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Postet Pro-Palästina-Parole: Erst Tränen, jetzt Israel-Hass: Die Geschichte von Merkels Flüchtlingsmädchen
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Antisemitisch? Politiker will „Merkels Flüchtlingsmädchen“ deutschen Pass wegnehmen
Bild: picture alliance/dpa/Collage: MOPO Antisemitisch? Politiker will „Merkels Flüchtlingsmädchen“ deutschen Pass wegnehmen

Als Reem Sahwil vor der damaligen Kanzlerin Merkel in Tränen ausbrach, wurde sie zum Gesicht der Flüchtlingskrise. Nun postet die 23-Jährige antisemitische Parolen auf Instagram und steht massiv in die Kritik. Die Geschichte von „Merkels Flüchtlingsmädchen“.

Reem Sahwil (23) galt lange als das Gesicht der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge. Ihre Teilnahme am Bürgerdialog „Gut leben in Deutschland“ mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) brachte ihr 2015 sogar den Spitznamen „Merkels Flüchtlingsmädchen“ ein. Bei der Veranstaltung erzählte die damals 15-Jährige der Kanzlerin in bewegenden Worten von ihrem Leben als staatenlose Palästinenserin. Ihren Heimatort im Libanon verließ sie 2010 mit ihrer Familie. Im Gespräch erklärte Sahwil, wie bedrückend es sei, dass die Familie seit fünf Jahrenin Deutschland nur geduldet sei.

Als Merkel jedoch von der notwendigen Rückführung einiger Asylbewerber sprach, brach Sahwil in Tränen aus und erzählte von ihrer Angst vor der Abschiebung. Auch Merkels etwas unbeholfene Tröstungsversuche sorgten dafür, dass der Clip viel Aufmerksamkeit bekam.

„From the river to the sea“: Sahwil postet Pro-Palästina-Parole

Knapp acht Jahre später macht Sahwil erneut Schlagzeilen, allerdings aus einem ganz anderen Grund. Wenige Wochen nach dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel teilte sie auf Instagram eine Zeichnung, die die Umrisse Israels und der palästinensischen Gebiete zeigt. Darunter steht der Spruch: „From the river to the sea #free palestine“.

Der Aufruf ist unter pro-palästinensischen Aktivisten weit verbreitet und fordert die Errichtung eines palästinensischen Staates vom Jordan bis zum Mittelmeer. Damit wird jedoch dem jüdischen Staat Israel das Existenzrecht abgesprochen - die Parole ist somit eindeutig als antisemitisch einzustufen. Im Zuge des Hamas-Verbotes wurde der Spruch auch von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verboten. Zuvor war er deutschlandweit auf nahezu jeder Pro-Palästina-Demonstration zu hören.

Kritik gibt es auch an Sahwils Profilbild. Darauf zu sehen ist ein Bild des Felsendoms in Jerusalem in den Formen der Karte Israels. Das Bauwerk beziehungsweise die darin eingebetteten Felsen sind sowohl für den jüdischen als auch für den muslimischen Glauben von großer Bedeutung. Auf Sahwils Profilsbild ist vor dem Felsendom jedoch eine palästinensische Flagge zu sehen – auch dies lässt sich als Aberkennung des Existenzrechts Israels verstehen. 

From the river to the sea: Reem Sahwil teilt antisemitische Parole
Instagram/Sahwil "From the river to the sea": Reem Sahwil teilt antisemitische Parole

Der Medienrummel hat Sahwil hart getroffen

Inzwischen ist jeder Hinweis auf Israel oder Palästina aus Sahwils Profil verschwunden. Einen Medienrummel wie 2015 scheint die heute 23-Jährige vermeiden zu wollen. „Weil ich jetzt weiß, was danach kommt, und ich möchte diese Kritik nicht von vorne erleben“, sagte sie bereits 2019 dem Nachrichtenportal „The Pioneer“ als Erklärung für ihren Rückzug aus den Medien.

Dabei hatte sie über ihr bisheriges Leben 2017 sogar in einem Buch berichtet. In „Ich habe einen Traum“ beschrieb sie allerdings nicht ihren Wunsch, in Deutschland zu leben. Zunächst ging es um etwas scheinbar Banales: Laufen lernen. Denn Sahwil hat seit ihrer Geburt eine Gehbehinderung, saß lange im Rollstuhl. Um laufen zu können, war eine Operation nötig.

Doch die Familie lebte in einem Flüchtlingslager im Libanon, wo Palästinenser kaum Rechte besitzen. Der Vater brauchte Jahre, um das nötige Geld zusammenzusparen. 2009 flog Sahwil schließlich mit ihrer Mutter und ihrem Bruder nach Deutschland. Seitdem wohnt die Familie in Rostock in einer Plattenbausiedlung. Nach ihrem Auftritt beim Bürgerdialog standen immer wieder Journalisten vor ihrer Tür und berichteten über den Alltag des Flüchtlingsmädchens.

Damals wollte Sahwil ihren Realschulabschluss machen, studieren und dann arbeiten. Entweder als Dolmetscherin oder Psychologin. Nach langer Duldung erhielt sie 2017 eine Niederlassungserlaubnis, auch wegen ihres Engagements als Schulsprecherin und ihrer guten Noten in Deutsch und Englisch. Auch ihre Eltern engagierten sich ehrenamtlich. Der Vater in der Flüchtlingshilfe, die Mutter in einer Weiterbildungseinrichtung.

Merkel-Berater will Sahwil Staatsbürgerschaft entziehen

Schon 2015 interessierten sich viele Medien für Sahwils Meinung zum Nahost-Konflikt. Ihre Großeltern stammen aus Haifa, einer Hafenstadt. Die Familie floh vor dem ersten arabisch-israelischen Krieg in den Libanon. Wenige Wochen nach Sahwils Auftritt mit Merkel bekam die Familie Besuch von einem Reporter der „Welt am Sonntag“.

Über den Verlauf des Gesprächs gibt es allerdings zwei Versionen, die Sahwil in einem Interview mit der „Zeit“ schildert. Zunächst schrieb der „Welt“-Reporter, Sahwil sei für eine Abschaffung des Staates Israel. Die Familie bestritt dies. Der Fall landete vor dem Landgericht Berlin, das den Journalisten aufforderte, einige Sätze aus seinem Artikel zu streichen.

Wie Sahwil mittlerweile über den Konflikt denkt, lässt sich nur über die mittlerweile gelöschten Posts erahnen. Auch ist unklar, ob sie es an die Universität geschafft hat. Klar ist, dass sie seit Frühjahr die deutsche Staatsbürgerschaft hat, wie der Rostocker „Städtischen Anzeiger“ berichtet.

Für einen langjährigen politischen Weggefährten von Angela Merkel, Eckardt Rehberg, sollte das allerdings so schnell wie möglich revidiert werden. Rehberg war lange CDU-Landesvorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern und arbeitete als Merkels Haushälter im Bundestag. Jetzt sagte er der „Bild“-Zeitung: „Wer wie Reem unsere Werte nicht teilt, kann nicht Deutscher werden oder bleiben. Er hat sich die Einbürgerung erschlichen.“

Die Einbürgerung sei ein Fehler gewesen, sie gehöre „korrigiert, Pass und Staatsbürgerschaft entzogen“. Die Ausländerbehörde in Mecklenburg-Vorpommern teilte auf Anfrage von „Bild“ mit, dass bei Einbürgerungen nicht explizit nach Antisemitismus gefragt werde. Das Bekenntnis zum Grundgesetz reiche für eine Staatsbürgerschaft aus.

aba
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