Operationsverstärkerschaltungen optimieren - Teil 6 Eigenrauschen in Operationsverstärkerschaltungen

Autor / Redakteur: Art Kay, Katharina Berberich* / Kristin Rinortner

Im fünften Teil dieser Artikelserie wurden unterschiedliche Geräte zur Rauschmessung (Oszilloskope und Spektrumanalysatoren) vorgestellt. Teil 6 beschreibt anhand von Beispielen, wie die Geräte zur Messung an den in Teil 3 und Teil 4 beschriebenen Schaltungen verwendet werden.

Anbieter zum Thema

Beim Messen des Eigenrauschens ist es wichtig, die Einwirkungen durch Fremdrauschen zu beseitigen. Übliche Quellen des Fremdrauschens sind Netzleitungen (z.B. 50 Hz), Störungen durch Monitore, Schaltnetzteile und Funkkommunikation. Normalerweise geschieht dies, indem die zu messende Schaltung in einem abschirmenden Behälter untergebracht wird. Wichtig ist, die Schirmung an die Masse der Schaltung anzuschließen.

Im Allgemeinen werden die Stromversorgungs- und Signalleitungen, die an der Schaltung angeschlossen sind, durch kleine Öffnungen im Gehäuse geführt. Größe und Anzahl dieser Öffnungen müssen auf ein Minimum beschränkt werden, da die Wirksamkeit der Schirmung am Stärksten von Nähten, Verbindungen und Öffnungen beeinträchtigt wird [1].

Wirksam geschirmtes Gehäuse

Bild1: Beispiel für ein leicht herzustellendes, geschirmes Gehäuse: Farbdose aus Stahl (Archiv: Vogel Business Media)

Bild 1 zeigt ein Beispiel eines leicht herzustellenden und wirksam geschirmten Gehäuses. Es besteht aus einer Farbdose aus Stahl. Die I/O-Signale werden über abgeschirmte Koaxialkabel angeschlossen. Die Kabel werden mithilfe einer BNC-Doppelbuchse, deren Schirmung elektrisch mit der Farbdose verbunden ist, an die zu messende Schaltung angeschlossen. Der einzige Leckagepfad im Gehäuse wird durch die drei Bananenstecker gebildet, die zum Anschluss der Stromversorgung verwendet werden.

Das Grundrauschen überprüfen

Bild 2: Zur Rauschmessung wird in der Regel ein rauscharmer Verstärker zwischen die zu messende Schaltung und das Standard-Messgerät geschaltet (Archiv: Vogel Business Media)

Oft ist das Ausgangsrauschen der zu messenden Schaltung zu gering, um es mit einem Standardmessgerät zu messen. Daher schaltet man in der Regel einen rauscharmen Verstärker zwischen die zu messende Schaltung und das Messgerät (Bild 2). Das Grundrauschen des Zwischenverstärkers muss geringer sein als das Ausgangsrauschen der zu messenden Schaltung. Als Faustregel gilt, dass das Grundrauschen des Zwischenverstärkers dreimal niedriger als das Rauschen am Ausgang der zu messenden Schaltung sein sollte. Diese Regel wird später erläutert.

Das Überprüfen des Grundrauschens ist ein äußerst wichtiger Schritt. Dazu wird der Eingang des Zwischenverstärkers oder des Messgerätes kurzgeschlossen (siehe Teil 5).

Grundrauschen berücksichtigen

In Bild 3 ist dargestellt, wie sich das Ausgangsrauschen der Testschaltung und das Grundrauschen des Messsystems vektoriell addieren. Die Gleichungen 1 bis 4 zeigen eine Fehleranalyse, die davon ausgeht, dass das gemessene Rauschen dreimal höher als das Grundrauschen ist.

Gleichungen 1 bis 4 (Archiv: Vogel Business Media)

Bei Anwendung dieser Faustregel liegt der maximale Fehler in der Größenordnung von 6%. Führt man dieselbe Berechnung für ein Grundrauschen, das zehnmal geringer als das gemessene Rauschen ist, durch, erhält man einen Fehler von 0,5%.

Messen mithilfe eines Echteffektivwert-Voltmeters

Bild 4: Schaltungsaufbaue beim Messen mit einem Echteffektivwert-DMM (Archiv: Vogel Business Media)

In den Teilen 3 und 4 wurde eine einfache, nicht invertierende Operationsverstärkerschaltung mit dem OPA627 untersucht. Wie dieses Rauschen mit einem Echteffektivwert-DMM gemessen werden kann, zeigt Bild 4. Dass Messergebnis von 346 µV entspricht den in Teil 3 und 4 berechneten und simulierten Werten (d.h. berechnete 325 µV und gemessene 346 µV).

Messen mithilfe eines Oszilloskops

Bild 5: Ergebnisanzeige auf einem Oszilloskop. Hier werden Wellenform und Spitze-Spitze Wert betrachtet. (Archiv: Vogel Business Media)
Bild 3: Vektorielle Darstellung der Addition der verschiedenen Rauschquellen (Archiv: Vogel Business Media)

Anstelle des DMM im Schaltungsaufbau aus Bild 4 kann auch ein Oszilloskop angeschlossen werden. Man betrachtet die Wellenform und schätzt den Spitze-Spitze-Wert (Bild 5). Unter der Annahme, dass das Rauschen eine Gaußsche Verteilung aufweist, kann man durch eine Division durch 6 näherungsweise den Effektivwert des Rauschens bestimmen (Einzelheiten siehe Teil 1). Der mit dem Oszilloskop am Ausgang gemessene Wert beträgt ca. 2,4 mVp-p, sodass der Effektivwert des Rauschens sich mit 2,4 mVp-p/6 = 400 µVeff berechnet. Dies entspricht wieder dem erwarteten Wert.

Niederfrequenten Rauschen bestimmen

Bild 6: Effektive Art zur Messung des niederfrquenten Rauschens zwischen 0,1 und 10 Hz mit einem 0,1-Hz-Hochpassfilter und einem 10-Hz-Tiefpassfilter (Archiv: Vogel Business Media)

Bild 6 zeigt eine effektive Art der Rauschmessung zwischen 0,1 und 10 Hz. Es wird ein 0,1-Hz-Hochpassfilter zweiter Ordnung in Reihe mit einem 10-Hz-Tiefpassfilter vierter Ordnung verwendet. Diese Schaltung hat eine Verstärkung von 100. Das zu messende Bauelement (OPA227) wird mit einer hohen Verstärkung (Rauschverstärkung = 1001) beschaltet. Die Gesamtverstärkung der Schaltung beträgt 100.100 (d.h. 100 × 1001).

Bild 7: Ergebnisse der Testschaltung: Das Messergebnis des Oszilloskops entspricht der Kurve des Datenblattes (Archiv: Vogel Business Media)

Das Messergebnis der Schaltung ist in Bild 7 dargestellt. Die Abbildung zeigt außerdem eine aus dem Datenblatt des OPA227 entnommene Grafik. Das Messergebniss kann mittels Division durch die Gesamtverstärkung (d.h. 5 mV/100.100 = 50 nV) auf den Eingang des Operationsverstärkers umgerechnet werden. Das Messergebnis des Oszilloskops entspricht wie erwartet der Kurve des Datenblattes.

Temperaturdrift des Offsets vs. 1/f-Rauschen

Das 1/f-Rauschen ist schwer von der temperaturbedingten Drift des Offsets zu unterscheiden. Die Umgebungstemperatur in einem Labor schwankt um ±3 °C.

Bild 8: Einfluss des thermischen Rauschens: Vergleich des Ausgangs des OPA132 in einer thermisch stabilen Umgebung (links) und typischen Laborverhältnissen (rechts). (Archiv: Vogel Business Media)

Bild 8 zeigt einen Vergleich zwischen dem Ausgang des OPA132 in einer thermisch stabilen Umgebung und in einer typischen Laborumgebung. Werden schlechteste Driftwerte des Operationsverstärkers vorausgesetzt, würde die Offsetdrift im Labor ca. 60 µV (d.h. laut Datenblatt 10 µV/°C • 6°C = 60 µV) betragen. Der Verstärker in Bild 13 ist auf eine Verstärkung von 100 eingestellt, sodass der Ausgang ca. 6 mV (d.h. 60 µV 100 = 6 mV) driftet.

Um die Effekte von Offsetdrift und 1/f-Rauschen zu trennen, muss das Bauelement in eine thermisch stabile Umgebung gebracht werden (z.B. ±0,1 °C). Eine Methode besteht darin, die Farbdose mit einer elektrisch nicht leitenden Flüssigkeit zu füllen und die gesamte Schaltung während des Tests darin einzutauchen. Für diese Art von Tests werden üblicherweise flüssige fluorierte Wärmeträger verwendet. Sie sind nicht toxisch [2].

Spektraldichtekurve des Rauschens messen

Bild 9: Schaltung zur Messung der Spektraldichte des Rauschens (Archiv: Vogel Business Media)

Die Spektraldichte ist ein wichtiges Hilfsmittel bei der Rauschuntersuchung. Die in Bild 9 gezeigte Schaltung stellt einen einfachen Testaufbau dar, der Spektraldichtemessungen ermöglicht.

Der für diese Messung verwendete Spektrumanalysator hat eine Bandbreite von 0,064 Hz bis 100 kHz. Diese Bandbreite ermöglicht eine Charakterisierung des 1/f-Bereiches und des Breitbandbereiches bei vielen verschiedenen Verstärkern. Der Spektrumanalysator wird nicht mit galvanisch isolierten Eingängen (AC Coupling) betrieben, da die untere Grenzfrequenz in diesem Fall 1 Hz beträgt und damit kein 1/f-Rauschen gemessen werden kann.

OPV in AC-Kopplung an den Spektrumanalysator anschließen

Dennoch sollte der Operationsverstärker in einer AC-Kopplung an den Spektrumanalysator angeschlossen werden, da die Offsetspannung im Vergleich zum Rauschen groß ist. C1 wird als Koppelkondensator eingesetzt. (C1 sind eigentlich mehrere parallel geschaltete Keramik-Kondensatoren, da Elektrolyt- und Tantalkondensatoren für diese Anwendung nicht zu empfehlen sind.) In Verbindung mit der Eingangsimpedanz R3 des Spektrumanalysators bildet der Kondensator C1 einen Hochpass mit einer Grenzfrequenz von 0,008 Hz. Dieser Wert ist niedriger als die 0,064 Hz des Analyzers und beeinflusst daher die Messung nicht.

Bei der Schaltung in Bild 9 muss der Wert des Rückkopplungsnetzwerkes berücksichtigt werden. Aus Teil 3 ist bekannt, dass die Parallelschaltung aus R1 und R2 (Rers = R1||R2) zum Berechnen des thermischen Rauschens und des Biasstromrauschens verwendet wird. Der Wert dieses Widerstands sollte also auf ein Minimum beschränkt werden.

Stellen Sie – wie auch bei allen anderen Rauschmessungen – sicher, dass das Grundrauschen des Spektrumanalysators niedriger als das der Operationsverstärkerschaltung ist. Bei dem in Bild 9 gezeigten Beispiel ist der Operationsverstärker mit einer Verstärkung von 100 beschaltet, um das Ausgangsrauschen so weit zu erhöhen, dass es größer als das Grundrauschens des Spektrumanalysators ist.

Daten über unterschiedliche Frequenzbereiche erfassen

Bild 10: Messung der Spektraldichte in mehreren Bereichen. Ein relativ großer Fehler tritt bei den untersten Frequenzen des jeweiligen Messbereichs auf. (Archiv: Vogel Business Media)

Bild 10 zeigt das Ergebnis der Messung. Die Daten wurden über unterschiedliche Frequenzbereiche erfasst (d.h. 0,064 bis 10 Hz, 10 Hz bis 1 kHz und 1 bis 100 kHz). Dies wurde gemacht, da der verwendete Spektrumanalysator mit einer linearen Frequenzabtastung arbeitet. Wenn z.B. alle 0,1 Hz ein Datenpunkt erfasst wird, ist die Auflösung bei niedrigen Frequenzen gering und bei hohen Frequenzen übermäßig hoch. Wenn man jedoch die Auflösung bei unterschiedlichen Frequenzbereichen ändert, erhält man in jedem Bereich eine gute Auflösung, ohne eine übermäßig große Anzahl von Datenpunkten zu erzeugen. Beispielsweise könnte die Auflösung von 0,064 bis 10 Hz auf 0,01 Hz eingestellt werden, während sie von 1 kHz bis 100 kHz auf 100 Hz festgelegt werden könnte.

Typische Anomalien: Externe Quellen und kleine Frequenzen

Das Ergebnis zeigt typische Anomalien. Die erste Anomalie besteht in der Übernahme von Rauschen aus einer externen Quelle (60 und 120 Hz). Auch Einkopplungen des lokalen Oszillators im Spektrumanalysator kommen häufig vor. Wichtig ist festzustellen, ob die Rauschspitze die Folge einer Einkopplung ist oder Teil des Eigenrauschens des Bauelements.

Bild 10: Messung der Spektraldichte in mehreren Bereichen. Ein relativ großer Fehler tritt bei den untersten Frequenzen des jeweiligen Messbereichs auf. (Archiv: Vogel Business Media)

Eine weitere Anomalie bei der in Bild 10 gezeigten Spektraldichtekurve ist der relativ große Fehler, der bei den untersten Frequenzen eines gegebenen Messbereiches auftritt. Dass Spektrum wird gemessen, indem ein Bandpassfilter über das gesamte Spektrum hinweg abgestimmt wird. Beispielsweise wird angenommen, dass der Bereich 1 Hz bis 1 kHz und die Auflösungsbandbreite des Bandpassfilters 1 Hz betragen. Der Bandpassfilter ist jetzt bei hohen Frequenzen relativ schmal und bei niedrigen Frequenzen relativ breit. Daher werden bei niedrigen Frequenzen auch relativ große Fehler mit aufgenommen.

Messpunkte verwerfen

Die verschiedenen Anomalien der Messungen zu verstehen, kann dazu beitragen Fehler zu beheben. Beispielsweise lassen sich durch das Messen der Daten in mehreren Bereichen und Verwerfen weniger Punkte am unteren Ende des Frequenzbereiches genauere Ergebnisse erzielen. Das Einkoppeln von 60 Hz kann aus den Spektraldichtemessungen ausgeklammert werden, da dies nicht Teil des Eigenrauschens von Operationsverstärkern ist.

Bild 11: Spektraldichtekurve des Rauschens, bei der anormale Messpunkte beseitigt wurden (Archiv: Vogel Business Media)

Bild 11 zeigt die Spektraldichtekurve des Rauschens aus der Beispielmessung, bei der die anormalen Messwerte beseitigt wurden. Die Daten wurden außerdem durch die Verstärkung der Testschaltung geteilt, sodass die Spektraldichte auf den Eingang des Operationsverstärkers bezogen ist. Abschließend wurden Mittelwerte der Daten gebildet.

Vergleich der Messungen mit den technischen Daten

Der Vergleich der Spektraldichtemessung am OPA627 mit der Kurve des Datenblattes zeigt ein interessantes Ergebnis. Die gemessenen Daten und die Angaben im Datenblatt für das Breitbandrauschen liegen eng beieinander, die Messung des 1/f-Rauschens unterscheidet sich jedoch erheblich von den technischen Daten. Die Abweichung der Messung des 1/f-Rauschens von den technischen Daten ist kein ungewöhnliches Ergebnis. In Teil 7 dieser Artikelreihe wird dieses Thema im Detail erörtert.

Die in den Beispielen gezeigten Verfahren zur Rauschmessung können bei den meisten Analogschaltungen verwendet werden. In Teil 7 werden Themen im Zusammenhang mit der internen Beschaltung des Operationsverstärkers erörtert. Das Verständnis der grundlegenden Zusammenhänge, die das Rauschen in einem Operationsverstärker bestimmen, trägt dazu bei, dass Entwickler einen Einblick in Rauscheigenschaften erhalten, die in den meisten Datenblättern nicht angegeben sind. Insbesondere werden das Rauschen im ungünstigsten Fall, die Rauschdrift und der Unterschied zwischen CMOS- und bipolaren Bauelementen erörtert.

Art Kay ist Senior Applications Engineer bei Texas Instruments in Dallas, USA. Katharina Berberich arbeitet als Field Application Engineer, Signal Chain, bei Texas Instruments in Freising.

(ID:236430)