John Lewis-Stempel: „Das geheime Leben der Eule"

    Lautlose Jägerin in dunkler Nacht

    06:11 Minuten
    John Lewis-Stempels Buch "Das geheime Leben der Eule". Das Cover zeigt eine eine in weißen Umrissen auf blauem Grund gezeichnete Eule mit weit ausgebreiteten Flügeln.
    © DuMont

    John Lewis-Stempel

    Aus dem Englischen von Sofia Blind

    Das geheime Leben der EuleDuMont, Köln 2022

    112 Seiten

    20,00 Euro

    Von Susanne Billig · 09.01.2023
    Audio herunterladen
    Zweibeiniger Schaukelgang, große Augen und ein breiter Kopf: Der Naturschriftsteller John Lewis-Stempel widmet sich in seinem neuen Buch der Kulturgeschichte der Eulen – unseren instinktiven Doppelgängern.
    Quer durch die Zeiten hatten Menschen zu Eulen ein ganz besonderes Verhältnis, erzählt der preisgekrönte Naturschriftsteller John Lewis-Stempel in seinem neuen Buch „Das geheime Leben der Eulen“. Auf wenig mehr als hundert Seiten zitiert er Eulen-Gedichte und Eulen-Mythen, erzählt aus der Biologie der scheuen Tiere und fügt eigene Beobachtungen hinzu.

    Vogel mit Menschengesicht

    Warum scheinen Eulen so besonders zu sein? Es liegt an der genetischen Prägung des Menschen, weiß der Autor: Mit ihrer aufrechten Haltung, dem zweibeinigen Schaukelgang, den großen Augen und dem breiten Kopf sehen Eulen uns ähnlich. „Das ist ein Instinkt“, betont der Autor. „Wir sind genetisch auf die Anteilnahme am Schicksal unserer Doppelgänger programmiert. Es ist dieses menschenähnliche Gesicht, auf das wir hereinfallen.“
    Eine Schleiereule mit braunen Federn am Körper und weißen Federn im Gesicht blickt neugierig über ihre Schulter
    Verblüffend menschliche Züge: Die Eule ist unsere Doppelgängerin in der Welt der Vögel.© Unsplash / Joshua J. Cotten
    Nur drei Prozent aller Vögel sind nach Sonnenuntergang noch unterwegs. Dazu gehören die meisten der 200 Eulenarten. Und weil Menschen eher nachts sterben als am Tag, huschen Eulen signifikant häufiger durchs Bild, wenn gerade jemand gestorben ist. Aus Korrelation wurde Ursache – und die Eule zur weisen Seherin um letzte Dinge, um Leben und Tod.

    Weisheit der Eulen-Biologie

    Unterhaltsam fließt der Text dahin und von der Eule als Weisheitssymbol zur Weisheit der Eulen-Biologie ist es bei John Lewis-Stempel nur ein müheloser Schritt. Eulen verschlingen ihre Beutetiere in einem Riesenhappen, erzählt er begeistert. Was sie verdauen können, wandert in ihren Darm, während die unverdaulichen, scharfkantigen Knochen in ihrem Magen von einem Fellhaar-Polster umschlossen werden.

    Abonnieren Sie unseren Weekender-Newsletter!

    Die wichtigsten Kulturdebatten und Empfehlungen der Woche, jeden Freitag direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

    Vielen Dank für Ihre Anmeldung!

    Wir haben Ihnen eine E-Mail mit einem Bestätigungslink zugeschickt.

    Falls Sie keine Bestätigungs-Mail für Ihre Registrierung in Ihrem Posteingang sehen, prüfen Sie bitte Ihren Spam-Ordner.

    Willkommen zurück!

    Sie sind bereits zu diesem Newsletter angemeldet.

    Bitte überprüfen Sie Ihre E-Mail Adresse.
    Bitte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung.
    „In dieser Phase des Verdauungszyklus kann die Eule nicht fressen, weil das Gewölle ihren Magen blockiert“, so der Autor. Sobald die Eule wieder jagdbereit ist, schließt sie die Augen, streckt den Hals vor und würgt das Haar-Schleim-Knochen-Bällchen aus ihrem Schnabel. Furchtlose Ornithologen beugen sich darüber und ziehen Schlüsse über die Eulenarten und deren Speisezettel in einem Gebiet.

    Strahlend weiße Schleiereule

    In einem der schönsten Kapitel des Buches stellt John Lewis-Stempel alle einheimischen Arten vor: Die strahlend weiße Schleiereule, die mit ihrer Flügelspannweite von fast einem Meter ein riesiges Revier überfliegt, ohne das geringste Geräusch. Den noch etwas größeren Waldkauz, der mit seinem lohbraun geflammten Gefieder den Stämmen und Ästen seiner waldigen Heimat ähnelt.
    Die Sumpfohreule, die Feuchtgebiete liebt und in einem einzigen Jahr 6000 Wühlmäuse verschlingen kann. Und natürlich den Uhu, mit einen vier Kilogramm Körpergewicht ein Riese unter den Eulen. Um sein stattliches Gewicht zu halten, frisst er alles, was aus Fleisch besteht, von Kleinstinsekten bis zu Rehkitzen.

    Hochspannungsleitungen bringen den Tod

    Seit mehreren Millionen Jahren leben Eulen in Europa. Die Zerstörung ihrer Lebensräume, aber auch Hochspannungsleitungen gefährden sie stark.
    Schwierige ökologische Themen spart John Lewis-Stempel in seinem Buch zwar weitgehend aus – doch er wird wissen, warum er es mit einer Liste der wichtigsten europäischen Eulenschutzorganisationen beschließt.
    Mehr zum Thema