Schiffseigner und -betreiber sollen Emissionshandelskosten aufteilen

Unterhändler von Europäischem Parlament und Mitgliedsstaaten versuchen derzeit, sich auf einen gemeinsamen Text für eine überarbeitete Emissionshandelsrichtlinie zu einigen. Bei den geplanten Regeln für den Emissionshandel im Seeverkehr gab es am Dienstag Fortschritte.

Vor allem in Spanien fürchtet man, dass der Hafen von Tanger in Marokko zur Umgehung der geplanten EU-Vorschriften für Seeverkehrs-Emissionshandel und Schiffstreibstoffe genutzt werden könnte. (Foto: dpa/Xinhua/Chen Binjie)

Wenn der internationale Schiffsverkehr in das EU-Emissionshandelssystem einbezogen wird, sollen Schiffseigner und Schiffsbetreiber in einer „verbindlichen Vereinbarung“ festlegen, wer welche Kosten trägt. Mit dieser Regelung seien sowohl die EU-Staaten als auch das Europäische Parlament einverstanden, sagte der Europaabgeordnete Peter Liese (CDU), EP-Berichterstatter für die Reform der Emissionshandelsrichtlinie, am Dienstag nach Verhandlungen mit der EU-Ratspräsidentschaft. Ob Eigner oder Charterer für die Emissionshandelskosten aufkommen, ist zwischen den Verbänden beider Seiten umstritten.

Beim Thema Seeverkehr habe es in den Verhandlungen der EU-Gesetzgeber Fortschritte in wichtigen Bereichen geben, sagte Liese. Er hält es für möglich, dass bei einer weiteren Verhandlungsrunde am Abend des 29. November eine Einigung über die Emissionshandelsregeln im Schiffsverkehr erzielt werden kann.

Schlupflöcher sollen gestopft werden

Verständigt haben sich EP und Rat laut Liese bereits auf Vorkehrungen, mit denen verhindert werden soll, dass Schiffsbetreiber die Emissionshandelspflicht umgehen, indem sie auf Fahrten aus Drittstaaten in EU-Häfen oder zurück einen Stopp in einem Hafen in der EU-Nachbarschaft – etwa in Marokko – einlegen. Damit verkürzen sie die Strecke zum oder vom nächstgelegenen Drittstaatshafen, die zur Hälfte dem Emissionshandel unterliegen soll. Um das zu verhindern, wollen die EU-Gesetzgeber Häfen nicht als Drittsstaatshäfen zählen, die bis zu 300 Seemeilen von einer EU-Außengrenze entfernt liegen und in denen über 60 bis 65 Prozent von Containern von einem Schiff auf andere Schiffe umgeladen werden (Transhipment).

FEPORT warnt vor Verlust von Fracht

Der Verband der privaten, europäischen Hafenoperateure FEPORT warnt allerdings, auch dann könne EU-Häfen Fracht verlorengehen. Es bleibe möglich, dass Container in Drittstaaten ausgeladen und mit Feederschiffen in die EU gebracht würden. FEPORT fordert, die EU-Kommission müsse beauftragt werden, Veränderungen der Güterströme genau zu beobachten und den EU-Gesetzgebern bei Bedarf eine Nachbesserung der Vorschriften vorzuschlagen.

Liese hält es für wahrscheinlich, dass außer CO₂ auch Methan und N2O in den Emissionshandel für den Schiffsverkehr einbezogen werden. Die Mitgliedsstaaten seien, anders als beim Luftverkehr bereit, das mitzutragen. Als Grund sieht Liese, dass derzeit für große Schiffe verfügbare alternative Treibstoffe auch Treibhausgase wie Methan oder Ammoniak enthielten. Mit den Treibstoffen müsse deshalb sorgfältig umgegangen werden.

Keine EP-Mehrheit für Lebenszyklusanalyse

Die im World Shipping Council zusammengeschlossenen großen Linienreedereien hatten vor der Verhandlungsrunde an EP und Ministerrat appelliert, die neuen Emissionshandelsregeln auf eine CO₂-Bilanz zu stützen, die auch die bei der Erzeugung von allen Treibstoffen entstehenden Emissionen berücksichtigen und nicht nur den CO₂-Ausstoß der Schiffe. Damit wollen sie größere Einsatzmöglichkeiten etwa für synthetische Treibstoffe erreichen.

Liese sagte, die Christdemokraten im EP seien für eine Lebenszyklusanalyse, Sozialdemokraten, Liberale und Grüne lehnten sie aber entschieden ab. Er halte die Diskussion nach dem Streit über den Einsatz von E-Fuels in Pkw für „vergiftet“.

Große Differenzen beim Thema Straßenverkehr

Der EP-Berichterstatter hält es für wichtig, sich bei den Emissionshandelsregeln für den Seeverkehr nächste Woche zu einigen, damit nicht alle Themen der geplanten Emissionshandelsrichtlinie bis zur für den 16. und 17. Dezember geplanten abschließenden Verhandlungsrunde offenbleiben. Das umfangreiche Dossier enthält nämlich noch eine Menge umstrittene Punkte.

Beim geplanten Emissionshandelssystem für Straßenverkehr und Gebäude „sind wir weit von einer Einigung entfernt“, berichtete Liese. Er könne sich derzeit nicht vorstellen, wie ein Kompromiss aussehen könnte. Einer der größten Stolpersteine sei die Forderung des Parlaments, private Nutzer von Fahrzeugen und Gebäuden bis mindestens 2029 vom Emissionshandel zu befreien. Unverzichtbar für das EP seien auch die Einführung eines angemessenen Klima-Sozialfonds zum Ausgleich von Härten durch den Straßenverkehr-Emissionshandel und eine „Notbremse“, die gezogen werden kann, wenn der CO₂-Preis zu hoch wird.

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