Alternative für den Absorberraum

30. September 2009, 13:49 Uhr |

Bisher waren Messungen im freien Feld oder in Absorberkammern die gängigen Methoden, um Antennen und HF-Komponenten zu vermessen. Modenverwirbelungskammern bieten sich seit kurzem als Alternative an.

Bisher waren Messungen im freien Feld oder in Absorberkammern die gängigen Methoden, um Antennen und HF-Komponenten zu vermessen. Modenverwirbelungskammern bieten sich seit kurzem als Alternative an.

Der Artikel beschreibt den digitalen Empfänger DMR01, der bei 3,3 V typisch 56 µA aufnimmt. Im Vergleich zu gebräuchlichen HF-Übertragungs-Systemen ist dieser Wert um Faktoren kleiner. Der DMR01 kann dort eingesetzt werden, wo periodisch kleinere Datenmengen kostengünstig über Distanzen bis 10 m bei minimalem Leistungsverbrauch robust übertragen werden sollen.

Für Untersuchungen der Abstrahleigenschaften von Antennen und Baugruppen mit integrierten Antennen wurden in der Vergangenheit vor allem Messungen im freien Feld (Open Area Test Site, OATS) und in Absorberräumen (Anechoic Chamber) durchgeführt. Ideal wäre im Freifeld ein Ort, der völlig frei von Störungen ist – das ist praktisch aber nicht zu erreichen. Hinzu kommt der Einfluss des wechselnden Wetters. Darum wurden Absorberräume entwickelt, die OATS im Labor nachbilden können. Die Grundidee: Eine Abschirmung (Faradaykäfig) sorgt dafür, dass keine Signale von außen die Messungen stören. Und ein absorbierendes Material auf der Innenseite der Kammer schluckt die Energie der elektromagnetischen Felder, damit es nicht zu Reflexionen und Mehrwegeausbreitung kommt.

Die Verbreitung digitaler Datenübertragungssysteme hat in den letzten Jahren stark zugenommen, insbesondere in den freien ISM-Frequenzbändern (Instrumental, Scientific and Medical). Beispiele dafür sind Wireless LAN, Bluetooth und ZigBee, das unter IEEE 802.15.4 neu standardisierte WPAN (Wireless Privat Area Network). Immer häufiger soll zudem die Funkübertragung in Systemen eingesetzt werden, wo eine Verbindung zum Stromnetz undenkbar oder zumindest unpraktisch ist. Eines der Optimierungskriterien ist die Minimierung der Leistungsaufnahme der eingesetzten Komponenten.

Der DMR01 ist ein digitaler Empfänger, der Signale mit Trägerfrequenzen im Bereich von 8192 Hz bis 122,8 kHz verarbeitet, also Signale im Langwellenbereich bis in den unteren Mittelwellenbereich. Die Verwendung von tiefen Frequenzen bietet zwei Vorteile:

  • Die Signale können direkt ohne vorangehende Mischung in eine Zwischenfrequenz oder ins Basisband digital verarbeitet werden. Dies hat eine wesentliche Reduktion des Stromverbrauchs zur Folge, zumindest im Vergleich mit ISM-Systemen. Stromhungrige LNA (Low Noise Amplifier) und Mischer fallen weg.
  • Durch die Verwendung tiefer Frequenzen lassen sich Signale auch in leitenden Flüssigkeiten übertragen.

Asynchrone Datenpaketübertragung

Der DMR01 ist optimiert für den Empfang von asynchronen Datenpaketen (Burst Mode Data Packet Transmission) und ist nicht für kontinuierliche Datenübertragungen ausgelegt. Er detektiert Datenpakete, die zwischen 1 und 16 Byte Nutzdaten mit sich tragen, und die mit bis zu 8192 bit/s übertragen werden. Bild 1a zeigt die Struktur eines Datenpaketes. Jedes Datenpaket beginnt mit einer Präambel von 8 bit Länge, gefolgt von einem 12-bit-Frame-Wort, einem 4-bit-Bytezähler und den eigentlichen Nutzdaten von zwischen 1 und 16 byte. Die Präambel (Preamble) wird vom Detektor zur Bitsynchronisation benötigt. Sie garantiert, dass beim Empfang des Frame-Wortes das Bit-Timing so genau bekannt ist, dass eine optimale Schätzung der gesendeten Bits möglich ist.

Die Alternative zu Absorberräumen

Seit kurzem gibt es eine Alternative zu OATS: Modenverwirbelungskammern (MVK, im Englischen: Reverberation Chambers, oft auch „Mode Stirred Chambers“ genannt). Dabei handelt es sich um einen Faradaykäfig, der wie eine EMV-Kammer ohne absorbierendes Material an seinen Wänden auskommt. Vom Prinzip her ähnelt eine Reverberation Chamber einem Mikrowellenofen: Mit wenig eingespeister HF-Leistung lässt sich aufgrund der stehenden Wellen eine hohe Feldstärke erzeugen. Das ist in EMV-Kammern wichtig, um sicherheitskritische Komponenten in Autos oder Flugzeugen mit mehreren 100 V/m auf ihre Unempfindlichkeit zu testen.

Diese stehenden Wellen (Moden) sorgen aber auch dafür, dass das Feld im Inneren der Kammer stark inhomogen ist. Um diesen unerwünschten Effekt zu vermeiden, bauen die Hersteller „Modenrührer“ aus Metall (Mode Stirrers) ein, die sich mit variabler Geschwindigkeit drehen und dadurch die Wellenberge und -täler so verschieben, dass im zeitlichen Mittel ein nahezu homogenes Feld entsteht.

Das Frame-Wort definiert die Position des Byte-Zählers und der Nutzdaten. Werden variable Frame-Worte eingesetzt, lassen sich prinzipiell verschiedene Gruppen von Sendesignalen unterscheiden. Das Frame-Wort kann somit als Kanal-Identifikation angesehen werden. Empfangene Datenpakete, welche nichtkompatible Frame-Worte aufweisen, werden vom Empfänger nicht weiterverarbeitet. Der nachfolgende Byte-Zähler von 4 bit Länge spezifiziert die Anzahl der nachfolgenden Nutzdaten in Bytes.

Die Nutzdaten bilden das letzte Segment in der Datenpaket-Struktur des DMR01. Sie können wahlweise uncodiert oder codiert mit einem fehlerkorrigierenden Faltungscode der Rate 1:2 übertragen werden. Im Falle einer codierten Übertragung werden die Quelldaten gemäß Bild 1b mit einer „Postambel“ (Postamble) ergänzt und mit dem Faltungsencoder verarbeitet. Das codierte Datensegment in Bild 1c ist doppelt so groß wie die Quelldaten einschließlich der Postambel. Ein uncodiertes Datenpaket hat eine Länge zwischen 32 und 152 bit; wird der fehlerkorrigierende Code benützt, vergrößert sich diese auf 56 bis 296 bit.

Die schwedische Firma Bluetest (http://www.bluetest.se>www.bluetest.se, Vertrieb: http://www.gigacomp.de>www.gigacomp.de) gestaltet ihre MVKs so, dass drei der Seitenwände als orthogonale Antennen dienen, zwischen denen periodisch umgeschaltet wird. Die Messobjekte selbst werden auf einem Drehtisch kontinuierlich bewegt. Zusätzlich werden die Moden durch das Einbringen geschickt platzierter Absorber in die Kammer definiert zum Abklingen gebracht. Diese Maßnahmen verbessern die zeitlich gemittelte, frequenzabhängige Gleichförmigkeit der Modenanregung und damit Reproduzierbarkeit und Messgenauigkeit, die typischerweise 0,5 dB beträgt. Somit ist sie sogar besser als mit manchen Absorberkammern bei bis zu zehnmal kürzerer Messzeit. Zudem sind die MVKs auch kleiner und kostengünstiger herzustellen, weil die voluminösen Absorber entfallen. So ist die RC870 (55 000 Euro) des genannten Herstellers beispielsweise so schmal, dass sie durch eine 80-cm-Tür transportiert werden kann.

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Bild 1. Datenpaket-Struktur des DMR01 mit und ohne Faltungs-Code.
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Eine Modenverwirbelungskammer mit Modenrührer, Drehtisch, Phantomkopf und angeschlossenen Messgeräten.

Modulation und Datenrate

Die Daten werden mit differentieller Phasenumtastung DBPSK (Differential Binary Phase Shift Keying) übertragen, wobei Trägerfrequenzen von fc = (8192 + n x 16 384) Hz mit 0 ≤ n ≤ 7 und Kanaldatenraten von {1024, 2048, 4096, 8192} bit/s möglich sind. Die Übertragungszeiten bei verschiedenen Kanaldatenraten und Anzahl der Nutzdaten-Bytes sind in Tabelle 1 zusammengefasst.


  1. Alternative für den Absorberraum
  2. Alternative für den Absorberraum
  3. Anwendungsbereiche

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