Arglistige Täuschung
Wird der Erblasser von einem Erben oder Dritten derart getäuscht, dass er Aspekte in den Erbvertrag aufnimmt, die er sonst nicht aufgenommen hätte, so können Sie den Erbvertrag ebenfalls anfechten. Um bei unserem Beispiel von oben zu bleiben: dies wäre der Fall, wenn das eine Kind den Tod des anderen Kindes nur vortäuscht, damit er / sie als Alleinerbe im Erbvertrag eingesetzt wird.
Drohung und Zwang
Ein Vertrag, der nur geschlossen wurde, weil dem Erblasser gedroht wurde, ist anfechtbar. Der Wille hat sich nicht frei gebildet, sondern wurde derart stark von einem Dritten beeinflusst, dass der Erblasser und die Erben diese Verfügung nicht für sich gelten lassen müssen. Beispiel: ein vermeintlicher Freund sagt dem Erblasser, dass er seinen Hund tötet, sollte er ihn nicht in seinem Erbvertrag erwähnen.
2. Testierunfähigkeit des Erblassers nach Art. 519 I Ziff. 1 ZGB
Weiterhin muss der Erblasser zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Erbvertrages testierfähig gewesen sein. Die Testierfähigkeit setzt sich aus zwei Bausteinen zusammen: der Erblasser muss volljährig und urteilsfähig sein. Die Volljährigkeit ist ab 18 Jahren gegeben und die Urteilsfähigkeit bemisst sich danach, ob ein Mensch in der Lage ist, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Die Urteilsfähigkeit kann beispielsweise durch schwere geistige Erkrankungen eingeschränkt sein. Wird der Erbvertrag in Anwesenheit einer Urkundsperson geschlossen (Notar), so muss dieser beurkunden, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Unterschrift urteilsfähig war. Zwei weitere Zeugen tun diese ebenfalls. Mithin ist es in dieser Konstellation schwer nachzuweisen, dass eine Urteilsunfähigkeit vorlag.
3. Sittenwidrigkeit nach Art. 519 I Ziff. 3 ZGB
Die Sittenwidrigkeit ergibt sich ebenfalls aus dem Gesetz und verhindert, dass der Erblasser mit dem Unterzeichnen des Erbvertrages gegen die “guten Sitten” verstößt. Das Gesetz ist hier in seiner Formulierung nicht konkret, sodass das Handeln des Erblassers stets ausgelegt werden muss. Sittenwidrig ist ein Erbvertrag jedenfalls dann, wenn beispielsweise eine Krankheit des Erblassers ausgenutzt wird, um ihn dazu zu bewegen, einen Erbvertrag aufzusetzen.
Die Abgrenzung zur Täuschung und zum Zwang ist teilweise nur schwer möglich. Die Grenzen können hier fliessend sein. Ein weiterer Fall der Sittenwidrigkeit liegt dann vor, wenn der Erblasser eine Geliebtenbegünstigung im Erbvertrag vereinbart. Diese kann aber nur dann vorliegen, wenn der / die Geliebte bereits zu Lebzeiten von der Verfügung gewusst hat und diese zum Grund wurde, warum die Beziehung zwischen Geliebter und Erblasser aufrecht erhalten wurde.
4. Erbvertrag anfechten bei bereits bestehender Verfügung
Schließt der Erblasser einen Erbvertrag ab, so hat dieser für ihn und die Vertragsparteien eine rechtliche Bindungswirkung. Das bedeutet, dass er anschließend nicht mehr frei über die Nachlassplanung verfügen kann. Tut der Erblasser dies doch – indem er beispielsweise einen neuen Erbvertrag abschliesst – so ist der zweite Erbvertrag anfechtbar. Der Grund ist einfach: er kann zu diesem Zeitpunkt keine anderweitigen letztwilligen Verfügungen mehr treffen.
5. Erbunwürdigkeit der Erben (Ausnahme)
Bestimmt der Erbvertrag eine Person als Erbe, welche erbunwürdig ist, kann diese Regelung angefochten werden. Erbunwürdigkeit liegt in der Praxis nur selten vor, da es hohe gesetzliche Voraussetzungen für diese gibt. Ein geläufiges Beispiel ist, dass der Erbe den Erblasser getötet hat, ihn hat töten lassen oder dies versucht hat. In diesen Fällen soll derjenigen Person selbstverständlich nichts vom Erbe zukommen.