16.08.2010 – Presse

Eine Siedlung für die vagabundierenden Schmelzer

Die Siedlung Alte Schmelz in St. Ingbert – Ein Förderprojekt der vor 25 Jahren gegründeten Deutschen Stiftung Denkmalschutz 

Die Ursprünge der „Alten Schmelz“ gehen auf das von Caspar Graf von der Leyen um 1730 gegründete Eisenwerk zurück. Um den in den Wäldern lebenden, vagabundierenden "Schmelzern" eine Bleibe zu geben, ließ Gräfin Marianne eine Siedlung errichten, die zu den wichtigsten sozialpolitischen Leistungen ihrer Zeit zählt. Seit Jahren schon steht die Rettung der Arbeitersiedlung, die jahrzehntelang ohne durchgreifende Bauerhaltung blieb, ganz oben auf der Agenda der saarländischen Denkmalpflege. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz unterstützt dieses Bemühen seit 1994. In 14 Verträgen stellte sie für die Erhaltung der epochemachenden Anlage bislang rund 800.000 Euro zur Verfügung. Eigenleistungen der Bewohner im Bereich Abbruch und Erdarbeiten sowie Kosteneinsparungen bei den Fenstern und des Innenausbaus hielten die Belastungen bislang in überschaubaren Grenzen. Zudem gestaltet sich das Zusammenleben in der zur Hälfte aus Einheimischen und Zugewanderten bestehenden Siedlungsgemeinschaft in einem beispielhaften Miteinander. 

Ein für die damalige Zeit ungewohnt umsorgtes Leben bescherten die Werksinhaber den Bewohnern der Siedlung „Alte Schmelz“ bereits vor zweihundert Jahren, als mit dem Wachstum des Werkes eine Ansiedlung der Arbeiter unverzichtbar wurde. Wohnen im Grünen, fünf Minuten Arbeitsweg, Krankenhaus und Schwimmbad, ein Musikverein, der auch die Gestaltung der Familienfeste besorgte, Hochzeit, Taufe, Beisetzung... Heute wohnen in der Siedlung noch 42 Familien. Seit das Werk 1730 gegründet und nach 1771 Arbeiter-, Beamten- und Meisterhäuser, Direktorenvillen und ein Schlafhaus errichtet worden waren, hat das Ensemble viele Höhen und Tiefen durchlebt. Bis zum Ersten Weltkrieg brannten die Hochöfen lichterloh und versorgten Tausende in St. Ingbert mit Arbeit. Später begann die Umstrukturierung zu einem reinen Weiterverarbeitungsbetrieb, insbesondere für Draht- und Bandeisenprodukte. Die immer wieder aufflammende Bedrohung der Saarstahl AG und damit ihrer Mitarbeiter führte auch zur Vernachlässigung der Häuserpflege, die nicht in der gleichen Weise bedrängend war. Doch vor 15 Jahren gründete die Bewohnerschaft eine Wohnungsbaugenossenschaft, und so ging es mit dem Leben in der Alten Schmelz wieder aufwärts. 30 Einzelbauten umfasst die Siedlung. Arbeits- und Arbeiterwohnbereich haben sich in der im südwestdeutschen Raum sicher ältesten Arbeitersiedlung authentisch erhalten. Es sind eingeschossige Bruchsteingebäude mit Sattel- oder Krüppelwalmdächern. Vier bis sechs Wohneinheiten mit jeweils 40 Quadratmetern wurden in den langgestreckten Gebäuden untergebracht. Den Meistern wurden entsprechend ihrer Stellung größere Wohnungen zugestanden. Zwei Meisterhäuser stammen aus der Zeit um 1810, vier weitere entstanden um 1900 am Eingang zur Alten Schmelz. Zur zweiten Bauphase um 1880 gehören das neue Hauptverwaltungsgebäude, die Direktorenvilla und, als eines der wenigen noch erhaltenen Zeugnisse gründerzeitlichen Unternehmerengagements zur Verbesserung der sozialen Lage der Arbeiter, das Krämersche Hospital. 

Die Bewohner des Arbeiterquartiers engagierten sich bei der Wiederherstellung und Gestaltung der Außenanlagen mit großer Liebe zum Detail. So wurden die Hofsituationen mit Gartenmauern und Latrinenhäuschen - als Abstellräume genutzt - wiederhergestellt. Nach ersten Anlaufschwierigkeiten konnten die Maßnahmen zügig durchgeführt werden. Bei den Rohbaumaßnahmen mussten teilweise Kompromisse eingegangen werden, einige Decken- und Wandkonstruktionen wurden in Trockenbauweise errichtet. In nicht offen einsehbaren Hangseiten wurden Dachflächenfenster erlaubt. Diese Zugeständnisse sollten die Gebäude für die alten Mieter im erschwinglichen Rahmen  belassen. 

Unterstützt hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz die Bewohner und ihre Wohnungsbaugesellschaft schon 1994. Die regelmäßige Förderung ermöglichte ihnen die Beantragung von Fördergeldern aus unterschiedlichen Töpfen bei Bund und Land. Wer heute an einem lauen Sommerabend nach St. Ingbert, in die Alte Schmelz kommt, sieht spielende Kinder auf den Wegen, flatternde Wäsche in den Gärten und manch einen, der an seinem Häuschen werkelt. Jedenfalls solange, bis die verlockend durch die Siedlung duftenden Grillwürstchen gar sind.