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Gene oder Gefühl?: Ob ein Mann zur Vaterfigur wird, hängt besonders von einem Faktor ab
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Von Genen bis Gefühl - Was einen Vater ausmacht
Marco Rauch/dpa Ein Vater mit Kind.

Zwei Papas und eine Mama? Rechtlich ist das zwar nicht erlaubt, in vielen Familien ist das jedoch Realität wenn die Eltern getrennt sind. Welcher Mann zur Vaterfigur für das Kind wird, hängt Forscherin Lieselotte Ahnert zufolge besonders von einem Faktor ab.

Der eine wohnt mit dem Kind zusammen, der andere hat es gezeugt. Welcher Mann ist nun der Vater? Während es rechtlich zwar nur einen Vater geben kann, können neue Familienkonstellationen gleich mehrere Väter auf den Plan rufen. Manche müssen aber um ihre Position kämpfen.

Um die Frage, wer der rechtliche Vater sein darf, geht es am Dienstag beim Bundesverfassungsgericht. Es verhandelt über die Verfassungsbeschwerde eines 44-Jährigen aus Sachsen-Anhalt, der als leiblicher Vater eines Sohnes die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes anfechten will - aber nach der Gesetzeslage nicht darf, weil der andere - als neuer Partner der Mutter - eine sogenannte sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind hat.

Davon geht man zum Beispiel dann aus, wenn der Mann mit dem Kind längere Zeit zusammengelebt hat. Die rechtliche Regelung will solche Gemeinschaften vor Störungen schützen. Der biologische Vater dagegen sieht sich in seinen Grundrechten verletzt.

Vor Gericht nennt Kind beide Männer „Papa“

„Aus sozialwissenschaftlicher Sicht gibt es im Prinzip nicht das eine Vaterverständnis“, sagt Kim Bräuer, Väterforscherin und Professorin an der Dualen Hochschule Schleswig-Holstein.

Die Wissenschaft unterscheide zwischen einem rechtlichen, biologischen und sozialen Vater. „Den sozialen Vater macht aus, dass er eine enge emotionale Bindung zu dem Kind hat“, erklärt Bräuer. Er müsse nicht zwingend rechtlich oder biologisch mit dem Kind verbunden sein.

Dabei kann es Bräuer zufolge durchaus mehrere soziale Väter für ein Kind geben. „In der sozialen Realität gibt es ganz viele Konstellationen, in denen es mehrere Männer gibt, die sich um ein Kind kümmern und väterliche Aufgaben übernehmen“, sagt die Forscherin. Familienverhältnisse würden zunehmend vielfältiger. Auch im Fall vor dem Karlsruher Gericht nennt das Kind nach Angabe des Beschwerdeführers beide Männer „Papa“.

Mehrere Väter sind laut der Entwicklungspsychologin Lieselotte Ahnert kein Problem für Kinder und wirken sich auch nicht negativ auf den Aufbau von Bindungen aus. „Kinder können vielfache Bindungen aufbauen, nebeneinander“, erklärt die Gastprofessorin an der Freien Universität Berlin.

Die Beziehungen seien relativ unabhängig voneinander. Kinder mit einem leiblichen und einem sozialen Vater würden nicht dauernd Vergleiche zwischen den beiden anstellen.

„Grundlage von Bindungen sind Interaktionen“

Ob ein biologischer Vater auch als rechtlicher Vater anerkannt wird, ist Ahnert zufolge aus der Sicht des Kindes nicht so wichtig. „Die Grundlage von Bindungen sind Interaktionen“, sagt die Psychologin. „Da ist die Frage sozialer oder biologischer Vater wirklich zweitrangig.“

Für einen Vater kann die rechtliche Zuordnung dagegen relevant sein - vor allem, weil an ihr auch die Möglichkeit für das Sorgerecht hängt. Der Verein Väteraufbruch für Kinder ist der Ansicht, dass einem leiblichen Vater das Sorgerecht vorrangig vor einem rein sozialen Vater zustehen sollte.

„Zumindest wenn dieser sich, seit Kenntnis seiner leiblichen Vaterschaft, nachhaltig um den Kontakt zum Kind bemüht und keine Gefahr für das Kind von ihm ausgeht“, teilt Elmar Riedel vom Bundesvorstand mit. „Den leiblichen, nicht-rechtlichen Vater auf das Umgangsrecht zu verweisen, wird der Vater-Kind-Beziehung nicht gerecht.“

Um Kontakt bemühen - das tut auch der Vater, mit dem sich das Bundesverfassungsgericht befasst. Sein Recht auf Umgang mit seinem Sohn musste er schon mehrmals gerichtlich durchsetzen.

Vater-Kind-Bindung ist abhängig von gemeinsamer Zeit

Für die Vater-Kind-Beziehung sei der Umgang ein zentraler Punkt, merkt Forscherin Ahnert an. „Jede Bindung ist an Zuwendung gebunden. Und dafür braucht es Zeit“, schreibt sie in ihrem Buch “Auf die Väter kommt es an“.

So sei auch die Vater-Kind-Bindung davon abhängig, wie viel Zeit sich ein Vater für sein Kind nimmt - und davon, wie er diese Zeit konkret verwende. Studien würden zeigen, dass die Zeit, die Väter für die Kinderbetreuung aufwenden, kontinuierlich gestiegen ist, legt Ahnert weiter dar.

In den 50er und 60er Jahren konnte ein guter Vater dagegen auch ein „abwesender Vater“ sein, solange er für finanzielle Sicherheit sorgte, sagt Sozialwissenschaftlerin Kim Bräuer.

In ihrer im Februar erschienenen Väterstudie an der TU Braunschweig zeigte sich ein neues Bild: 59,5 Prozent der Väter gaben an, dass die wichtigste Eigenschaft eines guten Vaters sei, dass er dem Kind Zuneigung schenke. Nur 1,4 Prozent sahen einen guten Vater hauptsächlich darin, dass dieser dem Kind finanzielle Sicherheit biete.

Eine Hierarchie zwischen rechtlichem, sozialem oder biologischem Vater sieht Bräuer nicht: „Wer der wichtigste Vater für ein Kind ist, kann letzten Endes ein Kind emotional nur selbst entscheiden.“

sca/dpa
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