Künstliches Zahngebiss wird mir einer Lupe vergrößert.
Zähneknirschen geschieht unbewusst oder während wir schlafen. Viele Betroffene wissen häufig nicht, warum sie morgens mit Kopfschmerzen aufwachen.
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In so manchem Schlafzimmer wird es nachts laut. Das Knirschen mit den Zähnen kann nicht nur für die Person, mit der man das Schlafzimmer teilt, unangenehm werden. Wer die Zähne aufeinanderpresst und reibt, tut damit seinen Zähnen und seinem Kiefer nichts Gutes. Bruxismus wird das nächtliche Knirschen in der Fachsprache genannt, und die betroffenen Kiefer und Zähne müssen dabei ziemlich was aushalten. Bis zu 81 Kilogramm an Druck können nämlich zustande kommen, wenn Zähne zusammengepresst werden. Kein Wunder, dass die Betroffenen häufig mit Kopfweh, Schmerzen im Nacken und den Kiefergelenken aufwachen.

Dabei kommt Bruxismus aber nicht nur nachts vor. Beim sogenannten Wachbruxismus wird zwar weniger geknirscht, dafür wird der Kiefer während des Tages unbewusst sehr stark angespannt und zusammengepresst. Warum manche Menschen mit den Zähnen knirschen und andere nicht, ist noch nicht vollends geklärt. Klar ist jedoch, dass Stress dabei eine wichtige Rolle spielt. Zahnärztin und Buchautorin Anne Heinz aus Wandlitz in Deutschland erklärt: "Zähneknirschen ist eine multikausale Sache. Es gibt mehrere Ursachen, warum es entsteht. Klar ist jedoch: Wer Stress hat und keine Strategien findet, ihn gut zu verarbeiten, muss ihn irgendwie anders loswerden." Manche knabbern an den Fingernägeln, andere knirschen eben mit den Zähnen. Aber auch genetische Faktoren wie Störungen verschiedener Botenstoffe im Gehirn oder die Refluxkrankheit werden als Ursache genannt.

Einschlafrituale für entspannteren Schlaf

Um schnell etwas gegen das Zähneknirschen zu unternehmen, gibt es Zahnschienen, die zumindest verhindern, dass die Zähne zu Schaden kommen. "Bei der Zahnärztin oder beim Zahnarzt wird ein Abdruck von den Zähnen genommen, und beim nächsten Termin kann man die Schiene auch gleich mit nach Hause nehmen. Sie verhindern allerdings nicht, dass sich das Kiefer nachts verspannt. Das kann nur durch spezielle Anti-Knirsch-Schienen gewährleistet werden", sagt die Zahnärztin. Diese sind aber teurer und aufwendiger in der Herstellung. Sie rät dazu, zusätzlich noch das Problem an der Wurzel zu packen. "Natürlich ist es utopisch zu denken, man könne den Stress komplett vermeiden. Aber wer abends entspannter schlafen geht, kann schon viel erreichen." Sie empfiehlt Meditation oder andere Entspannungstechniken, um abends zur Ruhe zu kommen.

Aber nicht nur Erwachsene knirschen mit den Zähnen. "In meiner Praxis behandle ich auch immer mehr Kinder mit diesem Problem. Den Eltern empfehle ich dann immer eine Stunde vor dem Schlafengehen bereits auf Fernsehen, Tablet oder Handy zu verzichten." Einschlafrituale können dann bereits bei den Kleinen für einen ruhigeren Schlaf sorgen. Heinz sagt: "Wenn man sein Kind kurz vor dem Schlafengehen noch fragt, welche drei Dinge heute besonders schön waren, dann kann es mit diesem positiven Gefühl einschlafen. Wer hingegen abends noch Probleme im Bett bespricht, nimmt diese automatisch mit in die Nacht hinein."

"Mit den Zähnen knirschen ist für die Zähne wie ein Marathon für unsere Beine."

Aber woher weiß man eigentlich, dass man selbst oder das eigene Kind mit den Zähnen knirscht? Bei den Kindern ist es laut der Expertin ganz einfach: "Eltern hören es, wenn ihre Kinder mit den Zähnen knirschen." Aber auch wenn das Kind mit Kopfschmerzen aufwacht oder über Rückenschmerzen klagt, könnte ein Anspannen des Kiefers in der Nacht dafür verantwortlich sein. Diese Anzeichen sollten auch Erwachsene ernst nehmen. Denn wer allein schläft, merkt nicht sofort, dass er oder sie nachts Geräusche macht. "Aber ständige Kopfschmerzen nach dem Aufwachen oder Nackenschmerzen könnten ein Indiz sein", sagt Heinz. Der Zahnarzt oder die Zahnärztin kann zusätzlich durch Abtasten der Kaumuskulatur feststellen, ob diese besonders ausgeprägt ist. "Wenn der große Kaumuskel, der über den Kiefer ragt, beim Zubeißen sehr hart wird, dann kann es gut sein, dass die Person nachts knirscht." Natürlich sehen Fachleute auch an den Zähnen, wenn sie ständig aufeinander gerieben werden.

Fehldiagnosen wegen unklarer Schmerzen

Neben den Zähnen, die ständig abgeschmirgelt werden, kann Bruxismus auch beim Kiefer zu Problemen führen. Die Zahnärztin sagt: "Mit den Zähnen knirschen ist für die Zähne wie ein Marathon für unsere Beine. Und das Gleiche gilt für den Kiefer." Wer gesunde Zähne und einen gesunden Kiefer hat, kann Zähneknirschen eine Zeitlang unbeschadet überstehen. Bei Zahnfehlstellungen kann Bruxismus aber langfristig zu Problemen führen. Das Gleiche gilt für den Kiefer. Zuerst wird die Muskulatur überbeansprucht, dann das Kiefergelenk, und irgendwann wird auch der Knochen in Mitleidenschaft gezogen. Die Diagnose ist dabei nicht immer ganz einfach: "Es kann passieren, dass diese Überbelastungssymptome von Zahnärzten und Zahnärztinnen fehlinterpretiert werden. Manchmal werden dann Wurzelkanalbehandlungen an Zähnen durchgeführt, die völlig in Ordnung sind, weil die Patientinnen und Patienten starke Schmerzen haben." (Jasmin Altrock, 7.9.2023)

Buchcover vom Buch
Das Buch "Brush Hour – Warum Gesundheit im Mund beginnt" von Anne Heinz ist bei Piper erschienen.
Piper