Beziehungs-Tipps

Trennen oder bleiben: Kann man lernen, jemanden wieder zu lieben?

Es gab eine Anziehungskraft zwischen euch!? Jetzt ist diese Energie abgeflacht und du fragst dich: trennen oder gehen?

Trennen oder bleiben: Kann man lernen, jemanden wieder zu lieben?
Ist die Liebe noch zu retten - oder ist es Zeit sich zu trennen? Foto: Unsplash.com
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In solchen Momenten toben oft ambivalente Gefühle in uns. Gebe ich zu früh auf oder kann da wieder etwas entstehen? Muss ich vernünftig sein und ihn loslassen? Gewichtige Fragen, auf die es nicht die eine für alle passende Antwort gibt. Doch wenn du selber gerade in so einer Situation steckst, gibt es einige Hinweise dafür, was jetzt hilfreich zur Entscheidungsfindung sein könnte.

Liebe wiederaufleben lassen

Oftmals gibt es diese wechselhaften Phasen bei Paaren, in denen man noch gute Tage hat, aber eben auch total doofe. Tage, an denen man noch macht und tut und die Hoffnung nicht aufgibt. Und das ist auch gut so. Denn wenn wir bei jedem Anflug von Zweifel gleich in den Sack hauen würden, würde uns so manches entgehen. Manchmal lohnt es sich nämlich, Zweifel und Durststrecken durchzustehen und sich wieder richtig um seine Liebe zu kümmern. Um die, die wir einem anderen Menschen geben können und die, die wir empfangen wollen. Denn auch wenn die Liebe gelitten hat, kann sie wiederaufleben.

Wenn die Chemie oder die Basis stimmt, ist es nämlich durchaus möglich, sich mit jemandem neu einzulassen. Der Liebe noch eine Chance geben und neu füreinander entdecken, ja, das kann funktionieren. Herzaubern kann die Flamme aber niemand. Das Paar muss sich schon einander zuwenden, sich miteinander beschäftigen, sich aufeinander einlassen und sich gegenseitig in seiner Unterschiedlichkeit annehmen. Und dazu gehört schon was. Vor allem der Wunsch von beiden und das eigene Zutun, dass so etwas entstehen darf.

Warum Selbstliebe hier eine Rolle spielt

Ein anderer wichtiger Schlüssel ist die Fähigkeit, sich selber zu lieben und sein Glück nicht davon abhängig zu machen, wie sehr andere unsere Erwartungen und Wünsche erfüllen. Denn oft passiert genau das: Ich möchte, dass der Partner mich glücklich macht und ich selber möglichst wenig dafür tun muss. Ein hoher Anspruch an den anderen, durch den sich mancher Partner in der Beziehung überfordert sieht und sich zurückzieht oder aggressiv wird. Beides ist möglich. Kann jedoch das Glück, das der Partner bringt, mehr als ein Topping dessen gesehen werden, was ich an Glück und Liebe aus mir selber heraus generiere, ist das tragfähig. Auf diesem Boden kann Liebe zum anderen entstehen und sich vertiefen.

Manchmal muss diese Selbstliebe erst entdeckt werden und gelernt werden, wie sich das Leben mit ihr anfühlt. Es braucht auch einen neuen Blick auf den Partner – ohne Erwartung an ihn, sondern mit Achtung dafür, wie er ist. Ohne ihn ändern zu wollen. Ob man diese Entwicklung innerhalb der Beziehung meistert oder sich zunächst trennen muss, um dann neu zu schauen, ist bei jedem Menschen anders. Manchmal braucht es auch einen klaren Schnitt, um wieder Freiraum für neue Gedanken und Gefühle zu entwickeln. Wer hier genau in sich rein hört, spürt recht bald, was es braucht, um in dieser Hinsicht weiterzukommen. Oft verhindern wir mit einer gewissen Betriebsamkeit, auf diese innere Stimme zu hören.

Wie man als Paar Klarheit bekommt

Doch bei einem Gefühl der Enttäuschung über den Partner und den Verlauf der Beziehung ist es wichtig hinzuhören und zu hinterfragen, woher dieses Gefühl kommt. Haben der Partner oder ich uns wirklich auf eine Weise verändert, die das Zusammenleben unmöglich macht? Oder habe ich anfangs eine (heimliche) Erwartung an den Partner gehabt, von der ich jetzt beginne zu verstehen, dass sie sich mit ihm nicht erfüllen wird? Dachte ich, ich kann ihn ändern, seine positive Seite mehr in den Vordergrund bringen? Und merke ich jetzt, dass mich das, was ich mal spannend fand, vor allem nervt oder anstrengt?

Wenn das Gefühl der Liebe unter diesen desillusionierenden Gedanken schrumpft, ist es höchste Zeit sich zu fragen: Kann ich ihn denn lieben, wie er ist? Wie ich ihn heute sehe? Auch wenn er nicht so ist, wie ich es mir damals ausgemalt habe! Und was ist mein Anteil daran, dass er jetzt Seiten von sich zeigt, die ich vorher nicht gesehen habe? Diesen Anteil gibt es immer!

Warum die Außenperspektive hilfreich ist

Die Auseinandersetzung mit eigenen Anteilen an der Entwicklung ist mit Hilfe eines Therapeuten leichter, als wenn man es allein, mit einer Freundin oder gar dem Partner versucht. Hier helfen Experten, zu einer neuen Selbstsicht und Sicht auf den Paarkonflikt zu gelangen.

Eine Paartherapie kann hilfreich sein, wenn Zweifel und Frust sich immer wieder in den Vordergrund drängen und man aber noch an der Beziehung festhalten will. Dort kann geschaut werden, an welcher Stelle es schwierig wurde, wer was dazu beigetragen hat und ob man durch diese Erkenntnis noch mal einen neuen Kurs einschlagen kann. Denn natürlich ist es möglich, eine Paarkrise zu überstehen und sich wieder mehr zu achten und zu lieben als mitten in der Durststrecke. Doch das ist oftmals mit intensiver Auseinandersetzung mit sich selber und dem Partner verbunden.

Allerdings kann bei einer Paartherapie natürlich auch rauskommen, dass man getrennte Wege geht. Doch das muss nicht als Scheitern einer Therapie gesehen werden. Im Gegenteil. Wenn man diesen Gedanken gemeinsam durch die Moderation eines Therapeuten entwickelt, bleiben einem nämlich so manche Kränkung und destruktive Situation erspart. Manche schaffen das auch ohne. Aber es ist mühsamer und dauert oft viel länger.

Wenn Klarheit überwiegt, dass es aus ist

Manchmal ist man aber auch schon an dem Punkt, an dem sich das klare Gefühl die Bahn bricht, dass man nicht mehr will. Und zwar egal, wie sehr sich der (Ex-) Partner wieder bemüht. Wer das mal erlebt hat, weiß, wie sich der Moment anfühlt, an dem sich diese Klarheit so deutlich zeigt, dass man sie nicht mehr ignorieren kann. Und gegen dieses Gefühl ist dann kein Kraut mehr gewachsen.

Oft hat man an diesem Punkt schon lange Zeit des Hoffens und Leidens hinter sich und ist auf eine bestimmte Weise müde, noch Energie in die Beziehung zu stecken. Vor allem, wenn man das Gefühl hat, man ist der/die Einzige, die ein Problem sieht und etwas zu ändern versucht hat. Dann hilft auch oftmals keine Paartherapie mehr, weil zu lange gewartet und ausgeharrt wurde und es wirklich nicht mehr auszuhalten ist. Das ist der Zeitpunkt, an dem der Blick wieder verstärkt auf die eigenen Bedürfnisse gerichtet werden sollte. Dann ist eine Trennung unumgänglich.

Manchmal hält einen vor allem die Angst vor dem Unbekannten davon ab, diese Entscheidung zu treffen. Oft sind es auch gemeinsame Kinder. Trotzdem ist es fast immer so, dass für alle das Leben eine positive Wendung nehmen kann, wenn man nicht mehr an etwas festhält, was einem nicht guttut. Sondern stattdessen zu sehen, dass jeder für sich wieder zufrieden und er oder sie selbst sein kann.

Autorin: Marthe Kniep