Nachfolger noch nicht bekannt
Nach Böhmermann-Enthüllung: BSI-Chef Schönbohm abberufen
Arne Schönbohm musste seinen Posten als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) räumen.
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Aus und vorbei: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schickt den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, in den einstweiligen Ruhestand.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, freigestellt. Das teilte ein Sprecher ihres Ministeriums am 18. Oktober 2022 in Berlin mit. Schönbohm steht wegen angeblich mangelnder Distanz zu russischen Geheimdienstkreisen über den umstrittenen Verein Cyber-Sicherheitsrat Deutschland in der Kritik. Wer seine Nachfolge antreten soll, steht laut Innenministerium noch nicht fest. Über die Nachfolge werde aber zügig entschieden, heißt es.
Vertrauen nicht mehr vorhanden
Wie der Sprecher mitteilte, entschied die Ministerin, Schönbohm "die Führung der Dienstgeschäfte als Präsident des BSI mit sofortiger Wirkung zu untersagen". Hintergrund seien nicht zuletzt die in den Medien bekannt gewordenen und breit diskutierten Vorwürfe. Diese hätten "das notwendige Vertrauen der Öffentlichkeit in die Neutralität und Unparteilichkeit der Amtsführung als Präsident der wichtigsten deutschen Cybersicherheitsbehörde nachhaltig beschädigt". Dies gelte umso mehr in der aktuellen Krisenlage hinsichtlich der russischen hybriden Kriegsführung. Die im Raum stehenden Vorwürfe beeinträchtigten auch das unerlässliche Vertrauensverhältnis der Ministerin in die Amtsführung.
Grünen-Politiker kritisiert voreiliges Handeln
Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz sieht das hingegen differenzierter: Er sagte gegenüber dem "Handelsblatt", dass die genauen Vorwürfe, die gegen Schönbohm erhoben würden, bislang ungeklärt seien. "Auf all diese Fragen hätten wir gerne belastbare Antworten gehabt – bevor man personelle Konsequenzen zieht", fügte er hinzu. Die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, schrieb hingegen auf Twitter, dass die Freistellung eine "gute Entscheidung" sei.
Abberufung darf BSI nicht lähmen
Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Manuel Höferlin, nahm die Abberufung zum Anlass für eine Warnung: "Die Leerstelle in der Führung von Deutschlands oberster Cybersicherheitsbehörde darf nicht zu deren Lähmung führen." Vor dem Hintergrund der "aktuellen Angriffe auf unsere kritische Infrastruktur und der hohen Gefährdung durch Russland" dürfe es keinen Stillstand bei der Cybersicherheit geben.
Abberufung: Union spricht von Bauernopfer
Während in Unionskreisen von einem "Bauernopfer" die Rede war, hieß es aus dem Ministerium, die Entscheidung erfolge "auch aus Fürsorge für die im Fokus der Debatte stehende Person selbst". Sie sei auch im Interesse der mehr als 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BSI, die so nunmehr unabhängig von personellen Spekulationen ihrer Arbeit nachgehen könnten. Davon unabhängig würden "alle bekannten Vorwürfe gründlich und mit Nachdruck geprüft und einer eingehenden Bewertung unterzogen". Bis zum Abschluss dieser Prüfung gelte für Schönbohm selbstverständlich die Unschuldsvermutung.
Vorzeitiges Aus: Nicht das erste Mal
Dass zwischen den ersten Spekulationen über eine bevorstehende Abberufung von Arne Schönbohm und dem tatsächlichen Aus nur wenige Tage vergingen, liegt vor allem an der Tatsache, dass der BSI-Präsident kein sogenannter politischer Beamter ist. Behördenleiter dieser Kategorie können also, weil hier eine fortdauernde Übereinstimmung mit der Regierungspolitik erwartet wird, jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Das war beispielsweise 2018 der Fall, als der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) den Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen in den einstweiligen Ruhestand schickte.
Jan Böhmermann deckte Verbindung auf
Die Verbindung von Schönbohm zu dem umstrittenen Verein war zuvor von Jan Böhmermann in der Sendung "ZDF Magazin Royale" thematisiert worden. Darin ging es zum einen um die Russlandkontakte des Vereins. Zum anderen nahm der Beitrag die Berliner Cybersecurity-Firma Protelion ins Visier, die bis vor Kurzem Mitglied im Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. war.
Problematisches Vereinsmitglied
Vor allem Letzteres war problematisch, da es sich bei dem Unternehmen, das bis bis Ende März unter dem Namen Infotecs GmbH firmierte, um ein Tochterunternehmen der russischen Cybersecurityfirma O.A.O.Infotecs handelt. Die wurde nach Informationen des Recherchenetzwerks Policy Network Analytics von einem ehemaligen Mitarbeiter des russischen Nachrichtendienstes KGB gegründet, der von Russlands Präsident Wladimir Putin für sein Wirken mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet worden war.
Protelion GmbH: Unternehmen ausgeschlossen
Am 10. Oktober 2022 erklärte der Verein schließlich, man habe die Firma ausgeschlossen. "Das Agieren der Protelion GmbH ist ein Verstoß gegen die Vereinsziele des Cyber-Sicherheitsrats Deutschland e.V.", sagte Vereinspräsident Hans-Wilhelm Dünn. Die im Raum stehenden Vorwürfe seien nicht vereinbar mit dem Kampf gegen Cyberkriminalität und der Förderung von Cybersicherheit. Aus Sicherheitskreisen war auch Kritik an Dünn zu vernehmen. Dieser habe offensichtlich kein ausreichendes Problembewusstsein, was bestimmte Russlandkontakte angehe, hieß es. (Mit Material der dpa.)