Sinn der Richterschelte :
Keine Entscheidung ist unanfechtbar

Von Klaus Ferdinand Gärditz
Lesezeit: 5 Min.
Frank Ulrich Montgomery
Richterschelte, auch unsachliche, erfüllt im Rechtsstaat eine wichtige Funktion. Wo Kritiker sich mit den juristischen Urteilsgründen gar nicht erst beschäftigen, werden soziale Wirkungen des Rechts Thema. Ein Gastbeitrag.

Richterschelte ist ein Stachel im Fleisch des in sich selbst ruhenden Rechtsstaats, der auf die Integrität und Leistungsfähigkeit seiner Institutionen vertrauen muss. Ein Beispiel lieferte jüngst Frank Montgomery, Präsident des Weltärztebundes. Er echauffierte sich über Entscheidungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, weil „kleine Richterlein sich hinstellen“ und „2 G im Einzelhandel kippen, weil sie es nicht für verhältnismäßig halten“. Nun ist die Verhältnismäßigkeit ein vom Verordnungsgeber zu beachtender Maßstab, der zu rationalem Maßnahmendesign zwingt. Montgomerys Missbilligung setzte sich mit den Entscheidungsgründen gar nicht auseinander, blieb letztlich Wichtigtuerei mit dem intellektuellen Tiefgang eines Dislike-Buttons. Wer dahinter gleich einen Angriff auf die Gewaltenteilung wähnt, überschätzt das Reflexionsniveau, auf dem solche Debatten geführt werden. Gleichwohl geht es um ein grundsätzlicheres Problem.

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