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Pharmagigant: Severin Schwan gibt abÜberraschender Chef­wechsel beim Basler Pharmariesen Roche

Soll im Frühling 2023 ins Verwaltungsratspräsidium von Roche wechseln: Noch-Chef Severin Schwan.

An der Spitze des Pharma-Konzerns kommt es zu überraschenden Wechseln: Verwaltungsratspräsident Christoph Franz tritt an der Generalversammlung im März 2023 nicht mehr für eine Wiederwahl an. Als sein Nachfolger soll der gegenwärtige CEO Severin Schwan vorgeschlagen werden. Schwan ist ein Roche-Urgestein: Bereits seit 2006 gehört er der Konzernleitung an, seit 2008 leitet er das operative Geschäft als CEO. Seit 2013 ist er Mitglied des Verwaltungsrates.

Neuer operativer Chef soll per 15. März 2023 dann der bisherige Leiter der Division Diagnostika, Thomas Schinecker, werden, wie Roche am Donnerstag mitteilte. Für den Pharmakonzern arbeitet er bereits seit 2003 in verschiedenen Führungsfunktionen.

Die Lösung ist ein déjà vu: Denn schon der aktuelle Roche-Chef Schwan diente dem Konzern vor seiner Berufung an die Spitze als Leiter der Diagnostik-Sparte.

Thomas Schinecker folgt bei Roche als operativer Chef auf Severin Schwan.

Abschied nach 12 Jahren

Die Führungsspitze bei Roche war aufeinander eingespielt, daher kommt die Wechsel-Ankündigung überraschend. Die Benennung von Schwan zum neuen Präsidenten sei eine «gute Lösung», kommentierte Vontobel-Analyst Stefan Schneider. Zum neuen Konzern-Chef Schinecker äusserte er sich nicht. Die Börse war nicht begeistert, am Vormittag notierte die Roche Aktie mit über ein Prozent im Minus, der Gesamtmarkt tendierte unverändert. 

Der 47-jährige Schinecker trat im August 2019 an die Spitze der  Diagnostik-Sparte von Roche. Er wirkte zunächst eher bubenhaft und fiel bei seinen Präsentationen vor den Medien mit überschlagendem Eifer und Begeisterung für Tests auf Humane Papillomviren auf, für die sich kaum jemand interessierte. Als dann die Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 einsetzte und Roche es schaffte, den ersten Test auf den Markt zu bringen, stand er plötzlich im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.

Schinecker schaffte es mit seiner Sparte, die Produktion der Tests und der dafür nötigen Diagnostikgerätein Lichtgeschwindigkeit hochzufahren und die ganze Welt zu beliefern. Dass Schinecker als neuer CEO aufgebaut wurde, war merklich: Seine Rhetorik und sein Präsentations-Stil wurden strukturierter und eleganter. Auch an kleinen Randbemerkungen zeigte sich, dass da jemand die Karriereleiter hochklettern würde. Als Schinecker dieses Frühjahr auf der Bilanzmedienkonferenz seine Präsentation begann, forderte Schwan ihn dazu mit wohlwollendem Tonfall auf: «Probiere es aus.»

Corporate Governance Frage

Für Roche ist die Rochade vom Chefposten auf den Präsidentenstuhl schon Tradition, ähnlich wie bei Nestlé. Doch bei Verfechtern von guter Unternehmensführung, genannt Corporate Governance, sind solche Wechsel verpönt, in Deutschland sind sie mittlerweile sogar verboten. Denn wenn der frühere Chef als neuer Präsident seinen Nachfolger beaufsichtigen muss, kann bezweifelt werden, dass der Präsident unvoreingenommen agiert. Auf der anderen Seite: Sowohl Roche als auch Nestlé sind sehr erfolgreiche Firmen – und am Ende kommt es für Aktionärinnen und Mitarbeitende darauf an.

Der aktuelle Roche-Präsident Christoph Franz stellt zudem eine Ausnahme von der Tradition dar, denn der frühere Swiss- und Lufthansa-Chef hatte nie eine operative Rolle beim Pharmariesen inne. Franz präsidiert Roche seit dem Jahr 2014, dem Verwaltungsrat gehört er seit 2011 an.

«Ich habe mich entschieden, nach zwölfjähriger Tätigkeit im Verwaltungsrat, davon neun Jahre als Präsident, nicht mehr zur Wiederwahl zum Verwaltungsratspräsidenten zur Verfügung zu stehen», wird Franz zitiert. Nach dem 125. Geburtstag des Unternehmens und dem Erreichen wichtiger Meilensteine sei dies der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel an der Unternehmensspitze.

Bekannt wurde Franz in der Schweiz als Chef der Airline Swiss. Er leitete diese von 2004 bis 2009 und wechselte danach zum Mutterkonzern Lufthansa, erst als Leiter des Passagierbereichs, ab 2011 dann als Vorstandsvorsitzender der Geschäftsleitung. Franz sitzt als Vizepräsident im Verwaltungsrat der Zurich Versicherung und hat ein Verwaltungsratsmandat bei Stadler Rail.

Umsatzerosion schwächt sich ab

Gleichentags meldet Roche den Konzernumsatz für die ersten sechs Monate 2022.  Der Pharmariese beziffert diesen in einer Mitteilung vom Donnerstag auf 32,3 Milliarden Franken, was einem Plus von 5 Prozent entspricht. Zu konstanten Wechselkursen legten die Verkäufe ebenfalls um 5 Prozent zu und damit deutlich weniger stark als nach drei Monaten, als ein Plus von 11 Prozent erreicht wurde.

Zum Konzernumsatz steuerte die Pharma-Sparte 22,4 Milliarden Franken bei (+3%). Hier hielt die Umsatzerosion durch Nachahmerprodukte für die altgedienten Blockbuster Avastin, Herceptin und MabThera/Rituxan zwar an, schwächt sich indes aber wie erwartet weiter ab. Gleichzeitig leisteten die wichtigsten neueren Mittel wie das Blutermedikament Hemlibra, das MS-Mittel Ocrevus und Evrysdi zur Behandlung von SMA einen massgeblichen Beitrag zum Wachstum.

Die kleineren Diagnostik-Sparte weist für die ersten sechs Monate einen Umsatz von 9,9 Milliarden Franken aus, was um 10 Prozent über dem Vorjahreswert liegt. Hier habe sich insbesondere das Basisgeschäft weiter stark erholt, teilte Roche mit. Vor allem das Geschäft mit Tests für Herzkrankheiten sei stark gestiegen. Aber auch das Geschäft mit Covid-Tests legte gegenüber dem Vorjahreszeitraum nochmals zu.

Unter dem Strich blieb ein Konzerngewinn nach IFRS von 9,1 Milliarden übrig, ein Plus von 12 Prozent zur Vorjahresperiode. Hierin enthalten sei ein positiver Effekt aus der Beilegung eines Patentstreits in Japan sowie aus dem Rückkauf der eigenen Aktien vom Konkurrenten Novartis. Der operative Kerngewinn, auf den Analysten vornehmlich schauen, stieg um 9 Prozent auf 12,7 Milliarden. Die ausgewiesenen Zahlen liegen überwiegend knapp über den Analystenschätzungen.

Ausblick bestätigt

Für das Geschäftsjahr 2022 bleibt das Roche-Management bei seinem vorsichtigen Ausblick. Zu konstanten Wechselkursen peilt der Konzern ein Verkaufswachstum im stabilen bis niedrigen einstelligen Prozentbereich an. Der Kerngewinn je Titel soll im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich zulegen. Ausserdem bleibt die Gruppe bestrebt, die Dividende in Schweizer Franken zu erhöhen.

Gleichzeitig wiederholte das Management die Erwartung, dass die Verkäufe von Covid-19-Medikamenten und -Diagnostika im Gesamtjahr um rund 2 Milliarden auf etwa 5 Milliarden Franken sinken werden. So dürfte im dritten Quartal die Nachfrage nach Covid-19-Tests voraussichtlich rückläufig sein. In den ersten sechs Monaten erzielte Roche mit dem gesamten Covid-19-Portfolio Verkäufe von insgesamt 3,1 Milliarden nach 2,5 Milliarden in der Vorjahresperiode.

Die Verkaufsrückgänge durch Biosimilars wiederum dürften sich 2022 auf rund 2,5 Milliarden belaufen. Zum Vergleich: Im Geschäftsjahr 2021 gingen dem Konzern wegen Nachahmerprodukten 4,5 Milliarden verloren.

SDA/ish/ali