Indonesien :
Drachen sind noch immer die schlimmsten Kannibalen

Lesezeit: 10 Min.
Ich bin hier der Chef: Wenn ein Komodowaran im Anmarsch ist, sollte man besser den Weg frei machen.
Komodowarane sehen nicht nur furchteinflößend aus, sie sind auch zum Fürchten. Denn sie scheren sich nicht darum, dass der Mensch die Krone der Schöpfung ist. Eine Reise in die Urzeit Indonesiens zu den größten Echsen der Erde.

Sie kommen aus dem Nichts und kennen nur ein Ziel. Plötzlich sind sie da wie Geistererscheinungen im Gestrüpp: ein halbes Dutzend monströser Echsen mit schuppiger Haut und gespaltener Zunge, diesem Urbild biblischer Bösartigkeit, halb Krokodil, halb Schlange, ganz und gar Leviathan, Irrläufer der Evolution aus Dinosaurierzeiten, Fabelwesen in Drachengestalt aus fernen Mythenwelten, Überlebende einer vierzig Millionen Jahre alten Prähistorie mit schwankendem Gang wie ein betrunkener Brontosaurus. Auf acht Kilometer Entfernung wittern sie, was wir erst im letzten Augenblick bemerken - den Gestank eines verwesenden Wasserbüffels, den die Komodowarane vor ein paar Tagen ins Bein gebissen haben, um dann geduldig auf seinen Tod und ihren Lohn zu warten. Jetzt liegt das Tier mit aufgerissenen Augen auf der Seite als kläglicher Rest seines eigenen Kadavers, dessen Bauch nurmehr ein klaffendes Loch ist und an dessen Knochen kaum mehr ein Fetzen Fleisch hängt. Ein junger Waran kriecht in die Öffnung, verschwindet fast in ihr, nagt an den letzten Eingeweiden, missmutig beäugt von einer alten Riesenechse, der die karge Kost des Wasserbüffelgerippes die Laune zu verderben scheint. Dann hebt sie kaum merklich den Kopf, dreht ihn minimal in unsere Richtung, als taxiere sie uns, als prüfe sie unseren Nährwert und überlege, ob sich die Anstrengung einer Attacke in der Hitze lohne, wohlwissend, dass sie über das notwendige Waffenarsenal verfügt, um uns zu töten. Doch das Schicksal meint es heute noch einmal gut mit uns.

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