Die Bulimie gehört zu den psychisch bedingten Essstörungen. Sie betrifft überwiegend junge Frauen. Die Patientinnen leiden an wiederkehrenden Fressanfälle. Um nicht zuzunehmen versuchen sie anschließend, die Nahrung wieder loszuwerden, durch Erbrechen, den Missbrauch von Abführmitteln, exzessiven Sport oder Diäten.
- Bulimische Patienten sind meist normalgewichtig.
- Eine Körperschemastörung ist häufig die Ursache.
- Das Ziel der Therapie ist eine Normalisierung des Essverhaltens.
Bulimia nervosa (auch Ochsenhunger: griech. buos = Ochse und limos = Hunger, neulat. nervosa = nervös) tritt in erster Linie bei jungen Frauen zwischen 17 und 20 Jahren auf, selten vor dem 14. Lebensjahr oder bei jungen Männern. Die Betroffenen einen zwanghaften Umgang mit Essen. Neben dem gestörten Essverhalten ist das negative Körperbild ein zentrales Merkmal der Bulimie (auch Ess-Brech-Sucht).
Ursachen, Auslöser, Risikofaktoren
In der Regel sind bulimische Patientinnen normalgewichtig, seltener unter- oder übergewichtig. Gemeinsam ist allen Betroffenen, dass sie sich aufgrund einer Körperschemastörung zu dick fühlen und krankhafte Furcht vor Gewichtszunahme haben. Bei vielen Patientinnen ist ein gering ausgeprägtes Selbstwertgefühl mit einer depressiven Symptomatik gekoppelt. Zudem ist das Selbstwertgefühl stark an das eigene Körpergefühl gebunden. Essen, Gewicht, Figur und gutes Aussehen sind enorm wichtig. Depressive Störungen können einer Bulimie nervosa vorausgehen, sind aber auch häufige psychische Begleiterkrankung.
Bei der Krankheitsentstehung sind Faktoren wie eine genetische Disposition, familiäre Einflüsse (Beziehungskonflikte, subjektive oder objektive Überforderung, Missbrauch), sozio-kulturelle Einflüsse (Schönheitsideal schlank) und die psychische Entwicklung in Kindheit und Jugend beteiligt. Diäten, Trennungs- und Verlusterfahrungen, Bedrohungen des Selbstwertgefühls oder Belastungen in der Familie können Auslöser für eine Bulimia nervosa sein.
Symptome
Wirkt das Essverhalten bulimischer Betroffener in der Öffentlichkeit oft kontrolliert und weitgehend „normal“, beschäftigen sie sich gedanklich permanent mit Essen. Sie sind von einer unwiderstehlichen Gier nach meist hochkalorischen, ungesunden („verbotenen“) Nahrungsmitteln getrieben. Um nicht dicker zu werden, versuchen sie die Hungersignale extrem zu kontrollieren, erliegen aber unterschiedlich häufig Essattacken, bei denen sie in sehr kurzer Zeit große Mengen Lebensmittel verschlingen. Während eines – geplanten und heimlichen - Essanfalls sind sie nicht in der Lage, mit dem Essen aufzuhören und verlieren auch die Kontrolle über Art und Menge des Essens.
Die Angst aufgrund der Heißhungerattacke zuzunehmen lässt sie mit den drastischen Maßnahmen gegensteuern. Der Purging-Typ (engl. purging = säubern) kontrolliert sein Gewicht mit selbst herbeigeführtem Erbrechen, Klistieren (Einläufen), dem Missbrauch von Abführmitteln und Entwässerungsstabletten. Der Non-Purging-Typ hält das Gewicht durch Hungern und exzessive sportliche Aktivität. Fast immer sind diese Essattacken und die anschließenden Maßnahmen mit einem Gefühl der Scham über den Kontrollverlust und mit Selbstanklage verbunden.
Betroffene ziehen sich mitunter zurück und vernachlässigen ihre Interessen. Die Bulimie nervosa hat je nach Ausprägung – Anzahl der Essattacken und Art der Gegenmaßnahmen – und Dauer unterschiedlich schwere psychische und körperliche Folge- und Begleiterkrankungen. So leiden die Betroffenen mitunter an Depressionen, Angststörungen und sozialen Phobien. Zudem kann es zu Abhängigkeitsstörungen (Alkohol, Drogen, Medikamente, Kaufsucht), Selbstverletzungen und Persönlichkeitsstörungen (häufig Borderline-Persönlichkeitsstörung) kommen.
Durch die großen Essmengen kommt es zu Beschwerden in Magen und Darm. Das häufige Erbrechen kann schwere Schäden an den Zähnen und Entzündungen in der Speiseröhre (durch den Magensaft) verursachen. Mineralstoffentgleisungen (Kalium-, Natrium – und Calciummangel) durch Abführmittel und Entwässerungstabletten können zu Herzrhythmusstörungen führen, die Monatsblutung kann ausbleiben.
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Diagnose
Kriterien für eine Bulimie-Diagnose sind die wiederkehrenden Essanfälle (mindestens zweimal wöchentlich innerhalb von sechs Monaten) sowie die gewichtsreduzierenden Maßnahmen wie selbstinduziertes Erbrechen, Abführmittel- und Entwässerungsmittelmissbrauch, Fastenkuren und übermäßige körperliche Betätigung. Die Betroffenen haben oft eine scharf definierte, sehr niedrige persönliche Gewichtsgrenze.
Ihre Figur und das Körpergewicht haben einen übermäßigen Einfluss auf die Selbstbewertung. Um herauszufinden, wie schwerwiegend die Erkrankung ist und welche Begleiterkrankungen bestehen, sind eine umfassende Anamnese (Patientenbefragung) und Untersuchungen notwendig.
Therapie
Eine Bulimie-Therapie zielt immer auf eine Normalisierung des Essverhaltens und die Bewältigung der bereits im Vorfeld oder zeitgleich existierenden psychischen Probleme und erfolgt bestenfalls unter Einbeziehung des nahen Umfelds (Eltern, Partner). Auch die körperlichen und psychischen Begleiterkrankungen bedürfen einer Behandlung – meistens ambulant, bei besonderer Schwere kann jedoch eine teilstationäre oder stationäre Behandlung notwendig sein. Das gilt insbesondere bei Patientinnen, die sich selbst schwer verletzen,begleitend drogen- oder alkoholabhängig oder suizidgefährdet sind oder wenn eine ambulante Therapie gescheitert ist.
In einer Psychotherapie - Einzel-, Gruppen- oder Familientherapie – steht die Suche nach Gründen für die Krankheit im Fokus. Weiterhin sollen die Betroffenen Strategien zur Problembewältigung erlernen und die Einstellung zur eigenen Person und zu ihrem Körper verbessern. Als wirksamte Psychotherapie hat sich die kognitive Verhaltenstherapie erwiesen. Besteht eine begleitende Depression, lässt sich die Therapie mit Antidepressiva unterstützen.