Frau Sima wünscht sich einen Wald aus der Retorte

Ulrike Sima
Ulrike Sima(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
  • Drucken

Wien-Donaustadt hat zu wenig Wald, diagnostiziert die Umweltstadträtin. Und will bis zu zehn Quadratkilometer aufforsten.

Was gibt es in Wien-Donaustadt zur Genüge? Richtig, Platz. 56 Prozent des größten Bezirks der Stadt sind Grünflächen, nur in Hietzing und Penzing ist ihr Anteil höher. Aber was gibt es in Wien-Donaustadt kaum? Richtig, Wald.

Zumindest, wenn man es wie Umweltstadträtin Ulrike Sima (SPÖ) sieht und kurzerhand einmal Wiens zweitgrößte durchgehende Waldfläche nach dem Wienerwald ignoriert: „Wenn man die Wälder der Lobau abrechnet, bleibt für die Donaustadt ein Waldanteil von nur rund drei Prozent“, heißt es in einer Aussendung Simas vom Montag.

Dass die Stadträtin da die 2300 Hektar große Lobau recht nonchalant unter den Tisch fallen lässt – mit ihr läge der Waldanteil des 22. bei mehr als einem Viertel und somit im Spitzenfeld der Wiener Bezirke – mutet zwar etwas seltsam an, unterstützt aber ihr Argument: „Wien, insbesondere die Donaustadt, braucht langfristig gesehen neue Großerholungsgebiete.“ Denn nicht nur gebe es zu wenig Baumgrün in der Donaustadt, auch gelte es angesichts der wachsenden Bevölkerung der Stadt, die bisherigen Naherholungsgebiete – Bisamberg, Wienerwald, Lobau und Lainzer Tiergarten – zu entlasten. (Dass deren Besucherzahlen nicht exakt erfasst werden, sich die Auslastung also nur schwer festmachen lässt, sei nur am Rande erwähnt.)

Praktischerweise hat Sima schon einen Lösungsvorschlag parat: Ein neuer Wald muss her. Weswegen Sima gemeinsam mit dem Donaustädter Bezirksvorsteher Norbert Scheed (SPÖ) am Montag eben das Projekt „Wienerwald Nordost“ aus der Taufe gehoben hat: Östlich von Breitenlee, an der Grenze zu Niederösterreich, soll ein bis zu zehn Quadratkilometer großer Wald entstehen – also in etwa der dreifachen Größe des ersten Bezirks –, so die Vision der Stadträtin. Als geeignete Fläche hat Sima die Felder zwischen der Breitenleer Straße im Süden, der Stadtgrenze und der S2 im Norden ausgemacht, Ausläufer des Waldes könnten im Westen bis nach Hirschstetten und im Süden bis zur Seestadt Aspern reichen – was das neue Naherholungsgebiet dann auch an die in den nächsten Jahren zu verlängernde U2 anschließen würde.

Mit der Schaffung dieses Waldes – einen Zeithorizont an- oder gar eine Kostenschätzung abgegeben hat Sima nicht, ihre Sprecherin war am Montag nicht für die „Presse“ erreichbar – solle nicht nur Erholungsraum entstehen, sondern auch das städtische Klima verbessert werden.

Ganz neu ist Simas Idee freilich nicht: Schon 1994 hatte der Gemeinderat einen Stadtentwicklungsplan verabschiedet, der den sogenannten „1000-Hektar-Plan“ enthielt. Dieser umfasste unter anderem, bestimmte Zonen am Stadtrand zum Ausbau städtischen Grünraumes vorzusehen und von der Stadtentwicklung auszunehmen – schon damals wurde jenes Gebiet, das Sima nun aufforsten möchte, dazu ausgewiesen, „den Wald- und Wiesengürtel rund um Wien zu schließen“.

Die ursprüngliche Idee dieses Grüngürtels rund um die Bundeshauptstadt entstand überhaupt noch viel früher: 1904 hatte der christlichsoziale Bürgermeister Karl Lueger einen Erlass herausgegeben, mit dem Wiesen und Wälder rund um das Stadtgebiet unter Schutz gestellt wurden – „zur dauernden Sicherung der Gesundheitsverhältnisse unserer Stadt sowie zur Erhaltung des landschaftlich schönen Rahmens“. Was wieder ganz nach Sima klingt.

E-Mails an: georg.renner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.