Ingolstadt
"Eigentlich ist schnurzegal, wer zu uns kommt"

06.12.2010 | Stand 03.12.2020, 3:23 Uhr

"Vorher sind wir gerne mal in Schönheit gestorben", sagt Malte Metzelder (links). Gemeinsam mit Sascha Kirschstein und Andreas Buchner (rechts) baut er inzwischen auf solide Defensivarbeit. - Foto: Eibner

Ingolstadt (DK) Natürlich war er als Torschütze nach dem Spiel ein gefragter Mann. Da störte es Malte Metzelder auch nicht, dass er sich während der Partie beim alten und neuen Tabellenführer Erzgebirge Aue die Lippe aufgeschlagen hatte.

Am Spielfeldrand, im offenen, schneebedeckten Interview-Bereich des Erzgebirgsstadions sprach der 28-jährige Mittelfeldabräumer des FC Ingolstadt wenige Minuten nach den 90 intensiven Spielminuten in aller Ruhe über seinen Kopfballtreffer zum 1:0 (83.), den Ärger über den späten Ausgleich (86.) und warum dieses 1:1 dennoch den Aufwärtstrend der Ingolstädter bestätigte.

Sachlicher Konter

So wurde Metzelder gleich einmal mit der Aussage konfrontiert, Aue-Keeper Martin Männel habe sich bei seinem Kopfballtreffer über die regelwidrige Torwartbehinderung beklagt. "Von wem soll er behindert worden sein", wollte Metzelder wissen. "Von ihnen", konterte der Fernsehreporter. "Das kann ich nur verneinen", blieb der Ingolstädter sachlich. "Ehrlich gesagt, wundert mich das auch ein bisschen." Wenig später gab Männel in einem anderen Interview dann zu, dass der Treffer in der 83. Minute wohl auf sein zögerliches Herauslaufen zurückzuführen war.

Ruhe bewahren, realistisch mit der aktuellen Situation umgehen und zugleich an die eigene Stärke glauben. Was Metzelder frierend mit einer dünnen Decke über den Schultern in der Mixed-Zone vormacht, spiegelt die neue Sachlichkeit beim FC Ingolstadt wider. Diese nüchterne Zielorientierung, die mit Neu-Trainer Benno Möhlmann Einzug gehalten hat, ist immer wieder spürbar.

Der 56-Jährige – so der Eindruck nach vier Wochen – mag keinen unnötigen Firlefanz. Möhlmann hat seine vom Abstieg bedrohte Mannschaft lieber an die grundlegenden Dinge im Fußball erinnert. "Wenn die Basisdinge stimmen und wir gut stehen, dann sind die Unterschiede in der Zweiten Liga nicht mehr so groß", sagt der Trainer-Routinier. Prompt punktet der FC Ingolstadt wieder. Nach einer Auftakt-Niederlage gab es zuletzt zwei Siege und ein Unentschieden beim mittlerweile seit 23 Heimspielen ungeschlagenen Tabellenführer. "Die Spieler haben inzwischen den Glauben, dass sie in der Liga gut mithalten können", sagt Möhlmann. Metzelder bekennt sich zur Effektivität. "Es ist nicht entscheidend, ob man spielerisch die bessere Mannschaft ist", sagt er. "Vorher sind wir gerne mal in Schönheit gestorben und haben dann hinten die Hütte voll bekommen."

Zu viele lange Bälle

In Aue dauerte es allerdings ein Halbzeit, bis sich die Ingolstädter gegen die robust auftretenden Gastgeber so etwas wie Spielkontrolle erarbeitet hatten. Gerade im Spiel nach vorne lief zunächst wenig zusammen, weil die beiden Spitzen Moritz Hartmann und Stefan Leitl immer wieder mit hohen Bälle angespielt wurden. Gegen die Auer-Abwehr-Hünen "hatten wir deshalb Probleme, die Bälle zu behaupten", gab 1,78-Meter-Mann Leitl nachher zu.

Dass dennoch nichts anbrannte, lag an der Ingolstädter Defensive, die mit zwei kleineren Ausnahmen alle Angriffe der Gastgeber entschärfen konnte. "Es ist wichtig für uns zu sehen, dass es nicht bei jedem Konter gegen uns gleich gefährlich wird", beschreibt Metzelder das neue Selbstbewusstsein auf dem Platz. "Insofern haben wir sicher Fortschritte gemacht." Auch Trainer Möhlmann sieht das so. "Wir haben in Aue den Trend fortgesetzt, dass wir zu einer vernünftigen Spielweise finden", sagt er. Trotzdem steht sein Team weiterhin auf dem 17. Tabellenplatz, weshalb dieser Prozess für den Trainer noch lange nicht abgeschlossen ist. "In unserer Situation werden wir das mit den Lobhudeleien noch ein wenig zurückstellen", sagt Möhlmann wie selbstverständlich. "Sicher werden wir auch intern ansprechen, wenn sich einige Spieler gut verhalten haben. Aber das müssen wir nicht jedes Mal an die große Glocke hängen, schließlich haben wir noch einen weiten Weg vor uns."

Der führt die Ingolstädter am kommenden Sonntag (13.30 Uhr) in das mit Spannung erwartete Derby gegen den TSV 1860 München. "Da weht mit Sicherheit nochmal eine andere Luft", freut sich Metzelder auf die vermutlich ausverkaufte Partie. Das Wesentliche verliert er deshalb trotzdem nicht aus den Augen. "Beim Blick auf die Tabelle ist klar, dass wir weiter Punkten müssen. Eigentlich ist es schnurzegal, wer da zu uns kommt."