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Winnenden-Amoklauf: Zeugnisse aus dem Netz
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dpa Bild 8/16 - ... und kämpfen doch. Hardy Schober und Gisela Mayer verloren ihre Töchter. Gemeinsam gründeten sie das „Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden“, das mehr Sozialarbeiter an Schulen, ein Verbot von Killerspielen sowie großkalibriger Waffen in Haushalten fordert.
Kritik an Amoklauf-Ermittlungen zurückgewiesen
dpa Bild 15/16 - Im September oder Oktober soll entschieden werden, ob gegen den Vater des Amokläufers Anklage erhoben oder ein Strafbefehl erlassen wird. Die Waffe hatte ungesichert im Schlafzimmer-Kleiderschrank versteckt hinter der Kleidung der Eltern gelegen.
Akten im Oberlandes gericht Stuttgart
dpa Bild 16/16 - Ist der Vater des Amokläufers mitschuldig? Im Herbst soll das Landgericht Stuttgart grundsätzlich klären, ob ein Waffenbesitzer, der seine Waffe nicht ordnungsgemäß aufbewahrt, verantwortlich für Straftaten gemacht werden kann, die mit der Waffe verübt werden.
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Auf der Jagd nach Informationen avancierte die Internetseite Twitter zum Lieblingsmedium der Journalisten. Den Täter finden sie hier aber bislang nicht.

Kurz nach den Schüssen in der Kleinstadt Winnenden quoll der Nachrichtenstrom im Microblogging-Dienst Twitter schier über: Mehr als 50 Meldungen pro Minute füllten den Ticker-ähnlichen Kurznachrichtendienst im Netz mit Texten zu dem Amoklauf – auf Deutsch, Englisch, Dänisch oder Belgisch. Die meisten kommentierten das Geschehen aus weiter Ferne, manche waren ganz dicht dran.

So etwa eine junge Frau aus dem Bahnhofsgebäude in Winnenden. Unter dem Namen „tontaube“ twitterte sie als Erste live über das Chaos vor der Tür: „Unheimlich“ beschreibt die ehemalige Studentin aus Schwaikheim das Chaos vor der Tür. „Aber solange die Polizei hier vorm Bahnhofsbüro steht, fühl ich mich einigermaßen sicher.“



„Meine Nichte geht in Winnenden zur Schule“

Andere steigen in das Meldungsrauschen ein. „Beide Patenkinder sind auf der Schule“ schreibt ein Mann aus Konstanz. „Der Sohn einer Bekannten wurde (…) verletzt ...“, berichtet eine Stuttgarterin. Ein Twitterer aus Köln meldet: „Meine Nichte geht in Winnenden zur Schule.“ Nahezu zeitgleich schreibt ein anderer: „Bin saufroh, dass meine Mutter heute nicht in Winnenden auf der Arbeit war.“ Fünf Minuten später dann auch die Entwarnung des Kölners: „Meiner Nichte geht es gut.“


Genervt Kontakt-Button entfernt

Zwischen den Zeugnissen der Angehörigen rauschen auch immer wieder die neuesten Meldungen der Nachrichtenagenturen durch den Twitter-Äther, die zitiert, kommentiert und manchmal auch berichtigt werden: „ich glaub die sind sich noch nicht sicher. die stehen hier mit mgs an den bahnhoefen rum!“ antwortet ein User kurz vor 13 Uhr auf die Meldung, der Täter sei gefasst.

Die Live-Reporter jedenfalls sind heißbegehrt: Den Echtzeitbericht von „tontaube“ etwa verfolgen die Medien genau – zu genau: „ Liebe Presse: ich weiss doch auch nichts von dem Verrückten ...“ zeigt sie sich gegen 12:30 Uhr offenbar etwas genervt und entfernt den Kontakt-Button aus ihrem Profil.
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Screenshot "Ich weiß doch auch nichts“: Profil von Twitter-Nutzerin „tontaube"

Um trotzdem Kontakt zu Usern aufnehmen zu können, richteten die Journalisten dann sogar eigens Twitter-Profile ein. Einer der Ersten war „mobjerg”, ein Fernsehjournalist aus Dänemark. Nicht einmal eine Stunde nach der Tat bat er Twitter-User aus Winnenden sich bei ihm zu melden: „Are you in Winnenden right now? If yes could you call me?“ Gerade Journalisten, die fernab des Geschehens waren, versuchten über den Dienst an ungefilterte Informationen zu kommen. Für den Nachrichtensender CNN durchkämmten gleich mindestens drei Reporter den Twitter-Strom. Der arabische Sender Al Jazeera begab sich ebenfalls über die Website auf die Suche nach Hinweisen.

Der Alltag manches Twitter-Users wurde so von einem Moment auf den anderen auf den Kopf gestellt. Eben noch in die Arbeit vertieft, jetzt weltweit gefragter Interviewpartner. Ein telefonischer Vor-Ort-Bericht der Schwaikheimerin „tontaube“ ging schon um 11.30 Uhr beim französischen Auslandskanal „France 24“ auf den Sender. „Thanks a lot for talking to us live on France 24”, bedankte sich die Redaktion später – freilich via Twitter.

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Screenshot Vermeintlicher Täter-Account bei Myspace

Vermeintliche Netzspuren

Trotz der Internet-Euphorie der Journalisten gibt es bislang kaum ernsthafte Spuren im Netz. So bestehen etwa keine klar zuordenbare Profile des mutmaßlichen Täters in populären Online-Communitys. Zwar findet sich bei der Suche nach dem Namen auf der Plattform Myspace tatsächlich ein Account eines angeblich 18-Jährigen, das auch noch Pistolen als Profilbild zeigt. Doch als Ort ist hier Hessen angegeben, weitere Informationen zeigt die Myspace-Seite nicht.

Auch sonst: Keine Videos, mit denen der Schütze die Tat vorher ankündigt, so wie etwa wie beim 22-Jährigen Amokläufers in der finnischen Kleinstadt Kauhajoki, der neun Mitschüler und einen Lehrer seiner Schule erschoss, bevor er sich selbst umbrachte – er war zuvor durch martialische Videos bei Youtube aufgefallen. Zwar führt der hessische Myspace-Account tatsächlich auf ein Youtube-Profil, in dem ein junger Mann aggressiv rappt und von einem „Schuss in deine Brust“ singt. Darunter Kommentare, in denen der Name des mutmaßlichen Täters vorkommt. Doch erste Hinweise sprechen dafür, dass es sich dabei vermutlich um eine andere Person handelt.

Auch ein im Netz kursierendes Foto, das angeblich die Abschlussklasse des mutmaßlichen Täters zeigt, ist bislang nicht verifizierbar. Denn die digitale Jagd auf Informationen im Netz legte offensichtlich die Homepage der Albertville-Realschule lahm: Die Website ist zurzeit nicht mehr aufrufbar.

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