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Video ungesetzlich, aber dennoch für Prozess verwertbar

Das Auge des Anstosses: Die Kameras am Hotel Schweizerhof in Bern sind mittlerweile abmontiert.

Es war der Kernsatz bei der gestrigen Urteilseröffnung vor dem bernischen Obergericht. «Rechtswidrig heisst nicht automatisch unverwertbar», sagte Oberrichter Samuel Schmid, Vorsitzender der zweiten Strafkammer. Das Gericht sei zum Schluss gelangt, dass das Video verwertbar sei. Dieses stammt aus der – inzwischen abmontierten – Überwachungskamera des Berner Hotels Schweizerhof, deren Aktionsradius weit mehr umfasste als den unmittelbaren Eingangsbereich. Darum war darauf an jenem 25. April 2015 auch der unbewilligte Demonstrationszug zu sehen, ebenso der frühere Reitschule-Aktivist, der am Ende des Zugs Flugblätter verteilte.

Seine Verteidigerin hatte vor zwei Gerichtsinstanzen verlangt, dass das Video aus den Akten verbannt werden müsse. Das illegal aufgenommene Video verletze die Persönlichkeitsrechte beliebiger Passanten und dürfe nicht als Beweismittel verwertet werden. So eindeutig sei dies nicht, befand das Obergericht. Das Video sei tatsächlich widerrechtlich entstanden, so der Vorsitzende, doch «des Pudels Kern» liege in der Interessenabwägung.

Die unbewilligte Kundgebung – Thema waren die ertrinkenden Flüchtlinge wegen geschlossener Grenzen – habe eine unfriedliche Grundhaltung gehabt. Aus ihrer Mitte seien Vermummte ausgeschwärmt, um Fassaden zu versprayen, danach hätten sie sich wieder unter den Schutz der Menge begeben, sodass die Polizei sie nicht habe kontrollieren können. Auch wer selbst keine Delikte begehe, mache sich mitschuldig, wenn er den Pulk nicht verlasse, sobald solche Taten verübt würden. Der Angeschuldigte müsse die Taten mitbekommen haben und habe sie somit gebilligt. Darum sei er des Landfriedensbruchs schuldig.

Schuldig, aber ohne Strafe

Er war mittels Strafbefehls zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden. Das Regionalgericht Bern-Mittelland bestätigte den Spruch, fällte aber keine Strafe aus, da das Verschulden gering sei. Da nicht die Generalstaatsanwaltschaft den Fall ans Obergericht weiterzog, sondern der Angeschuldigte, gilt für ihn das Verschlechterungsverbot. Oberrichter Schmid deutete an, dass sein Gremium sonst eine härtere Strafe ausgesprochen hätte.

Ein Schuldspruch wäre auch ohne das Video möglich gewesen, fügte er bei. Er gab der Verteidigerin recht, dass die Vorinstanz die Frage der Verwertbarkeit «tatsächlich mutz» abgehandelt habe, auch im schriftlichen Urteil «war die Argumentation nicht ohne weiteres ersichtlich, wenn man das so sagen darf». Das Bundesgericht habe diese Frage so noch nie entschieden. Ob der Berner Fall in Lausanne landet, war am Mittwoch noch unklar. In Zürich kam das Obergericht in einem ähnlichen Fall zum Schluss, dass ein Video verwertbar sei, obwohl an jener Demonstration laut Schmid nicht einmal Straftaten begangen worden waren.