Agrarförderungen

Köstinger stellt AK- und NGO-Kritik in Abrede

Elisabeth Köstinger stellt  Kritiken in Abrede
Elisabeth Köstinger stellt Kritiken in AbredeAPA/HANS PUNZ
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Gelder für soziale Dienstleistungen im ländlichen Raumsollen massiv gekürzt werden, befürchtet die Arbeiterkammer.  Der Fokus auf Frauen am Land, etwa Kinderbetreuung, wird ausgebaut, kontert die Agrarministerin.

Die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU ist ein sehr großer Budgetposten der Union. In der neuen Periode bis 2027 wird auf nationale Strategiepläne gesetzt. Diese sind von den Mitgliedsstaaten der EU-Kommission vorzulegen und zu genehmigen. In Österreich laufen die letzten Arbeiten dafür. Schon kommt neben Kritik von NGO auch von der AK Tadel - an möglichen Einsparungen bei sozialen Diensten am Land. Agrarministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) stellte die Kritiken in Abrede.

Am Montag hat ein virtueller und letzter Stakeholder-Dialog zum GAP-Strategieplan stattgefunden. Dort analysierten Expertinnen und Experten bestimmte Vorhaben und diskutierten mit der Landwirtschaftsministerin. Bei der Veranstaltung handelte es sich um das offizielle Ende des Öffentlichkeitsbeteiligungsprozesses der GAP. "Das Ergebnis des Öffentlichkeitsprozesses fließt in die finalen, politischen Verhandlungen ein", so Köstinger. "Sehr viele finale Entscheidungen stehen noch an." Fix sei, dass der nationale Strategieplan "ab 2023 das zentrale agrarpolitische Instrument in Österreich" sein werde. "Damit wollen wir den Bäuerinnen und Bauern Planungssicherheit geben."

Ziele des Green Deal gefährdet

In den vergangenen Monaten wurde die bisherigen Pläne von NGO wie BirdLife Österreich, Global 2000, Österreichische Berg- und Kleinbäuerinnen Vereinigung und weiteren kritisiert. Mindestens sechs von acht untersuchten Zielen des Europäischen Green Deal würden mit den bisher geplanten Maßnahmen des österreichischen GAP-Strategieplans bis 2030 nicht oder nur sehr unwahrscheinlich erreicht werden, hieß es zuletzt. Die Umwelt-NGO und bäuerlichen Organisationen fordern in ihrem 33-seitigen GAP-Check "grundlegende Korrekturen bei klimaschädlichen Investitionsförderungen, höhere Förderungen der Bio-Landwirtschaft und gerechte Verteilung der Direktzahlungen zum Erhalt kleiner Höfe".

Die Arbeiterkammer (AK) brachte nun neu aufs Tapet, dass Ministerin Köstinger die derzeit existierende Fördermaßnahme "Investitionen in soziale Dienstleistungen" sowohl inhaltlich als auch finanziell stark reduzieren wolle. Demnach solle das 7-Jahres-Förderbudget von derzeit 235,4 Millionen Euro auf 55 Millionen Euro gekürzt werden - ein Minus von 77 Prozent. Die AK kritisiert, dass es dafür "keinerlei sachlichen Grund und keine budgetären Zwänge" gebe: "Im Gegenteil, die Agrarförderungen in diesem Programm werden ausgebaut und erhalten höhere Zuwendungen." "Investitionen in soziale Dienstleistungen" schaffen laut der AK mehr Lebensqualität. Obwohl immer wieder betont werde, wie wichtig eine gute soziale Infrastruktur im ländlichen Raum sei, handle die Ministerin nicht danach - obwohl sie dies könnte, kritisiert die AK.

Köstinger betonte in ihrem Referat vor der Stakeholder-Diskussion, dass die geplanten Maßnahmen bei den sozialen Maßnahmen in den vergangenen Monaten intensiv diskutiert worden seien - mit Experten und Gemeinden. "Für sehr viele stehen vor allem junge Frauen und Frauen an oberster Stelle, um deren Zukunft im ländlichen Raum attraktiv zu gestalten und ihnen Perspektiven zu bieten. Hier steht Kinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren im Fokus, das ist bisher so gut wie gar nicht ausgebaut im ländlichen Raum." Ein Sprecher hatte zuvor auf Anfrage mitgeteilt: "Die detaillierte, budgetäre Aufteilung ist Teil der laufenden politischen Verhandlungen. Im Bereich der sozialen Dienstleistungen wird es eine Fokussierung auf die Förderung von Investitionen für die Kinderbetreuung im ländlichen Raum geben."

Bei der Veranstaltung sagte Andrea Pufahl vom deutschen Thünen-Institut für ländliche Räume, dass laut ihrer Analyse der bisherigen Pläne 46 Prozent der milliardenschweren Mittel in den einkommensorientierten Bereich gehen sollen - also etwa in Direktzahlungen und die Ausgleichszulage. 33 Prozent sollen in den umweltorientierten Part gehen wie etwa die Ökoregelung und das ÖPUL-Programm. 13 Prozent gingen derzeit in nicht produktive Investitionen wie Bildung, Beratung und Zusammenarbeit, klimafreundliche Mobilität und Ähnliches. 8 Prozent gingen in produktive Investitionen wie Existenzgründungen und landwirtschaftliche Investitionen.

Köstinger strich unter vielen weiteren Punkten hervor, dass die EU für die heimische Landwirtschaft einen guten Rahmen biete. Man dürfe nicht vergessen, wie unterschiedlich die Agrarinteressen der einzelnen Mitgliedsstaaten aufgrund ihrer Strukturen sei. Ihr liege eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Landwirtschaft am Herzen. Zentraler Leitgedanke im Strategieplan seien auch Innovationen und deren Förderung. Das ÖPUL-Programm werde maßgeblich aufgestockt. "Eine Kombination der zweiten Säule (Ländliche Entwicklung) mit den Ökoregelungen der ersten Säule (Direktzahlungen) schafft Kohärenz", so die Politikerin. Konventionelle Landwirtschaft solle ökologischer werden. Die Förderung der Bio-Landwirtschaft werde künftig nach einem Leistungsprinzip abgegolten. Es stimme nicht, dass Bio-Programme gekürzt werden, sagte sie in Richtung kritischer NGO.

Bio Austria fordert Korrekturen

Der Verband Bio Austria kritisierte nach der Veranstaltung am Montag, dass es zu keinen Nachbesserungen gekommen sei. Mit dem neuen Zugang zur Förderung des Biolandbaues werde "die Bio-Landwirtschaft für bestehende und künftige Biobäuerinnen und Biobauern abgewertet, was mit dem erklärten politischen Ziel einer Stärkung der Bio-Landwirtschaft, wie im Regierungsprogramm festgehalten, nicht in Einklang zu bringen ist. Wir erwarten uns daher, dass die notwendigen Korrekturen in den nun folgenden politischen Verhandlungen auf Regierungsebene umgesetzt werden", so Obfrau Gertraud Grabmann in einer Aussendung.

Von der Landwirtschaftskammer hieß es, dass Österreich bereits einen so hohen Anteil an Ausgleichszahlungen für Umweltleistungen habe, wie kein anderes Land der EU und weltweit. Über 80 Prozent der bäuerlichen Betriebe würden am Agrarumweltprogramm ÖPUL teilnehmen "und bekommen etwa für besonders biodiversitätsfördernde Maßnahmen Prämien. Mit 26 Prozent der Nutzfläche sind wir außerdem bereits mit großem Abstand Bioweltmeister."

Bis 18. November konnten Stellungnahmen zum heimischen GAP-Strategieplan ans Landwirtschaftsministerium geschickt werden. Demzufolge starteten die öffentlichen Konsultationen im Jänner 2020. Insgesamt arbeiteten 14 Expertengruppen und 16 Unterarbeitsgruppen am Plan. Rund 200 Mitglieder aus den Bereichen Bundes- und Landesverwaltungen, andere öffentliche Institutionen, Wirtschafts- und Sozialpartner, Interessensvertretungen, Branchenverbände, NGO, Wissenschaft und so weiter seien eingebunden. Köstinger betonte heute, dass man sich seit gut zwei Jahren konsultiere und Wert auf Transparenz lege sowie möglichst viele Stimmen zu hören.

(APA)

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