Griechischer Aluminiumsektor: EU verbietet Bündelung der Energienachfrage

Das "Green-Pool"-Programm wurde von der griechischen Regierung im Juli 2022 ins Leben gerufen, um die Stromkosten zu senken, die im vergangenen Jahr nach dem Ausbruch des Ukrainekrieges in die Höhe geschnellt waren. [Alexey_Rezvykh / Shutterstock]

Die Europäische Kommission hat großen griechischen Stromverbrauchern wie der Aluminium- oder Chemieindustrie die Möglichkeit verweigert, ihre Nachfrage nach erneuerbaren Energien zu bündeln, um so ihre Betriebskosten zu senken, was in der Metallindustrie für Bestürzung sorgte.

Das „Green-Pool“-Programm wurde von der griechischen Regierung im Juli 2022 ins Leben gerufen, um die Stromkosten zu senken, die im vergangenen Jahr nach dem Ausbruch des Ukrainekrieges in die Höhe geschnellt waren.

Es sollte großen industriellen Stromverbrauchern wie der Aluminium-, Stahl-, Glas- oder Zementindustrie dabei helfen, unter der Aufsicht einer öffentlichen Einrichtung, die als einziger Käufer und Verkäufer für die teilnehmenden Unternehmen auftritt, gemeinsam Stromabnahmeverträge für erneuerbare Energien zu unterzeichnen.

Ziel der Regelung war es, die Kosten für die Anpassung der industriellen Produktion an die schwankende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien aus Wind- und Solaranlagen – die so genannten Fixing- oder Shaping-Kosten – zu mindern.

Diese Kosten wurden von der Europäischen Kommission als Haupthindernis identifiziert, das industrielle Stromverbraucher davon abhält, Stromabnahmeverträge für erneuerbare Energien (PPA) zu unterzeichnen. Letztere werden von Brüssel als Teil der vorgeschlagenen Strommarktreform gefördert.

Die Regelung wurde jedoch am Freitag (6. Oktober) von der Wettbewerbsdirektion der Europäischen Kommission abgelehnt, wie das griechische Aluminium- und Energieunternehmen Mytilineos mitteilte.

„Letzten Freitag teilte die GD COMP der griechischen Regierung mit, dass sie den Green Pool nicht genehmigen wird“, so der Geschäftsführer von Mytilineos in einem Brief an die Mitglieder von Eurometaux, einem Handelsverband der Nichteisenmetallindustrie.

Mytilineos zufolge ist der Hauptgrund, den die Kommission anführt, dass erneuerbare PPA nicht als „Dekarbonisierungs“-Aktivitäten von stromintensiven Industrien angesehen werden könnten, da sie nicht zu den so genannten Scope-1-Emissionen gehören – also den Emissionen, für die die Produzenten direkt verantwortlich sind.

„Unabhängig von solchen Vorwänden war der zugrundeliegende Beweggrund, der den griechischen Behörden wiederholt mitgeteilt wurde, dass der COMP in keiner Weise – direkt oder auch nur indirekt – Subventionen für Strompreise für energieintensive Industrien zulassen will“, heißt es in dem Schreiben, das Euractiv vorliegt.

Die Weltbank hat Aluminium als ein „hochwirksames“ und „bereichsübergreifendes“ Metall für umweltfreundliche Energietechnologien identifiziert, die von Elektrofahrzeugen bis hin zu Solar-Photovoltaik und Geothermie reichen.

In Europa ist die Industrie jedoch im Laufe der Jahre stetig zurückgegangen, wobei die Produktion von über 4,5 Millionen Tonnen vor 15 Jahren auf derzeit 2,7 Millionen Tonnen gesunken ist.

Die Europäische Kommission hat auf Euractivs E-Mails und Anrufe mit der Bitte um Stellungnahme nicht reagiert. Auch die ständige Vertretung Griechenlands in Brüssel lehnte eine Stellungnahme ab.

Metallindustrie konsterniert

Auf Seiten der Industrie reagierte Guy Thiran, Generaldirektor von Eurometaux, mit Bestürzung.

„Wir sind überrascht und enttäuscht, dass die Europäische Kommission Griechenlands ‚Green Pool‘-Vorschlag abgelehnt hat“, sagte Thiran gegenüber Euractiv. Das System habe alle Kriterien in Bezug auf die Dekarbonisierung, die Wettbewerbsfähigkeit und den Einsatz erneuerbarer Energien erfüllt.

„Es war ein wichtiges Modell, das auch dem Metall- und Energiesektor in anderen EU-Mitgliedsstaaten bei der Dekarbonisierung helfen würde“, sagte er gegenüber Euractiv.

Laut Thiran hätte das System dazu beigetragen, die Aluminiumherstellung innerhalb der EU-Grenzen zu halten. Dies wäre vor allem aufgrund der Aufnahme von Bauxit, Tonerde und Aluminium in die Liste der kritischen Rohstoffe der EU notwendig gewesen.

„Die stromintensiven Metallproduzenten leiden noch immer unter der durch den Krieg in der Ukraine verursachten Energiekrise“, sagte Thiran. „Wenn es Europa ernst damit ist, seine strategische Metallproduktion ‚Made in Europe‘ zu erhalten, brauchen wir dringend echte Lösungen wie den Green Pool“, fügte er hinzu.

Paul Voss, Generaldirektor des Branchenverbands European Aluminium, zeigte sich ebenfalls bestürzt.

„Wir sind zutiefst beunruhigt und wirklich schockiert über die Ablehnung dieser innovativen Initiative“, so Voss in einer E-Mail an Euractiv.

„Diese Entscheidung untergräbt nicht nur auf gefährliche Weise die Argumente für Investitionen in Solar- und Windenergie in Griechenland, sie sendet auch die klare Botschaft, dass energieintensive Industrie, selbst wenn sie durch erneuerbare Energien angetrieben wird, in Europa einfach nicht mehr erwünscht ist.“

Mytilineos zufolge hätte der Green Pool direkt zu 4 Gigawatt an neuen Wind- und Solarinvestitionen in Griechenland geführt und gleichzeitig erschwingliche Strompreise für energieintensive Industrien gesichert.

Außerdem hätte das System leicht in anderen Ländern nachgeahmt werden können, weshalb es von anderen EU-Wirtschaftsverbänden wie BusinessEurope und WindEurope unterstützt wurde.

Für die Aluminiumindustrie ist die Enttäuschung umso größer, da in der EU in letzter Zeit oft von „strategischer Autonomie“ im Rohstoff- und Energiesektor die Rede ist.

Im Dezember letzten Jahres versprach EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine „neue, durchsetzungsfähige Industriepolitik“ mit einfacheren EU-Beihilfevorschriften als Antwort auf den Inflation Reduction Act der USA.

Letzten Monat kündigte die Kommissionschefin an, dass der europäische Green Deal in eine neue Phase eintrete, die sich auf die Industriepolitik konzentriere und mit dem Start einer Reihe von Dialogen über den ökologischen Wandel mit einzelnen Sektoren beginne.

„Die Zukunft unserer Cleantech-Industrie muss in Europa gemacht werden“, erklärte von der Leyen in ihrer jährlichen Rede zur Lage der Union vor dem Europäischen Parlament.

Die Entscheidung der Kommission über das Green-Pool-Programm scheint dieser Haltung jedoch zu widersprechen. „Es wird immer deutlicher, dass die Kommission die energieintensiven Industrien aufgegeben hat“, so Mytilineos in seinem Brief an die Eurometaux-Mitglieder.

„Wir werden als problematischer Sektor angesehen, der viel Energie verbraucht, und die Kommission opfert uns gerne, um die schwierigen Entscheidungen zu vermeiden, die notwendig wären, um wettbewerbsfähige Energiepreise in Europa zu gewährleisten.“

Gleichzeitig „reduziert die Abschaltung der energieintensiven Verbraucher in Europa auch die in Europa anfallenden Emissionen, was es der Kommission ermöglicht, ihren Green Deal als Erfolgsgeschichte zu präsentieren“, heißt es in dem Schreiben weiter.

„Das kann nicht der Weg in die Zukunft sein“, so Voss weiter.

[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic]

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