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DIE KUNST, EINEN GTO ZU STARTEN

17 gennaio 2020

Vincenzo Borgomeo

Es ist nicht damit getan, den Zündschlüssel zu drehen und aufs Gaspedal zu drücken. Der legendäre Ferrari 250 GTO verlangt (wie auch alle anderen 12-Zylinder dieser Zeit) eine ganz genaue, ja fast manische Prozedur. Dieses Vorspiel muss man wie einen guten Cognac genießen, in Erwartung eines unvergleichlichen Fahrvergnügens


Das Warmlaufenlassen des Motors – wie auch das Einfahren – sind Dinge, die mittlerweile in Vergessenheit geraten sind. Doch für passionierte Fahrer handelte es sich dabei um magische Rituale – und das ist auch heute noch so! Eine notwendige Vorarbeit, die alles schöner macht. Wer Autos liebt, widmet sich ihr mit Leib und Seele. Deshalb sind Oldtimer-Ferraris eine Welt für sich: Mit ihren gigantischen – und sehr leistungsstarken – Motoren sind es die Autos, die das magische Ritual des Warmlaufenlassens am dringendsten benötigen.

Und natürlich gibt es dafür einen technischen Grund, der diesmal nichts Sentimentales an sich hat: Der historische Ferrari-V12-Motor, wie ihn der GTO, die Daytona oder in jüngerer Vergangenheit die Ferraris 400 und 412 besaßen, fasst beinahe 20 Liter Öl. Ein moderner V12-Motor, wie der des 812 oder des GTC4, fasst nur die Hälfte. Und das ist nicht alles: Die Ölkanäle, die „Venen“ des Motors, waren einst nicht sehr zahlreich und zudem sehr eng. Um die richtige Temperatur und den erforderlichen Öldruck zu erreichen, benötigt ein historischer V12-Motor mindestens 20 Minuten Warmlaufzeit – pardon „Vorbereitungszeit“.

Für Oldtimerliebhaber ist dies ein äußerst unterhaltsames Ritual, denn in diesen Minuten kann man den V12 richtiggehend dabei beobachten, wie er zum Leben erwacht und sich darauf vorbereitet, seine ganze unglaubliche Kraft zu entfesseln. Doch natürlich ist es nicht nur eine Frage des Motors: Das ganze Auto muss „warm werden“: „Mit dem GTO und auch allen anderen Oldtimer-Ferraris“ – erklärt Gigi Barp, Leiter von Ferrari Classiche – „sollte man sich eine Minute nach der Zündung mit dem Auto in Bewegung setzen, ganz vorsichtig, damit sich die Flüssigkeiten aufwärmen und überall verteilen können. Sie schmieren und kühlen das „Geschöpf“, sodass, sobald der Motor zum Singen bereit ist, auch die Gangschaltung, das Differential und das gesamte Getriebe für den magischen Ritt des GTO bereitstehen.“

Eine echte journalistische Glanzleistung und gleichzeitig die schönste Erzählung zum Ritual des Warmlaufenlassens hat uns Jess Pourret geschenkt, der Gründer des Club Ferrari France und ein begeisterter Sammler der roten Flitzer. Im Buch „Ferrari 250 GTO“ (K. BLUEMEL UND J. POURRET, Giorgio Nada Editore, Mailand, 1988) stoßen wir am Ende auf ein Kapitel, das auch für sich allein den Kaufpreis des ganzen Bandes wert wäre: „Mein Leben mit dem GTO“. „Wir“ – schreibt Pourret – „also ich und der 3607 GT (die GTOs werden nach ihrer Fahrgestellnummer benannt, Anm. d. Red.), sind nun bereits seit beinahe 20 Jahren verheiratet, doch unsere Flitterwochen dauern bis heute an.

Wir haben soviel gemeinsam erlebt.“ Und nachdem er erzählt hat, wie er alle möglichen Teile des Autos ab- und wieder anmontiert hat, nach einer echten Liebeserklärung („Der GTO hat mir Freude und Erfüllung wie kein anderes Auto geschenkt, denn er ist soviel mehr als ein Auto“) beginnt Pourret mit der Beschreibung einer Spritztour: „In der Garage ist alles ruhig. Ein magischer Moment. Der Spaß beginnt. Die Lichter sind an. Hier ist er, unter einer Schicht von Staub, die seine weiblichen Rundungen bedeckt. Weg mit dem Staub, ein Schritt zurück, um ihn besser betrachten zu können. Ein Traum, die Karosserie glänzt wieder, doch noch ist er kalt.“ 

Jess beschreibt bis ins kleinste Detail das Kontrollritual vor dem Motorstart, das in seiner ganzen Länge zelebriert wird. Und dann geht es los. „Die Weber husten leicht und spucken ein paar Feuerzungen, die auch zu hören sind, es ertönen merkwürdige Rülpser, die wie ein „Bang“ klingen, und scharfer Rauch erfüllt die Garage. Was für Momente …

Alle 12 Zylinder arbeiten, und nach einigen Minuten bei einer Drehzahl von 1500 funktioniert alles in perfekter Synchronie. Die Kupplung befindet sich noch im Leerlauf – dann lege ich den ersten Gang ein und lasse die Kupplung langsam kommen. Der GTO erwacht zum Leben: Das Blut läuft heiß durch seinen Körper, als er aus der Garage rollt und das Sonnenlicht erblickt. Ich fahre für gute 15 Minuten langsam vor mich hin: Für dieses Ritual benötigt man eine gewisse Neigung …“

An diesem Punkt stoppt Pourret abermals. Weitere Kontrollen sind nötig, die minutiös beschrieben werden. Dann geht es weiter: „Beim erneuten Start setzen sich die 12 Zylinder in Bewegung, wie eine gespannte Feder, die man loslässt, und die Auspuffrohre