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Selbstbefriedigung in der Schwangerschaft Masturbieren mit Baby im Bauch: Lust, die guttut – mit wenigen Ausnahmen

Selbstbefriedigung Schwangerschaft: Schwangere liegt im Bett mit genüsslich geschlossenen Augen
© demphoto / Adobe Stock
Kann Sex, auch Solo-Sex, Wehen auslösen? Was bekommt das Baby davon mit? Und wann wird Selbstbefriedigung in der Schwangerschaft zum Risiko? Wir beantworten diese und alle anderen wichtigen Fragen dazu.

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Uh, mmmh, jaaa – nur nicht schüchtern: Wohlige, wollüstige Gefühle kannst und darfst du auch genießen, wenn du gerade ein Kind erwartest. Manchmal ist Selbstbefriedigung in der Schwangerschaft sogar eine besonders gute Idee. Doch es gibt auch Umstände, in denen es besser ist, für eine Weile enthaltsam zu bleiben.

Ist Selbstbefriedigung in der Schwangerschaft unbedenklich?

"Mein Standpunkt ist: Erlaubt ist, was Spaß macht und guttut", erklärt die Frauenärztin Dr. Daniela Wunderlich aus Wiesbaden im Gespräch mit ELTERN.de. Das gilt für Sex in der Schwangerschaft mit dem Partner oder der Partnerin genauso wie fürs Masturbieren. Wenn die Frau Lust darauf hat und keine Risikofaktoren vorliegen, spricht nichts dagegen.

Im Gegenteil: "Sex hat generell etwas Entspannendes, davon können auch Frauen in der Schwangerschaft vielfach profitieren", sagt die Gynäkologin und Sexualmedizinerin. Häufig lassen sich damit typische Schwangerschaftsbeschwerden wie zum Beispiel Rücken- oder Ischiasschmerzen lindern. Du kannst damit Stresshormone abbauen, der Schlaf kann sich bessern. "Selbstbefriedigung, als ein Akt von Autonomie, bringt dann sogar noch eine andere Erlebnisebene mit." Und schließlich trainierst du damit auch auf angenehmste Weise den Beckenboden, der noch viel auszuhalten haben wird in der nächsten Zeit.

Was spricht dafür, sich auch in der Schwangerschaft selbst zu befriedigen?

Die hormonellen Veränderungen in der Schwangerschaft können dir sogar besonders intensive Lustgefühle bescheren. Weil der gesamte Unterleib stärker durchblutet ist, reagieren Vagina und Klitoris jetzt super sensibel. Aber es kann passieren, dass dies bestimmte Berührungen auch mal unangenehm oder schmerzhaft macht. Auch das ist okay, dann lässt du es eben bleiben. Es ist eine zutiefst persönliche Entscheidung und hängt auch davon ab, ob du vor der Schwangerschaft viel und gerne masturbiert hast – dann go for it!, oder ob das nicht so dein Ding ist – auch fein.

Manche Partner befürchten, das Baby verletzen zu können, wenn sie, mit einer Schwangeren schlafen. "Manche haben auch Vorbehalte, weil sie mit ihrer Partnerin in diesem intimen Moment nicht mehr allein sind. Da ist ja noch eine dritte Person, das Baby. Und sogar ganz dicht am Penis", erzählt Dr. Wunderlich. Sex soll aber unbeschwert, unbesorgt und einfach nur genussvoll sein. Kann eine:r der Beteiligten das gerade nicht, die andere Person hat aber Lust, dann legt sie ganz einfach selbst Hand an.

Es ist auch völlig unterschiedlich, wie Frauen die körperlichen Veränderungen, die eine Schwangerschaft mit sich bringt, empfinden und bewerten. Manche genießen ihre wachsenden Rundungen, andere fühlen sich damit weniger wohl und mögen sich dem Partner oder der Partnerin gegenüber nicht mehr so gehenlassen oder zeigen. Auch dann kann Selbstbefriedigung eine Möglichkeit sein, den eigenen Körper wohlwollend und liebevoll zu erfahren. Und wenn dir mehr nach Kuscheln ist, dann gehst du eben dem nach. Ohne Schuldgefühle.

Und noch einen wichtigen Punkt nennt die Frauenärztin Dr. Wunderlich: "Geht es bei Paaren um die Verwirklichung eines lang gehegten Kinderwunsches, reduziert sich der Sex häufig auf seinen reproduktiven Charakter und entfernt sich von der sexuellen Selbstbestimmung. Die könnte man sich mit der Selbstbefriedigung wieder zurückholen: Einfach unbeschwert genießen, ganz ohne Druck!" Du bestimmst Zeitpunkt, Tempo und Intensität ganz allein.

Profitiert vielleicht sogar das Baby davon?

Ja, denn die gesteigerte Durchblutung bringt den positiven Nebenaspekt mit sich, dass auch die Sauerstoffversorgung eines Babys erhöht wird. Und wenn die Glücksgefühle ausgeschüttet werden, kommen die dafür zuständigen Botenstoffe genauso beim Baby an.

Jede Art von Stressabbau hilft dabei besser zu schlafen. So kann die werdende Mutter Kraft und Energie tanken. Geht es der Mutter gut, bekommt das auch dem ungeborenen Kind. 

Wann ist die Lust am größten?

Meist im zweiten Schwangerschaftsdrittel. Zu Beginn einer Schwangerschaft kann dir jegliche Vorstellung von Sex wegen der bleiernen Müdigkeit und weil dir so übel ist, absurd vorkommen. Und steht die Geburt langsam bevor, hat der Bauch einen Umfang angenommen, dass die Intimzone unerreichbar weit entfernt zu sein scheint – auch gedanklich. "Im zweiten Trimenon kann ich es mir gut vorstellen, dass Frauen auf Selbstbefriedigung Lust haben", meint unsere Expertin. "Da ist die Übelkeit weg, die Schwangerschaft körperlich noch nicht so beschwerlich wie gegen Ende und die Libido ist oft spürbar erhöht."

Kann ein Orgasmus Wehen auslösen?

Es stimmt, bei einem Orgasmus kommt es zu leichten Kontraktionen – darin liegt ja gerade der Relax-Effekt. Ein Orgasmus fördert die Ausschüttung endogener, also vom Körper selbst hergestellter, Schmerzmittel. Aber diese Kontraktionen sind keine Wehen. Lediglich, wenn ohnehin die Gefahr von vorzeitigen Wehen besteht, ist jeder zusätzliche Reiz im Unterleib zu vermeiden. 

Viele haben den Tipp im Kopf, Sex zu haben, wenn der Geburtstermin schon ein paar Tage verstrichen ist und das Baby einfach nicht kommen will. Das hat aber nichts mit dem Orgasmus der Frau zu tun – sorry ladies – sondern mit den Prostaglandinen in der Samenflüssigkeit. Diese Stoffe können den Muttermund erweichen und so die Geburt langsam in Gang bringen.

In welchen Fällen wird vom Masturbieren abgeraten?

Bei einer unkomplizierten Schwangerschaft haben eine gesunde Schwangere und ihr ungeborenes Kind nichts zu befürchten. Das sieht anders aus, wenn einer der folgenden Risikofaktoren vorliegen. Dann empfehlen Expert:innen wie Dr. Daniela Wunderlich, sicherheitshalber auf Sex und Selbstbefriedigung zu verzichten:

  • Verkürzter Muttermund (auch bei einer Zerklage, einem operativen Muttermundverschluss, oder wenn bereits eine Konisation gemacht, d.h. eine Gewebeprobe vom Muttermund entnommen wurde)
  • Gefahr von vorzeitigen Wehen oder einer Frühgeburt
  • Blutungen aus der Scheide
  • Placenta praevia (der Mutterkuchen sitzt, anstatt am oberen Ende, unten am Gebärmutterausgang)
  • Bestehende Infektion im Unterleib

Im Zuge der vierwöchentlichen gynäkologischen Untersuchungen wird der Muttermund laufend kontrolliert. Und Warnzeichen wie Blutungen oder Unterleibskrämpfe schicken dich ohnehin in die Arztpraxis. In dieser Hinsicht bist du also ausreichend unter Beobachtung und immer in guten Händen.

Was die Infektionsgefahr angeht: "Wandern Keime aus der Scheide durch den Gebärmutterhals zur Fruchtblase, werden durch immunologische Vorgänge Wehen ausgelöst", erklärt Dr. Daniela Wunderlich. Da läuft so etwas wie ein Autostopp-Programm ab, weil eine Infektion im Mutterleib die Entwicklung des Kindes beeinträchtigt. Infektionen in der Schwangerschaft sind also immer etwas kritisch

Die besondere Anatomie der Frau macht es Erregern insgesamt etwas leichter, sich im Unterleib auszubreiten. "Scheide, Harnröhrenausgang und After liegen bei der Frau so dicht beieinander, da kann jede Manipulation – sei es durch den Finger, ein Sextoy, die Zunge oder den Penis – Keime übertragen und die Infektionsgefahr erhöhen", warnt die Frauenärztin. Außerdem kommt es durch die östrogenlastige Hormonlage in der Schwangerschaft leichter zu Pilzinfektionen"

Kleiner Vorteil der Selbstbefriedigung: Dabei sind wenigstens nur die eigenen, bekannten Keime mit von der Partie. Achte auf jeden Fall auf gründliche Hygiene

Kann ich unbesorgt Sextoys benutzen?

Wenn deine Frauenärztin oder dein Frauenarzt grünes Licht gibt: klar. Trotzdem heißt es: safety first! Also nur saubere, unbeschädigte Sextoys (in kleinen Schrammen oder Ritzen können sich Keime ausbreiten) in Normalgröße benutzen, um die Gefahr von kleineren Verletzungen und Infekten zu minimieren. Benutzt du dabei Gleitgel, schützt das ebenfalls vor unbeabsichtigten Reibungsverlusten. Auch wenn die Leidenschaft mit dir durchgehen sollte: Dildos besser nicht mit zu großer Wucht zustoßen lassen, das könnte den Muttermund verletzen. Von Liebeskugeln raten Expert:innen eher ab, weil sie ebenfalls den Muttermund reizen könnten.

Vibratoren, die nicht penetrieren sondern nur die Klitoris stimulieren, sind in dieser Hinsicht deutlich risikoärmer. Und besser auch keine app- oder ferngesteuerten Toys benutzen – niemand kann sagen, inwiefern die Strahlung dem Kind schaden könnte. Die Vibration schadet deinem Baby auf keinem Fall. Im Fruchtwasser ist es wunderbar abgeschirmt vor allen möglichen Reizen von außen. 

Und noch einmal: Hygiene ist wegen der Infektionsgefahr jetzt wichtiger als sonst. Sextoys immer nach Gebrauch mit Wasser und Seife reinigen und an der Luft trocknen lassen. Danach staubgeschützt bis zum nächsten Einsatz verstauen.

Was ist mit Selbstbefriedigung bei der Entbindung und im Wochenbett?

Die Kanadierin Angela Gallo, Bloggerin, Doula und Aktivistin, die heute in Australien lebt, ist sehr dafür. Sie propagiert, während der Geburt zu masturbieren. Das sei ein Schmerzlinderungs-System, um der Entbindung den Schrecken zu nehmen. Hier erfährst du mehr über ihren Standpunkt. "Ich kann mir das eher in einem Geburtshaus vorstellen", meint Gynäkologin Dr. Wunderlich. Da ist das Ambiente intimer als in einem Kreißsaal, mit den vielen Leuten um einen herum. Aber das muss jede Frau – natürlich – selbst entscheiden. 

Im Wochenbett stehen die Zeichen in erster Linie auf Heilung, Rückbildung, Beruhigung. Sobald der Wochenfluss (Wundsekret aus dem Uterus) vorbei ist, kann es aber im Prinzip wieder losgehen mit der sexuellen Stimulation – wenn du Lust hast! Steht dir der Sinn nicht danach, ist das völlig normal. Wundere dich nicht: Die Stillzeit gilt als libidoarme Zeit

Der Punkt, dass du beim Masturbieren die Regie führst, kann beim ersten Annähern an das Thema nach der Geburt hilfreich sein. "Eine schöne Funktionsbestätigung des Körpers", findet Daniela Wunderlich.

Expertin:

Dr. med. Daniela Wunderlich, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Sexualmedizin, Systemische Therapie und Beratung in Wiesbaden (www.dr-daniela-wunderlich.de)

Quellen:

ELTERN

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