kaschmir-Pullover fair hergestellt wurde:

  • kaufe bei Anbietern, denen Du vertraust und die zertifizierte Kaschmirproduktion unterstützen
  • entscheide Dich für recyceltes Kaschmir
  • kaufe Dein Kaschmirprodukt secondhand und trage es länger
  • kaufe keine billigen Kaschmirprodukte vom Discounter
  • kaufe weniger!

Faire Kaschmir-Marken / Zertifikate 

Fair Trade Cashmere (FTC)

Das Unternehmen FTC wurde bereits 2003 in Bayern gegründet und sitzt heute in der Schweiz. Bei FTC wird Kaschmir entlang der gesamten Produktions- und Lieferkette ethisch und fair produziert. Auch an der Schweizer Basis werden Verpflichtungen eingegangen, um möglichst nachhaltig zu agieren. Das Familienunternehmen hat eigene Kaschmirziegen-Farmen in China und auch das Färben, Spinnen und die Herstellung der Kaschmirtextilien erfolgen von Arbeiter:Innen, die zu fairen Arbeitsbedingungen direkt beim Unternehmen angestellt sind. FTC hat zudem in Kooperation mit der Regierung ein „Farmer Protection Program“ aufgebaut. Hier erhalten registrierte lokale Bauern und Bäuerinnen eine Einweisung von Tierärzt:Innen und Unternehmensmitarbeiter:Innen, wie sie die Tiere art- und umweltgerecht halten können. Zudem werden sie verpflichtet, ihren Ziegenbestand jährlich an FTC zu melden.

The Good Cashmere Standard (CGS)

Das GCS-Zertifikat wurde 2019 von der Aid by Trade Foundation (AbTF) ins Leben gerufen und konzentrierte sich zunächst auf Ziegenfarmen in der Inneren Mongolei. Die Organisation, 2005 von Prof. Michael Otto in Hamburg gegründet, sorgte schon mit der ersten Initiative „Cotton Made in Africa“ für Aufmerksamkeit und veränderte bei manchen das Kaufverhalten. „The Good Cashmere Standard“-Betriebe müssen faire Bedingungen für die Angestellten gewährleisten, ebenso wie das Vermeiden negativer Auswirkungen auf die Umwelt, die durch die Ziegenhaltung entstehen können. Zudem müssen die Ziegenfarmen Vorgaben zur Haltung und Gewinnung des Unterfells einhalten. Modeketten und Marken die auf das GCS Zertifikat setzen sind unter anderem Banana Republic, Boden, BESTSELLER, breuninger, COS, Galeries Lafayette, H&M, HUGO BOSS, LACOSTE, Peter Hahn, PEOPLE´S REPUBLIC OF CASHMERE, S. Oliver und Tchibo.

Recyceltes Kaschmir

Kaschmir ist sehr langlebig und findet hin und wieder als recyceltes Kaschmir zurück in den Cashmere Schal oder Cashmere Pullover. Modemarken wie Stella McCartney oder Patagonia beispielsweise verwenden ausschließlich recyceltes Kaschmir.

Eigene Richtlinien

Natürlich gibt es auch Unternehmen, die sich ökologisch, sozial und auch für die Tiere mit eigenen Richtlinien einsetzen oder entsprechenden Organisationen beitreten. C&A beispielsweise ist für seine Produkte aus Kaschmir 2019 der Sustainable Fibre Alliance beigetreten, um faire Kaschmirproduktion zu unterstützen – für die Tiere die Arbeiter:Innen und Einzelhändler:Innen vor Ort und auch für die Umwelt.  

Trotzdem gilt: Kritisch hinterfragen!

Auch wenn Unternehmen, Zertifikate und Siegel eine faire Produktion versprechen, gilt auch hier: Kritisch hinterfragen! Laut der Tierschutzorganisation Peta ist es praktisch nicht möglich, Wolle ohne Tierleid zu gewinnen. Das fängt damit an, dass auch bei zertifizierten Betrieben die Schur mit Verletzungen wie Schnittwunden und dem Verzicht auf Betäubung verbunden ist. Teilweise werden auch hier ganze Fellbüschel ausgerissen, da ganzes Haar wertvoller als Geschorenes ist. Auch das ist bei zertifiziertem Kaschmir erlaubt, es gilt lediglich als Empfehlung, das Fell der Tiere zu scheren. Kaschmir Liebhaber sollten genau hinsehen und im Zweifel weniger kaufen – oder Secondhand.

So pflegst Du Kaschmir-Produkte richtig! 

Kaschmirprodukte begleiten Dich Dein Leben lang, wenn Du sie richtig pflegst. Dann werden sie mit der Zeit sogar noch weicher. Dein Kleidungsstück oder Accessoire aus Kaschmir hat von der Natur eine tolle Eigenschaft mitbekommen: Es reinigt sich selbst! Du musst es also eigentlich gar nicht waschen, nur gelegentlich auslüften.

carou secondhand Blog: Kaschmir - Pflege von Kaschmircarou secondhand Blog: Kaschmir - Pflege von Kaschmir

Kaschmir waschen und trocknen

Ist Dein Kaschmir-Pullover doch mal verschmutzt, wasche ihn mit speziellem Kaschmirwaschmittel per Hand in lauwarmem Wasser (maximal 30°C).

  • Nutze auf keinen Fall ein Waschmittel mit Bleichmittel oder Weichspüler!
  • Reibe die Textilien auf keinen Fall, das kann zu Verfilzung führen
  • Falls Du Dein Kaschmirprodukt im Wollwaschgang in der Maschine waschen kannst (Pflegeetikett!), nutze einen Wäschesack und lass den Schleudergang aus
  • Nicht auswringen! Nach dem Waschen kannst Du es vorsichtig ausdrücken (z.b. in einem trockenen Handtuch) und es liegend trocknen lassen. 
    Beachte: Kaschmir darf nicht in der Sonne oder in Heizungsnähe trocknen.
  • Hier gibt's weitere Tipps zur nachhaltigen Pflege von Textilien.

Was tun bei Pilling? 

Pilling ist bei Kaschmir eher ein Zeichen für sehr kurze, minderwertige Kaschmirfasern, da die längeren, sehr feinen Fasern besser im Garn gehalten werden können. Dennoch bleibt Pilling auch bei sehr hochwertigen Kaschmirprodukten nicht immer aus. Mit einem speziellen Kaschmir-Kamm kannst Du die kleinen Knoten vorsichtig entfernen.

Kaschmir – Secondhand schenkt ein zweites Leben

Wer gerne Kleidung aus Kaschmirwolle tragen, schlechte Bedingungen von Mensch und Tier vor Ort aber nicht unterstützen möchte oder nicht das Budget für ein fair produziertes Produkt zur Verfügung hat, kann auf gebrauchte Kleidung zurückgreifen. So schenkst Du einem tollen Kaschmirpulli, Kaschmirschal, einer Kaschmir Mütze oder auch einem klassischen Mantel aus Kaschmir ein zweites Leben. Außerdem lässt sich bei einem gebrauchten Kaschmir Teil die Qualität durch vorheriges Tragen und Waschen schnell erkennen.

Fazit

Kaschmirwolle ist einzigartig und eine wertvolle Naturfaser. Damit das so bleibt, sind faire Arbeitsbedingungen für den Menschen und das Wohl der Tiere notwendig. Am Besten greifst Du daher auf Secondhand Kleidung aus Kaschmir von vertrauensvollen Anbietern und Marken zurück – das spart Resourcen, gefährdet nicht das Wohl der Tiere und schont den Geldbeutel.

Schon gewusst?

Auch bei carou gibt es viele Teile aus Kaschmir oder mit Kaschmiranteil. Wie wäre es mit einem Kaschmir Herren Pullover oder einer Kaschmir Strickjacke? Entdecke hier die Vielfalt für Damen, Herren und Kinder.

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