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200 Millionen Franken SchadenObergericht bestätigt Schuldsprüche gegen Berner Pleite-Reeder

Reeder Hans-Jürg Grunder auf einer Zeichnung, welche während des erstinstanzlichen Prozesses entstand.

Ein ehemaliger Reeder der Schweizer Hochseeflotte ist auch vom bernischen Obergericht für schuldig befunden worden, mehrere Straftaten begangen zu haben. Das Obergericht verhängte gegen ihn eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und fünf Monaten.

Damit verschärfte die zweite Instanz das Strafmass, welche die erste Instanz im Juli 2020 verhängt hatte. Das Wirtschaftsstrafgericht des Kantons Bern verurteilte damals den Reeder Hans-Jürg Grunder aus dem Kanton Bern zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren.

Wie die erste Instanz sprach auch das Obergericht Grunder des Betrugs, der ungetreuen Geschäftsbesorgung und des Leistungsbetrugs schuldig. Das ist ein Straftatbestand im Bundesgesetz über wirtschaftliche Landesversorgung.

Auch der mehrfachen Urkundenfälschung und Erschleichung einer falschen Beurkundung hat sich Grunder nach Überzeugung des Gerichts schuldig gemacht. Die Verteidiger Grunders hatten einen Freispruch von allen Vorwürfen gefordert, der Staatsanwalt eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren.

Anders als die erste Instanz kam das Obergericht zum Schluss, Grunder habe sich in einer Zeitspanne von 2006 bis 2017 des Leistungsbetrugs zum Nachteil der Eidgenossenschaft schuldig gemacht. Die erste Instanz hielt einen Leistungsbetrug nur von 2012 bis 2013 für gegeben.

Die Vertreter des Bundes und der Staatsanwalt waren mit einer Berufung in diesem Punkt erfolgreich. Auch Grunder hatte Berufung eingereicht gegen das erstinstanzliche Urteil. Das nun vorliegende Urteil des Obergerichtes kann noch beim Bundesgericht angefochten werden.

Bund mit Schaden von 200 Millionen

Der Berner Reeder war bis 2017 mit einem Dutzend Schiffen auf den Weltmeeren unterwegs. 2015 stellte das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) fest, dass die Reederei und die einzelnen Schiffbetreibergesellschaften finanzielle Schwierigkeiten hatten, worauf es zu Sanierungsversuchen kam.

Diese scheiterten nach etwa einem Jahr und die Schiffe mussten verkauft werden.

Weil die Banken die Bürgschaften zogen, mit welchen der Bund die Schiffe gesichert hatte, entstand der Eidgenossenschaft nach Angaben der Finanzdelegation der Eidgenössischen Räte (FinDel) von 2018 ein Schaden von rund 200 Millionen Franken. Dies durch den Verkauf von insgesamt 15 Schiffen.

Grunder ist nicht für einen so hohen Schaden verantwortlich, wie sowohl die erste Instanz festhielt als auch am Freitag die vorsitzende Richterin des Obergerichts in der Urteilsbegründung. Allerdings verurteilte das Obergericht Grunder zur Zahlung von über 40 Millionen Franken an die Geschädigten.

Grunder muss zudem dem Kanton Bern eine sogenannte Ersatzforderung in Höhe von 1,2 Millionen Franken leisten und Verfahrenskosten und Parteientschädigungen in sechsstelliger Höhe tragen.

Die vorsitzende Richterin sagte am Freitag, Grunder habe in seinen Aussagen stets versucht, die Verantwortung abzuschieben. Er habe gesagt, von Buchhaltung habe er keine grosse Ahnung. Das sei aber nicht so – Grunder sei die bestimmende Figur gewesen in der Reederei und habe sehr wohl gewusst, wie Rechnungen zu lesen seien und wie das Geschäft funktioniere.

Problematische Bürgschaften

Die Bundesbürgschaften zugunsten der Hochseeschifffahrt wurden 1959 eingeführt, um Schweizer Reedern die Finanzierung von Schiffen zu sehr günstigen Konditionen zu ermöglichen. Zuerst ging es um die wirtschaftliche Landesversorgung, später auch um die Stärkung des Dienstleistungs- und Industriestandorts Schweiz.

2019 stellte die FinDel fest, Solidarbürgschaften zu vergeben, komme dem Ausstellen eines Blankochecks gleich. Der Bund gebe damit Steuermöglichkeiten aus der Hand. Die Finanzdelegation empfahl deshalb, dieses Instrument nicht mehr zu verwenden.

Wie Thomas Baumeler vom Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) am Rand des Prozesses auf Anfrage sagte, verkehren derzeit noch fünfzehn mit Bundesbürgschaften ausgestattete Schiffe auf den Weltmeeren. Diese Bürgschaften stellten für den Bund derzeit keine Probleme mehr dar, weil sich die wirtschaftliche Lage verändert habe.

Anders als zur Zeit, als Reeder Grunder in Schwierigkeiten geriet, seien Schiffsfrachten derzeit sehr gefragt und es würden hohe Frachterträge erzielt. Die letzten Bürgschaften laufen im Jahr 2032 aus.

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SDA/flo