300 Liter Regen fehlen
„Manche Brauerei wird verschwinden“: Bedrohte Hopfenernte in Spalt

25.08.2022 | Stand 25.08.2022, 20:53 Uhr

Zwischen Hopfengarten, weiterverarbeitenden Maschinen und Aussichten auf schlechte Ernteerträge: der Spalter Hopfenpflanzerverbandschef Friedrich Kolb (links), Geschäftsführer Wolfgang Jank (rechts), die Haunstettener Hopfenkönigin Nadine Meyer und ihre Spalter Amtskollegin Stefanie Pschera (mit Schärpen von links) mit Pflanzer Werner Krieglmeier und HVG-Chef Frank Braun (von links). Foto: Leykamm

Von Jürgen Leykamm

Hoffentlich ist dies kein schlechtes Zeichen für weitere Dürrejahre: Als Wolfgang Jank beim Pressegespräch zur diesjährigen Hopfenernte im Spalter Anbaugebiet zum Wasserglas greift, zerbricht dies in die sprichwörtlichen tausend Stücke. Der Geschäftsführer des hiesigen Pflanzerverbands bleibt zwar unverletzt, doch dessen Mitglieder klagen umso mehr über die zu erwartenden schwachen Erträge.



So kam es am Mittwoch beim Pressetermin auf dem Hof von Werner Krieglmeier im Beilngrieser Ortsteil Wiesenhofen zur Sprache. Mit seinem Betrieb ist Krieglmeier eigentlich eine Ausnahmeerscheinung des Spalter Anbaugebiets ist, das von Hersbruck bis in den Kindinger Raum reicht. Verfügt der Wiesenhofener Pflanzer doch über eine Anbaufläche von 56 Hektar. Das ist mehr als das Sechsfache des durchschnittlichen Werts im Spalter Anbaugebiets und knapp das Dreifache des deutschlandweit üblichen Werts. Ebenfalls statistisch auffällig ist, dass in der Anbauregion Spalt immer weniger Hopfenbauern (derzeit noch 44) eine immer größer werdende Gesamtfläche bewirtschaften (410 Hektar).

Mindestens drei Dinge haben die heimischen Hopfenbauern gemeinsam: Es handelt sich durch die Bank um Familienbetriebe. Sie befinden sich gerade mitten in der Ernte der frühen und damit der für Spalt existenziell wichtigen hochfeinen Aromahopfensorten. Und sie müssen mit einem betriebswirtschaftlichen Einbruch rechnen. „Letztes Jahr konnten wir uns über sehr hohe Niederschläge und Ernterekordwerte freuen – heuer ist das leider völlig anders“, so Jank. „Uns fehlen 300 Liter Niederschlag“.

Jank spricht sogar von einer negativen Wasserbilanz: Es sei mehr Wasser verdunstet als vom Himmel gefallen. Eine positive Abweichung vom langjährigen Mittel habe es zwar noch im August gegeben, als wenige heftige Regenfälle die Bilanz nach oben schraubten. „Aber das war viel zu spät für die frühen Sorten.“

Die Dolden sind heuer mehr Schein als Sein

Beim Blick auf die Erntemenge des vergangenen Jahres kann da schon mal Wehmut aufkommen. Satte 800 Tonnen waren es damals (etwa 100 mehr als in einem normalen Jahr). Für heuer erwartet die Schätzkommission hingegen gerade einmal 490 Tonnen. „Wahrscheinlich werden es aber noch weniger, so kristallisiert es sich gerade während der Erntearbeiten heraus“, korrigiert Friedrich Kolb als Vorsitzender der Spalter Hopfenpflanzer (Krieglmeier ist sein Stellvertreter) den Wert mit seiner Prognose nach unten. Denn es könnte sein, dass es bei den Dolden diesmal mehr Schein als Sein gibt. „Viele haben ein großes Volumen, aber leider eben wenig Inhalt“, weiß Krieglmeier zu berichten.

„So ein eigenartiges Jahr wie heuer hatten wir noch nie“, erklärte Frank Braun, geschäftsführender Vorsitzender der Spalter Hopfenverwertungsgenossenschaft (HVG). Und das auch noch in einer Zeit, in der auch die Hopfenbauern die vielfachen Kostenexplosionen zu spüren bekommen. „Der Anbau kostet uns pro Hektar heuer bis 3000 Euro mehr. Zugleich müssen wir uns auf viel weniger Ertrag einstellen“, rechnet Kolb vor. Da könne nur im Idealfall noch eine schwarze Null herauskommen.

2003, 2015, 2018 und nun auch 2022: Immer öfter müssen die Hopfenpflanzer mit heißen und trockenen Jahren zurechtkommen. Fünf normale brauche es in der Regel, um ein solches ausgleichen zu können. „Noch ein Jahr wie heuer – und es geht für uns Pflanzer buchstäblich ans Eingemachte.“ Gegensteuern will man im Spalter Raum mit einem Bewässerungsverband, der sich gerade „in der Projektierungsphase“ befindet. Eine andere Option, dem Dürre-Dilemma zu entgehen, sei die züchterische. Die so neu gewonnenen Sorten aber müssten die Brauer dann auch nachfragen „und unser unternehmerische Risiko mitgehen“, sagt Kolb. Doch die haben selbst große Probleme. Bei ihnen wird nämlich im Einkauf ebenso alles teurer, wobei aber das Malz mehr Sorgen bereitet: Von ihm wird über das 100-fache an Gewicht fürs Bierbrauen benötigt. „Eigentlich müssten die Bierpreise 30 Prozent ansteigen“, sagt Braun. Doch die meisten Brauereien gingen diesen Weg nicht mit, andere blieben gar beim gewohnten Preis, um Marktanteile zu gewinnen.

„So manche Brauerei wird bald verschwinden“

Aber diese Rechnung werde nicht aufgehen: „So manche Brauerei wird bald von der Bildfläche verschwinden“, befürchtet der HVG-Chef, der selbst Erfahrungen im Braugewerbe gesammelt hat. Für die Pflanzer erwartet er im Marktgeschehen aber „keine langfristige Schieflage“ – was Jank und Kolb aber völlig anders sehen.

„Das schwächste Glied in der Kette ist der Rohstoffproduzent“, so Kolb. Und so mancher werde dem Druck nicht standhalten können. „Ich sehe die Situation dramatisch“, pflichtet Jank bei. Vielfach gäbe es zu wenige Möglichkeiten, den eigenen Betrieb zu entwickeln um der Misere zu entkommen.

Stattdessen gibt es weiteres Ungemach: Die geforderte Reduzierung von chemischen Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent sei ein Schuss, der nach hinten losgehe, so Krieglmeier. Denn der Landwirt spritze aufgrund der hohen Kosten für die Spritzmittel schon jetzt nur dann, wenn es absolut nötig sei. Da auch immer weniger Mittel zugelassen würden und der Fruchtfolgenwechsel als Krankheitsprävention beim Hopfen nicht greife, würden diese Vorgaben nur Resistenzen und verstärkten Chemieeinsatz zur Folge haben.

HK