Neuburg
"Wir lassen uns nicht abspeisen"

Vor Tarifverhandlungen morgen in Bielefeld: Neuburger Faurecia-Mitarbeiter streiken erneut

10.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:55 Uhr
Katrin Kretzmann
Rund 170 Beschäftigte der Nachtschicht legten in der Nacht auf Samstag um kurz nach Mitternacht die Arbeit bei dem Autositzhersteller in Neuburg nieder (oben). Bereits am vergangenen Montag trat nahezu die gesamte Früh- und Spätschicht des Faurecia-Werks in der Grünauer Straße in den Warnstreik (unten). −Foto: Kretzmann/Schneider

Neuburg (DK) Nachdem nahezu die gesamte Früh- und Spätschicht am vergangenen Montag die Arbeit niedergelegt hatte, ist am Samstag auch die Nachtschicht bei Faurecia in Neuburg in den Warnstreik getreten. Mit Fahnen, Transparenten und lauten Pfiffen unterstrichen die rund 170 Mitarbeiter kurz nach Mitternacht die Forderungen der IG-Metall an die Textilindustrie für die anstehenden Tarifverhandlungen am morgigen Dienstag.

Fünfeinhalb Prozent mehr Lohn auf ein Jahr, bessere Bedingungen für die Altersteilzeit und eine Wahloption bei der Arbeitszeit - das fordert die Gewerkschaft IG Metall für die rund 100000 Beschäftigten, darunter etwa 20000 in Bayern, des Industriesektors. Das bisherige Angebot auf Arbeitgeberseite - neben Einmalzahlungen für sechs Monate sowie eine zweimalige Erhöhung des Einkommens auf 1,7 Prozent - sind laut Vertrauenskörper-Leiter Lourenco Da Cunha Schierl "lächerlich und minderwertig". Das Angebot liege sogar unterhalb der Inflationsgrenze von 1,9 Prozent. "Wir müssen zeigen, dass wir miteinander bereit sind, für unser Geld zu kämpfen", betonte Schierl.

"Es wird keine einfache Sache", sagte Betriebsratsvorsitzender Werner Alpert, der morgen mit am Verhandlungstisch in Bielefeld sitzen wird. Man wolle das Angebot auf Arbeitnehmerseite nicht annehmen, sondern "wir müssen weiter für unsere Forderungen kämpfen und ein besseres Ergebnis erzielen". Neben mehr Lohn sei auch eine neue Regelung der Altersteilzeit zwingend notwendig. "Wir haben in den Betrieben keine junge Mannschaft mehr." Die meisten Mitarbeiter seien im Alter zwischen 55 und 60 Jahren und seit der Errichtung des Werks in Neuburg vor 34 Jahren dort beschäftigt. "Und genau diejenigen, die hier und auch in der gesamten Textilindustrie jahrelang gearbeitet haben, sollen nicht arm in den wohlverdienten Ruhestand gehen und weiterhin vernünftig leben können", betonte Alpert.

Morgen steht die dritte Verhandlungsrunde bevor "und damit sind wir eigentlich am Ende der Fahnenstange angelangt", sagte der Gewerkschaftssekretär der IG Metall in Ingolstadt, Christian Daiker. Ein Ergebnis zu erzielen, werde schwierig, "aber unsere Forderungen sind angemessen und mit 1,7 Prozent lassen wir uns hier nicht abspeisen". Von Arbeitgeberseite sei ein Paket angeboten worden, "das wir so nicht akzeptieren können". Man wisse um die wirtschaftlichen Risiken und Probleme, nicht zuletzt um die Krise in der Automobilindustrie, "aber in der Branche heißt es nach wie vor Gewinn und Wachstum". So werde in vielen Betrieben nicht von Verlusten, sondern von "geringeren Gewinnmargen gesprochen". Und davon müssten die Arbeitnehmer etwas abbekommen. "Da muss einfach mehr her", formulierte Daiker abschließend die Botschaft gegenüber der Neuburger Werksmitarbeiter, mit der die Gewerkschaft IG Metall morgen an den Verhandlungstisch in Bielefeld treten will. "Und wenn nichts rauskommt, sehen wir uns eben bald wieder."

Insgesamt sind bei dem Autositzhersteller in Neuburg etwa 640 Mitarbeiter beschäftigt, hinzu kommen noch einmal rund 170 Angestellte in der Entwicklung. Derzeit werden bei dem Automobilzulieferer in der Grünauer Straße rund 1300 Sitzgarnituren pro Tag gefertigt. Das soll im März auf etwa 1000 gedrosselt werden.

Katrin Kretzmann