„Der Kotzbrocken“ im Ersten :
Total von der Rolle

Von Heike Hupertz
Lesezeit: 3 Min.
Sinnliche Andeutungen, Blicke, Gesten: Roeland Wiesnekker und Aglaia Szyszkowitz
Menschenfeind trifft Chaotin mit Herz: „Der Kotzbrocken“ beginnt wie eine handelsübliche romantische Komödie. Durch das glänzende Spiel der beiden Hauptdarsteller wächst der ARD-Film aber über sich hinaus.

Schon wieder eine, die mit Krüppelbespaßung ihr leeres Karmakonto auffüllen möchte. Zyniker Georg (Roeland Wiesnekker) brütet in seinem verrauchten, ungelüfteten Zimmer in der Pflegeeinrichtung vor sich hin. Seinen nutzlosen Körper hat er aufgegeben. Wenn er nicht pöbelt oder mit dem Glasaschenbecher nach Sophie (Aglaia Szyszkowitz) wirft, gefällt er sich in ungehemmtem Hadern mit sich selbst. Von Richter Mair (Felix Vörtler) wegen zahlreicher unbezahlter Strafmandate zu dreihundert Sozialstunden verurteilt, hat sich die alleinerziehende Mutter zweier Kinder die widerwillig angetretene Aufgabe wohl anders vorgestellt. Vielleicht etwas Rollstuhlschieben und Sonnetanken im Park, begleitet von ein paar aufmunternden „Das-wird-schon-wieder“-Sprüchen? Müsste reichen. Falsch gedacht. In ihrem eigenen Leben hat sie genug damit zu tun, den Kopf über Wasser zu halten. Zwei Jobs, kein Mann, Tochter Laura (Emilie Neumeister) in der Pubertät und schwierig, der jüngere Sohn Linus (Arseni Bultmann) ohne Betreuung. Im Selbstmotivieren ist sie einsame Spitze. Probleme werden gelöst, wenn sie anfallen. Oder ignoriert, wie die Strafmandate. Ansonsten nimmt sie wie Georg kein Blatt vor den Mund. Falsches Mitleiden oder das Schönreden der politisch korrekten Sprache im Umgang mit Behinderten sind ihre Sache nicht.

Ohne Abo weiterlesen
Dies ist kein Abo. Ihre Registrierung ist komplett kostenlos, ohne versteckte Kosten.
Oder 3 Monate für 1 € pro Monat Zugang zu allen FAZ+ Beiträgen erhalten und immer aktuell informiert bleiben.