Ingolstadt
Turnier im Turmzimmer

15.05.2011 | Stand 03.12.2020, 2:49 Uhr

Von der Antike zur Gegenwart: Steffen Rebhan (oben links) ließ sich von der Legio III Italica-Concors – unterstützt von einem jungen Besucher – als römischer Standartenträger ausstaffieren. Im Stadtmuseum (unten links) half Museums-Pädagogin Monika Schierl Nachwuchsritter Leonhard in den Helm. Im Alf Lechner Museum gab es Zeitgenössisches zu bestaunen. - Fotos: Rössle

Ingolstadt (DK) Etwas regnerisch und mit ungemütlich niedrigen Temperaturen kam das Wetter gestern in Ingolstadt daher. Perfekte Bedingungen für den Internationalen Tag der Museen. Einzig die Römer der Legio III Italica-Concors mussten kurzfristig umdisponieren.

Eigentlich hätten die Legionäre ihr Lager gerne auf der Wiese vor dem Stadtmuseum aufgeschlagen, zogen sich dann mit ihren Waffen und Rüstungen aber lieber in die Frühgeschichtsabteilung des Museums zurück. Rostschutz war in der Antike schließlich noch unbekannt.

Im Barockbereich am anderen Ende des Museums wurde zu diesem Zeitpunkt schon getanzt. Kinder mit selbst gebastelten Fächern drehten sich zur live gespielten Flötenmusik im Kreis. Drei Schritte nach vorn, drehen, fertig ist das Menuette. Die neunjährige Juliane war sogar in ein stilechtes, goldenes Kleid mit roten Glasherzen gewandet. Das fand sie zwar "schon schön", aber leben wollte sie im Barock trotzdem nicht. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass man sich damals kaum gewaschen hat. Juliane findet nämlich, dass das Parfüm, das stattdessen in rauen Mengen aufgetragen wurde, eher "ziemlich stinkt" als angenehm duftet, wie sie sich bei einem Riechtest überzeugen konnte.

Ähnlich ging es dem gleichaltrigen Philipp, der in seinem weit geschnitten Hemd ebenfalls recht schick aussah. "Aber die Perücke juckt", hat er festgestellt und sie gleich wieder abgenommen. Tatsächlich gehörten Flöhe im 17. Jahrhundert quasi zur Grundausstattung der feinen Herrschaften. Schon eher nach dem Geschmack der beiden Kinder war das Marzipan und die Limonade, die man sich im Barock an den Höfen schmecken ließ und gestern zum Abschluss der Führung im Stadtmuseum gereicht wurden.

Auch das Ritterleben ist nicht ganz so romantisch wie man glauben könnte. Das stellten die jungen Besucher des Armeemuseums im Neuen Schloss fest. In lange Gewänder gehüllt, durfte jeder einmal einen Ritterhelm probieren. Schwer und unhandlich ist die Kopfbedeckung – und man muss die Ohren anlegen, um das Ding überhaupt aufsetzen zu können. Die Sicht durch den Sehschlitz ist ziemlich eingeschränkt, was beim Turnier durchaus hinderlich sein kann.

Bei ihrem eigenen Ringelstechen verzichteten die Kinder deswegen auf den Kopfschutz und galoppierten lieber unbelastet auf ihren Steckenpferden und mit langen Lanzen bewehrt durch das Turmzimmer im Neuen Schloss. Anschließend durften sie mit Handschuhen noch ein beeindruckend schweres Originalschwert aus dem Mittelalter halten, bevor es zum gemeinsamen Basteln einer Ritterburg ging. "Super, ein Museum zum Anfassen", lobte Rolf Feige aus Geisenfeld, der mit seiner Tochter und seiner Frau gekommen war.

Moderne Kunst der Gegenwart bekamen die Besucher im Alf-Lechner-Museum erklärt. "Der Künstler lässt die Natur das Material bemalen", erklärte Maria Luisa Görge den Besuchern. Der Rost, der Römer und Ritter so schreckt, ist hier sehr willkommen.