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Kommentar von Ulrich Reitz: Spiegel macht ihr privates Drama politisch - das ist nicht, was die Wähler bestellt haben
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Bundesfamilienministerin Anne Spiegel äußert sich bei einem kurzfristig einberufenen Pressetermin in Berlin.
Annette Riedl/dpa Bundesfamilienministerin Anne Spiegel äußert sich bei einem kurzfristig einberufenen Pressetermin in Berlin.
  • FOCUS-online-Korrespondent

Das Vorschieben privater Probleme als Rechtfertigung für politische Versäumnisse gehört sich nicht. Der Fall von Familienministerin Anne Spiegel und ihre Verfehlungen während der Flut vergangenes Jahr bilden da keine Ausnahme. Haltbar ist die Ministerin nicht mehr.

Ein Minister ist ein Minister, weil er ein Profi ist. Das kann sein Chef, der Bundeskanzler, von ihm erwarten. Aber auch die Partei, die ihn trägt. In diesem Fall: die Grünen, denen die Bundesfamilienministerin mit ihrer Unprofessionalität gerade schweren Schaden zufügt. Und das Wahlvolk, das ihr – mittelbar – ins Amt verholfen hat, kann ein rollengerechtes Verhalten gleichfalls erwarten.

Anne Spiegel hat alle Erwartungen enttäuscht

Anne Spiegel aber hat alle Erwartungen enttäuscht: die des Bundeskanzlers, der ihr vertraute. Die der Grünen-Führung, der sie ihr Amt verdankt, weil sie die Frau nominierten. Und der Bevölkerung, die sich jetzt allerhand Privatangelegenheiten anhören muss, die sie, pardon: nicht bestellt hat. 

Anne Spiegel kümmert sich vor allem um eines: Anne Spiegel. Sie ist das, was man eine Ich-AG nennt. In der Ahrtal-Katastrophe war ihr ausschließlich ihre eigene Außendarstellung wichtig. Und das Gendern. Nach Anne Spiegel kam erst einmal lange nichts – vor allem nicht das Schicksal der 134 bei der Umweltkatastrophe Gestorbenen. 

Spätestens in diesem Moment hatte sich Spiegel schon untragbar gemacht. Spitzenpolitiker sind schon aus geringerem Anlass zurückgetreten. Die Grünen beanspruchen eine besondere Ernsthaftigkeit, eine besondere Moralität, für sich. Dagegen hat Spiegel eklatant verstoßen.

Was gerade besonders auffällt, weil das grüne Spitzenminister-Duo Robert Habeck und Annalena Baerbock gerade sehr viel unternimmt, um Deutschland einigermaßen sauber durch eine sehr große Krise, eine Kriegs-Krise, zu manövrieren. Gleich reihenweise werfen Habeck und Baerbock grüne Traditionen über Bord – in der Energiepolitik, aber noch mehr: Ur-DNA wie den Pazifismus.

Ministerin Spiegel macht das Privateste politisch

Eine Ministerin, die ausschließlich um sich selbst ringt, dies auch noch öffentlich, fällt da natürlich besonders negativ auf. Ein Ministeramt aber ist keine Selbsterfahrungsgruppe, sondern ein politischer Management-Job allererster Güte. Und hier hat Spiegel eklatant versagt. Sie ist den – berechtigten – Anforderungen an eine „Fortschrittskoalition“, also an eine bessere Art des Regierens, in keiner Weise gerecht geworden. In der Privatwirtschaft wäre so jemand wie Spiegel längst herausgeflogen. 

Die – ungewöhnlich genug – persönlichen Perspektiven, die Spiegel glaubte, der Öffentlichkeit mitteilen zu müssen, sind schwer verdaulich. Als Politik-Journalist will man über solche Sachen eigentlich auch gar nicht schreiben müssen. Aber Frau Spiegel selbst lässt einem keine Wahl. Sie macht das Privateste politisch.

Anne Spiegel
dpa Anne Spiegel hat bei einem kurzfristig einberufenen Statement ihren vierwöchigen Familienurlaub nach der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer als Fehler bezeichnet und sich dafür entschuldigt.

Anne Spiegel erzählt, ihr Mann habe einen Schlaganfall erlitten. Sie sagt weiter, er habe – eigentlich: Was heißt dieses „eigentlich“, dass es nicht so ernst genommen zu werden braucht? – auf Privatsphäre gepocht. Also seiner Frau gegenüber, dass diese sein schweres Schicksal nicht in die Öffentlichkeit bringt.

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Das hat Anne Spiegel aber nun doch getan, und zwar, um ihren eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Sie benutzt den gesundheitlichen Zustand ihres Mannes, um sich selbst politisch in Sicherheit zu bringen. Man kann sagen: So etwas ist abgründig. Und bestimmt ist es nicht – um ein altes Wort zu benutzen: ritterlich.

In die Kamera zu jammern, wenn das Leben zu Überforderung wird, geht nicht

Ich finde, eine Frau sollte in Deutschland Ministerin werden können, auch wenn es aufgrund der familiären Verhältnisse schwer ist. Dann muss sie es aber so organisieren, dass es klappt. Geld genug ist ja wohl da. Aber, wenn es nicht klappt und das eigene Leben und das der Familie zu einer einzigen Überforderung wird, in die Kamera zu jammern, das geht einfach nicht, kurz und hart gesagt: 

Wenn die eigenen Privatangelegenheiten einen Politiker an dem hindern, worauf die Öffentlichkeit einen Anspruch hat, nämlich: anständig regiert zu werden, dann kann dieser Politiker seinen Job nicht mehr ausüben. Und, zur Klarstellung: 

Das hat nullkommanull damit zu tun, dass Anne Spiegel eine Frau ist, Mutter von vier Kindern. Es hat nullkommanull zu tun mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und Frau Spiegel sollte es uns bitte ersparen, auch noch irgendeine Form von Feminismus für sich in Anspruch zu nehmen, um ihren Job zu retten – das wäre einfach billig.

Habeck ist nun gefordert

Robert Habeck ist Vizekanzler. Er ist damit sozusagen der höchste Amtsträger in Sachen grüner Richtlinienkompetenz. Es ist seine Aufgabe nun, Anne Spiegel die Botschaft aus der „Todeszone“ der Spitzenpolitik zu überbringen: Gewogen und für zu leicht befunden.

Sehen Sie die gesamte denkwürdige Rede von Familienministerin Spiegel

tagesschau Sehen Sie die gesamte denkwürdige Rede von Familienministerin Spiegel
 

Auch für die neue Führung der Grünen ist es eine Chance: nämlich die Maßstäbe zu klären, die Grüne an ihr eigenes Spitzenpersonal anlegen. Sie sollten das durchaus öffentlich tun, ihre Wähler würden sich bedanken. Und es wäre ein – ungewöhnlicher, aber guter Beitrag zur Förderung der politischen Kultur. 

Wenn man noch etwas zugunsten von Anne Spiegel sagen will, dann vielleicht das: Weshalb hat sich eigentlich offenkundig niemand aus der Führung der Grünen mit den privaten Lebensumständen von Anne Spiegel beschäftigt, bevor sie zur Ministerin in Berlin berufen wurde? Es gibt doch eine Fürsorgepflicht von Vorgesetzten, oder? 

Anne Spiegel ist als Ministerin jedenfalls nicht mehr haltbar. 

Und der sonntagabendliche Seelenstriptease gescheiterter Führungsfiguren sollte ein Einzelfall bleiben.  

  • Im Video:

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