Windows 10: Diese RAM-Systemfunktionen sind wichtig
Sinnvolle Innovationen unter der Haube erschaffen eine moderne Arbeitsumgebung.
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Vom Betriebssystem-Unterbau kennen zahlreiche interessierte Windows-Nutzer sicherlich den Leerlaufprozess. Dieser läuft ständig mit, seine pseudohafte "Prozessorauslastung" entspricht der derzeit nicht vorhandenen Auslastung – sprich: Der Task-Manager zeigt etwa bei einer Prozessorlast von 20 Prozent an, dass der Leerlaufprozess genau 80 Prozent beansprucht; das bedeutet, dass das System zu vier Fünftel unbelastet ist. Die Ressourcennutzung und deren Verwaltung regeln noch einige weitere Betriebssystem-Stützpfeiler mehr: Dieser Ratgeber widmet sich diesen Hintergrundmechanismen. Windows 10 ist hier im regelmäßigen Wandel, denn neue Großversionen (die sogenannten Major-Releases) im Sechsmonatstakt bauen vieles um. Wer darüber konkret Bescheid weiß, braucht sich über manches nicht zu wundern.
Mehr RAM zuweisen: Arbeitsspeicher komprimieren unter Windows
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RAM-Komprimierung verspricht Tempo

Das mittlerweile betagte Windows 10 1511 (November-2015-Update) besitzt einen Systemprozess namens "Systemspeicher und komprimierter Speicher". Im Task-Manager ist er auf den Registerkarten "Prozesse" und "Details" aufgeführt. Ab dem neueren Anniversary Update (1607) ist der Prozess verschwunden, der Task-Manager ist aber unter "Leistung > Arbeitsspeicher" um eine neue Angabe erweitert: Hinter "In Verwendung" steht nun in Klammern "(komprimiert)", darunter lesen Sie die aus Windows-Sicht komprimierte Arbeitsspeicher-Datenmenge ab. Der vormalige Systemspeicher-Prozess lag unter C:\Windows\System32\ als Datei ntoskrnl.exe.
Die Arbeitsspeicher-Komprimierung in Windows hat den Sinn, etwaige RAM-Engpässe zu vermeiden: Es passen dadurch mehr Programme in den Speicher, bevor das Betriebssystem behelfsmäßig Speicherdaten in die Auslagerungsdatei (pagefil.sys) zwischenspeichert. Die Auslagerungsdatei liegt auf der Festplatte beziehungsweise SSD, die viel langsamer als RAM-Arbeitsspeicher ist. Durch die seltenere Notbehelfsnutzung der Festplatte/SSD bei Speichermangel vermeidet Windows einige I/O-Operationen – also Input-/Output-Operationen, sprich: Ein-/Ausgabe-Operationen, das Schreiben und Lesen von der Platte. Microsoft nennt dieses Komprimierungs-Konzept des Speichermanagers ("MM" für Memory Manager) auch "Komprimierungsspeicher".
Unter Technikveteranen hat übrigens die sogenannte RAM-Komprimierung oder auch -Optimierung nicht den besten Ruf: Als Schlangenöl-Software verschrien, drosseln Drittanbieter-Programme zur Speicheroptimierung das Tempo häufig sogar – und sind daher kontraproktiv. Microsoft ist hier eher zu trauen. Wer den meist um wenige Megabyte komprimierten Speicher nicht wünscht, schaltet die RAM-Komprimierung ab: per Dienste-Manager (aufrufbar mit Windows-R und services.msc), worüber der SuperFetch-Dienst zu deaktivieren ist und danach fällt noch ein Windows-Neustart an.
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Viele svchost-Instanzen – wenn PC schnell genug

Früher war Arbeitsspeicher ein knappes Gut, wohl deshalb fasste Microsoft mehrere Windows-Dienste als svchost.exe zusammen. Wenn genügend Speicher verbaut ist, bricht Windows 10 1703 (Creators Update) mit dieser alten Tradition. Auf einem Testsystem tummelten sich bei einem veralteten Windows 10 wenige 14 svchost.exe-RAM-Instanzen im RAM, bei installiertem Windows 10 1703 waren es mehr als 60. Eine ähnlich hohe svchost.exe-Prozesse-Zahl haben neuere Windows-10-Versionen, etwa Windows 1709 und Windows 1803. Positive sich daraus ergebende Effekte sind erhöhte Systemstabilität und Sicherheit sowie leichtere Fehleranalyse. Dienste teilen sich nun also meist keine Prozesse mehr, die Miniprogramme zur Bereitstellung von Systemfunktionen erhalten exklusiv einen Platz im Speicher. Und sollte ein svchost.exe-Prozess abstürzen, reißt er nicht mehr eine ganze Dienste-Kette in den Abgrund.
Ab wie viel verbautem Arbeitsspeicher die Dienste separate Prozesse erhalten, legt eine Registry-Einstellung fest: Unter HKEY_LOCAL_MACHINE\SYSTEM\CurrentControlSet\Control befindet sich der DWORD-32-Bit-Eintrag SvcHostSplitThresholdInKB. In den Eigenschaften steht standardmäßig der Dezimalwert 3670016, was 3,5 Gigabyte RAM entspricht. Durch das Anheben dieses Werts lässt sich erzwingen, dass Windows 10 seine Dienste wieder zusammenfasst – nämlich dann, wenn die neu angegebene Kilobyte-Speichermenge (deutlich) höher ist als das reale RAM. So erreicht der verbaute Speicher die definierte Mindestmenge fürs svchost.exe-Separieren nicht mehr und Windows verzichtet in der Folge auf das svchost.exe-Prozess-Splitten. Sind zum Beispiel 8 Gigabyte verbaut, genügt es, als Wert 8388608 einzutragen (rund 8 Gigabyte).

CTFMON für das Taskleisten-Suchfeld

Mit Windows 10 1709 (Fall Creators Update) kehrt ein alter Bekannter ins RAM zurück: Die Datei ctfmon.exe läuft wieder permanent mit – verschrien ist sie als Windows-XP-Systembremse. Von Windows Vista bis Windows 10 1703 befindet sich die Datei nur auf der Festplatte/SSD, nicht aber zusätzlich im RAM. Anders als bei XP ist die CTFMON nicht mehr für das Tastatur-Layout-Wechseln zuständig: Das File dient unter Windows 10 1709 stattdessen dem Taskleisten-Suchfeld und deren Bildschirmtastatur-Symbol. Wer es auf Umwegen schafft, die ctfmon.exe aus dem RAM zu verbannen, würde die genannten zugehörigen Komponenten lahmlegen – und würde die Windows-Bedienung so zu einem Krampf machen, denn das Suchfeld erlaubt bequeme Programmstarts per Tastatur, ohne die Maus. Wer es ausprobieren will, greift zu Unlocker und benennt damit die ctfmon.exe um oder löscht sie. Je nach Windows 10 variiert es, inwiefern dadurch die Bildschirmtastatur zum Erliegen kommt: Bei Version 1709 und 1803 erscheint die virtuelle Tastatur per Klick nicht mehr, bei Version 1809 und 1903 tut sie dies schon noch, allerdings bleibt das Anklicken der Tasten auf dem Bildschirm wirkungslos.

Registry im RAM

Windows 10 1803 (April 2018 Update), das von Microsoft Ende April 2018 herausbracht wurde, ist das insgesamt fünfte Feature-Groß-Update. Der Task-Manager führt hier den Eintrag "Registry" ein und auf – unter "Prozesse" und "Details": Zur effizienteren Speichernutzung erfolgen Zugriffe auf die Registry nun per separatem Prozess. Das System hält im Prozess seine Registry-Hive-Daten fest, also ranghohe Einstellungen-Komplexe der Registrierungs-Datenbank (HKEY_LOCAL_MACHINE\SOFTWARE und HKEY_CURRENT_USER). Zum Einsatz kommt dabei im Hintergrund die Datei ntoskrnl.exe. Nutzer können den Registry-Prozess weder ohne Weiteres beenden noch die Priorität ändern; auch das Ändern der Prozessoraffinität ist unmöglich, sprich das Zuweisen von Prozessorkernen. Diesen Einschränkungen unterliegt auch der Leerlaufprozess.

Unsichtbarer Edge-Autostart

Unter Windows 10 April 2018 Update (1803) lädt der Edge-Browser automatisch, wenn er als Standardbrowser fungiert, was er standardmäßig tut. Das Programm belegt dadurch (oft unnötig) RAM – unsichtbar, denn ein Fenster ist nicht zu sehen. Nutzer kontrollieren das per Task-Manager, der bei frisch hochgefahrenem Windows ohne gestartete Programme auch den Edge-Browser aufführt und ihm einen gewissen Speicherverbrauch attestiert. Abhängig von der Anzahl der installierten und aktivierten Erweiterungen beträgt er mehrere Hundert Megabyte: Im Test waren es im unveränderten Zustand 25 Megabyte und mit Add-ons mal 200, 500 oder 1.000 Megabyte. Das Programm soll so schneller starten. Wenn Sie der Verschwendung ein Ende bereiten wollen: Ernennen Sie in der Einstellungen-App einen anderen Browser zum Standard. Soll keine Drittanbieter-Alternative das System betreten, springt der Internet Explorer ein. Positiv: Unter Windows 10 1809 (Oktober 2018 Update) führt Edge in der Rolle des Standardbrowsers laut Task-Manager keine Add-ons mehr unsichtbar aus; der Speicherverbrauch liegt somit im deutlich niedrigeren Megabyte-Bereich.

SuperFetch umbenannt

Womöglich um die verglichen mit Windows XP höheren Hardwareanforderungen zu kompensieren, führte der XP-Nachfolger Vista den Systemdienst "SuperFetch" ein. Die zusätzliche Caching-Technik zum aus XP bekannten Prefetch beobachtet, welche Programme der Nutzer häufig startet – und lädt sie auf Verdacht im Voraus ins RAM. Auf diese Weise sollen die eigenen Lieblingsprogramme schneller laden. Das Feature soll sogar unterscheiden, ob man an Arbeitstagen oder am Wochenende bestimmte Applikationen startet, und an den passenden Tagen die passenden Daten in den Speicher schaufeln. Windows 10 Creators Update (1703) hatte einen Bug: Wer die Auslagerungsdatei deaktivierte, machte den Start von SuperFetch unmöglich; dies behob das Windows 10 Fall Creators Update (1709). In Windows Vista heißt die Funktion im Dienste-Manager "SuperFetch" und nennt sich hier auch unter Windows 7, Windows 8.1 sowie Windows 10 bis einschließlich 1803 noch so. Unter Windows 10 1809 (Oktober 2018 Update) änderte sich der Name: Fortan finden Sie den Dienst im Verwaltungsbordmittel (aufzurufen per Ausführen-/Startmenü-Befehl services.msc) als "SysMain". Das ist wichtig, falls Sie diese Funktion deaktivieren wollen. Gut zu wissen: Dem SuperFetch-Dienst liegt die Datei C:\Windows\System32\Sysmain.dll zugrunde, er hieß also gewissermaßen schon vor so. Man kehrt hier quasi zu alten Wurzeln zurück.
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Startmenü erhält eigenen Prozess

Im Windows-Blog beschreibt Microsoft eine Neuerung, die das Startmenü betrifft, als "The next step in improving Start reliability", sinngemäß also als den nächsten Schritt zur Verbesserung der Startzuverlässigkeit – womit offensichtlich nicht das Booten, sondern das Startmenü gemeint ist. Für eine Verbesserung der Systemstabilität lagert Windows 10 1903 (Mai 2019 Update) das Startmenü in einen eigenen Prozess aus: StartMenuExperienceHost.exe, aufgeführt im Task-Manager. Das Beenden mit letzterem funktioniert, doch startet das System den Prozess daraufhin gleich wieder neu – wozu noch nicht einmal ein Startmenüaufruf nötig ist. Laut Blog handelte es sich dabei um ein Experiment; da man messbare Verbesserungen bei der Zuverlässigkeit festgestellt habe, habe man die Änderung mit dem Systemupdate 1909 für alle bereitgestellt.