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Grossbritanniens Verhältnis zur EUWagt Rishi Sunak einen neuen Kurs? 

Plant Rishi Sunak eine Annäherung an die EU nach Schweizer Vorbild? Jüngste Spekulationen besagen, Sunaks Regierung wolle sich über Einzelverträge leichteren Zugang zum EU-Binnenmarkt verschaffen.

Rishi Sunak signalisiert, dass er die Beziehungen Grossbritanniens zur EU gern verbessern würde. Leichtfallen wird ihm das aber kaum. Nicht nur, weil seine beiden Vorgänger im Amt, Boris Johnson und Liz Truss, das Verhältnis mit ihren Brexit-Breitseiten schwer beschädigt haben. Sondern auch, weil die Tory-Rechte gegen alle Verständigung mit Brüssel ist.

Ist Sunak selbst kein Brexiteer?

Doch, das war er von Anfang an. Sogar ein sehr überzeugter. Mit Europa hatte er nie viel am Hut. Premier Sunak versicherte vor dem Jahreskongress des Industriellenverbands CBI sogar, er würde jeglichen Versuch blockieren, seinem Land «EU-Gesetze aufzuzwingen». Ein solches Verhältnis mit Europa strebe er nicht an. Die Achse der Welt Sunaks sei immer Silicon Valley–London–Mumbai und nicht London–Paris–Berlin gewesen, hat ein britischer Kommentator es einmal beschrieben. Aber der neue Premier ist von Natur aus kein «Purist». Er kann, wo es von Vorteil ist, auch äusserst pragmatisch sein.

Und was rät ihm zu besseren Beziehungen?

Was Sunak zurzeit vor allem sieht, ist die Tatsache, dass Grossbritannien sich in einer der schwersten Wirtschaftskrisen seiner jüngeren Geschichte befindet – und dass britische Unternehmen immer mehr über negative Brexit-Folgen klagen. In dieser Situation macht es für die Regierung keinen Sinn, das Verhältnis zu «den Europäern» und zu deren Märkten weiter zu belasten, statt es zu entkrampfen und nach Lösungen zu suchen.

Gibt es denn Zeichen für ein neues «Tauwetter» in London?

Eine positivere Atmosphäre hat Sunak zweifellos angestrebt in den letzten Wochen. Die EU wird von ihm nicht mehr geschnitten wie noch von Liz Truss. Mit Paris ist in aller Eile ein neuer Vertrag zur Flüchtlingslage am Kanal geschlossen worden. Mit Dublin ist man im Gespräch über das Nordirland-Protokoll, den strittigen Teil des Brexit-Abkommens. Neuwahlen in Nordirland, die die Situation hätten verschärfen können, sind aufgeschoben worden. Statt Konfrontation ist vorsichtige Diplomatie angesagt.

Was meint die Tory-Rechte zu diesen Initiativen?

Die Brexit-Hardliner im Regierungslager beobachten alles Bemühen um bessere Beziehungen zur EU mit Argwohn. Verständigung mit Brüssel gilt ihnen von vornherein als «Verrat». Jüngste Spekulationen, Sunaks Regierung wolle dem Vorbild der Schweiz folgen und sich über Einzelverträge leichteren Zugang zum EU-Binnenmarkt verschaffen, haben wütende Reaktionen hervorgerufen. Eher werde man den Regierungschef stürzen, als sich die «Errungenschaften» des Brexit «verwässern» zu lassen, haben einzelne Tories erklärt. Konservative des moderaten Flügels prophezeien schon eine neue «Blue on blue»-Phase – eine Zeit bitteren innerparteilichen Zwists.

Was ist letztlich Rishi Sunaks Dilemma?

Sunaks Problem ist, dass sich Boris Johnsons «harter Brexit» nicht in einen «weicheren» ummodeln lässt, ohne dass die «roten Linien», die Grenzen des für die Brexiteers Erträglichen, überschritten werden. Ohne Kompromissbereitschaft stehen nennenswerte Fortschritte im Verhältnis zur EU aber nicht zu erwarten. Fraglich bleibt, ob Sunak über blosse Gesten persönlicher Gesprächsbereitschaft am Ende hinauskommt: ob er es wagt, seiner Partei einen neuen Kurs vorzugeben und Tabus zu brechen dabei.

Wie schnell wird sich das zeigen?

Schon in den nächsten paar Monaten muss das Problem des Nordirland-Protokolls gelöst werden – die Frage der Grenzkontrollen für Nordirland, die Johnson mit Brüssel vereinbarte, dann aber nicht mehr akzeptieren wollte. Das ist der erste Testfall für Sunaks Europapolitik. Um sich mit der EU zu verständigen, müsste der Premier seiner Parteirechten und den militanten Unionisten der Provinz die Stirn bieten. Das hat er bisher allerdings nicht gewagt.