Klapphandy
Samsung Galaxy Z Fold 2 im Test
Die Ära der Falt-Smartphones steht noch ganz am Anfang. Samsung leistet mit dem Galaxy Z Fold Pionierarbeit, um sich in diesem Zukunftsfeld ganz vorne zu positionieren. Lesen Sie unseren Test hierzu.
Die Frage ist nicht, ob sich das faltbare Smartphone durchsetzt. Die Frage muss lauten: Wann ist die Industrie in der Lage, diesen Formfaktor zu einem moderaten Preis in Serie zu produzieren? Die ersten Geräte, die 2019 auf den Markt kamen, legten die Herausforderungen offen, mit denen die Ingenieure und Produktplaner konfroniert waren.
Das Huawei Mate X und das Samsung Galaxy Z Fold kosteten 2000 Euro, obwohl sie dick und schwer wie Ziegelsteine waren, auch Scharnier und Displayschutz waren noch nicht ganz ausgereift. Aber bereits das Galaxy Z Flip und das Mate Xs wiesen in die richtige Richtung, und das Galaxy Z Fold 2, das gerade in den Handel kommt, lässt das Falt-Smartphone für eine spitze Zielgruppe alltagstauglich werden.
Die Betonung liegt auf „spitz“, denn für den Massenmarkt ist auch das neue Foldable von Samsung zu teuer und zu dick. An der grundlegenden Konstruktion hat sich nichts geändert, das klotzige Klapp-Design bleibt auch in der zweiten Generation erhalten. Die Koreaner schaffen es leider nicht, das Gehäuse dünner zu machen: Zugeklappt ist das Fold 2 immer noch 16,8 Millimeter dick – gegenüber dem Vorgänger (17,1 Millimeter) eine vernachlässigbare Verbesserung.
Dafür wurde die Scharnierkonstruktion modernisiert, sodass sie weniger Platz benötigt als beim Galaxy Z Flip. Vom Flip übernimmt Samsung die Möglichkeit, das Display stufenlos anzuwinkeln, sodass man das Smartphone in einer beliebigen Position aufstellen kann.
Der sogenannte Flex Mode macht das Fold 2 deutlich alltagstauglicher als den Vorgänger und zeigt zugleich die Vorteile dieses Formfaktors auf: Lesen, Selfies machen, Videochats – alles ist einfacher, wenn sich das Smartphone ohne Hilfsmittel auf dem Tisch freihändig aufstellen lässt.
Das Scharnier - Flex Mode
Das Scharnier ist eines der kniffligsten Bauteile der neuen Foldables, denn die mechanischen Elemente müssen vor äußeren Einflüssen geschützt werden und Bewegungen tausendfach wiederholen können, ohne sich abzunutzen. Seriengeräte, die diese Anforderungen erfüllen, kamen bisher von Huawei, Motorola und Samsung.
Die Koreaner sind aber die einzigen, denen es gelungen ist, das Scharnier so zu bauen, dass man es stufenlos anwinkeln kann. Der „Flex Mode“ wird auch softwareseitig gestützt: Beim Videochat oder beim Videoanschauen wird eine angepasste Ansicht mit den Bedienelementen in der unteren Hälfte eingeblendet.
Oberfläche wie ein Tablet oder Smartphone
Samsung hat die Benutzeroberfläche für die Tablet-Nutzung angepasst. Man kann mehrere Apps gleichzeitig auf dem geöffneten Display anzeigen und per Drag-and-Drop einfach verschieben. Stark: Mit Hilfe der Modi Tablet/PC hat man die Wahl zwischen einem Tablet UI (kleinere Symbole, viele Inhalt auf dem Bildschirm) und einem Smartphone UI mit größeren Symbolen und dem von Samsung bekannten Layout.
Das Tablet UI stellt auch Apps in einer speziellen, extra für Foldables entwickelten Ansicht dar. Unter anderem unterstützen Google Mail, Youtube, Spotify und Microsoft Office diese Darstellung. Ein Beispiel: In Outlook kann man den Posteingang auf der linken und aktuelle E-Mails auf der rechten Seite einblenden, so wie man es vom Desktop gewohnt ist.
Große Displays, moderner Look
Samsung hat das Fold 2 zwar nicht kompakter gebaut, nutzt das Gehäusevolumen nun aber nun besser aus: Bei nahezu gleichbleibenden Maßen wächst das aufgeklappte Display von 7,3 auf 7,6 Zoll. Nicht nur sind die Ränder schmaler geworden, auch die Frontkamera ist besser im Gehäuse untergebracht:
Statt eines breiten Streifens am oberen rechten Displayrand gibt es eine punktförmige Aussparung, die wie beim Note 20 Ultra und Co. kaum auffällt. Ein ganz dickes Plus gibt es auch für die dynamische Bildwiederholrate bis 120 Hertz, die bewegte Inhalte flüssiger darstellt.
Die größte Veränderung erfährt aber das Zweitdisplay vorne, das nun frontfüllende 6,2 Zoll misst und dem Fold 2 auch geschlossen einen modernen Look verleiht. Während Vorder- und Rückseite von Gorilla Glass Victus geschützt werden, setzt Samsung auf der Innenseite ein selbst entwickeltes Glas-Kunststoff-Gemisch ein, das echtem Glas sehr nahe kommt und wesentlich kratzfester ist als die Kunststofffolie des Vorgängers.
Die Darstellung ist phänomenal gut, auf 7,6 Zoll (ohne störende Notch) surft man so komfortabel wie auf einem modernen Tablet, dabei ist die fließende 120-Hertz-Darstellung das Tüpfelchen auf dem i. Unter dem Display sorgt mit dem Snapdragon 865+ das stärkste SoC von Qualcommm für eine hohe Arbeitsgeschwindigkeit.
Intensives Multitasking mit drei Apps auf dem großen Display ist nie ein Problem, der Wechsel vom kleinen auf das große Display gelingt flüssig und verzögerungsfrei. Dem Nutzer stehen 256 GB zur Verfügung, was gegenüber dem Vorgänger (512 GB) eine Verschlechterung ist. Dafür hat Samsung an anderer Stelle nachgebessert: Es gibt nun einen physischen SIM-Steckplatz. Weil die Koreaner zudem an der eSIM festhalten, kann man das Fold 2 als Dual-SIM-Phone nutzen.
Auch sonst gibt es an der Ausstattung wenig zu kritisieren. Der schnelle Funkstandard 5G ist natürlich dabei, genauso wie WiFi 6, Bluetooth 5.0 und der neue Nahfunkstandard Ultra Wide Band (UWB). Stark: der Sound aus den Stereolautsprechern, die rechts und links neben dem Display positioniert sind und Spiele und Videos richtig gut rüberkommen lassen.
Gut, ohne zu glänzen
Das Kamerasystem bietet mit drei Brennweiten und vielen Einstellungen und Features eine starke Basis für Fotos und Videos. Die Bilder sind sehr gut, auf einem Niveau mit der S20- und Note-20-Serie, bei schwierigen Lichtverhältnissen ist aber noch Luft nach oben. Zudem kostet der Verzicht auf eine lange Telebrennweite Punkte im neuen qb Score, sodass es nur für ein befriedigendes Gesamturteil reicht.
Das Fold 2 ist also kein neuer Foto-Weltmeister; aber wer darauf gesteigerten Wert legt, kauft ohnehin ein anderes Phone. Wichtiger für die produktive Nutzung im Alltag ist die Akkulaufzeit, und da haben wir eine Verschlechterung registriert: Während der Vorgänger mit geöffnetem Display über 10 Stunden durchhält, ist beim Fold 2 nach 8:33 Stunden Schluss.
Mit aktivierter 120-Hertz-Option verkürzt sich die Laufzeit geringfügig auf 8:15 Stunden – immer noch gute Werte, die den Nutzer durch den Tag bringen, aber spürbar weniger als beim Vorgänger. Die Akustik des Fold 2 dagegen erreicht ein Spitzenniveau, und auch die Funkeigenschaften bei LTE und UMTS sind gut bis sehr gut.
Dass es trotzdem nur für 401 Punkte reicht, ist dem unhandlichen Formfaktor geschuldet. Solange die Industrie es nicht schafft, Foldables wie das Fold 2 hosentaschentauglich zu bauen, bleiben sie in der Nische gefangen.
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