Drei Männer starben innerhalb von nur sechs Tagen mutmaßlich an Amphetamin bzw. Amphetamin-Derivaten. Experten kritisieren, dass die Mittel oft als Partydrogen verharmlost werden. Was genau dahintersteckt und warum sie so gefährlich sind.
Innerhalb von nur sechs Tagen sind in Duisburg drei Menschen nach dem Konsum von Drogen gestorben. Die Häufung sei auffällig und der Tod immer nach dem Konsum von Amphetamin oder Amphetamin-Derivaten eingetreten, berichtete die Polizei am Mittwoch.
Wir klären die wichtigsten Hintergrundfragen:
1. Was sind Amphetamine?
Amphetamine sind eine Gruppe synthetisch, also künstlich, hergestellter Substanzen mit stimulierender Wirkung. Sie werden hauptsächlich zur Leistungssteigerung verwendet, als illegale Doping- oder Aufputschmittel.
Dazu zählen zum Beispiel die Drogen Speed oder Methamphetamin (= Crystal Meth). Ecstasy ist ein Amphetaminderivat, das heißt eine Variante des Stoffes mit ähnlicher chemischer Struktur.
Erwerb, Besitz, Handel und Herstellung sind laut Betäubungsmittelgesetz in Deutschland verboten.
2. Wie wirken Amphetamine?
Amphetamine und Amphetaminderivate regen im Gehirn die Ausschüttung der Neurotransmitter Dopamin, Noradrenalin und Seratonin („Glückshormone“) an.
Der Körper reagiert laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) mit einem Euphoriegefühl. Selbstwertgefühl, Berührungsempfinden und Konzentration steigen, während die Hemmschwelle gleichzeitig sinkt. Auch ein extremer Aktivitäts- und Rededrang entsteht. Pulsfrequenz, Blutdruck, Herzschlag und Körpertemperatur steigen ebenfalls, Bronchien und Pupillen weiten sich und das Sexualbedürfnis nimmt zu.
3. Warum sind Amphetamine gefährlich?
Hunger, Durst und Müdigkeit werden unterdrückt. Das körpereigene Warnsystem wird ausgeschaltet. Die Drogen gaukeln dem Körper eine enorme Leistungsfähigkeit vor, ohne Energie zu liefern. Als Folge kann es zu einer extremen und gefährlichen Überbelastung kommen.
Konsumenten können vor Erschöpfung oder Dehydration zusammenbrechen. Neben einem Kreislaufkollaps drohen Organschäden, ein Herzinfarkt oder Schlaganfall. Tödliches Nierenversagen wurde ebenso beobachtet wie tödliche Hirnblutungen. Die Drogen können zudem Psychosen und Wahnvorstellungen („Amphetaminpsychose“) verursachen.
Die Experten der BzgA kritisieren: „Amphetamine und Ecstasy haben völlig zu Unrecht ein harmloses Image. Beide gelten als 'spaßmachende Partydrogen' und Amphetamine zudem als adäquates Mittel, um die sportliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen.“ Dabei bergen beide Substanzgruppen „enorme gesundheitliche Risiken und vor allein großes Abhängigkeitspotenzial.“ Das ist gefährlich, denn bei länger anhaltendem Konsum drohen schwerwiegende Folgeschäden.
Körperliche Folgeschäden:
- Schwächung von Immunsystem, Blutgefäßen, Nerven, Leber, Herz und Nieren
- Bleibende Hirnschäden
- Störung des Menstruationszyklus bei Frauen sowie unsichere Wirkung der Antibabypille
- Beim nasalen Gebrauch kann die Nasenscheidewand brüchig werden, was zu häufigem Nasenbluten bis hin zum Verlust des Geruchs- oder Geschmackssinns führen kann
- starker Gewichtsverlust
- „Speedpickel“ am ganzen Körper durch Ablagerungen von Amphetamin-Abbauprodukten unter der Haut
- Magendurchbruch bei sehr hohen Dosen
- bei Konsum während der Schwangerschaft drohen Missbildungen sowie Früh- oder Totgeburten
Psychische Folgeschäden:
- Depression mit Antriebs- und Konzentrationsstörungen, Angst, Verwirrtheit, Schlafstörungen
- Ticks (zB. Mahlen mit dem Kiefer)
- Persönlichkeitsveränderungen (zB. Aggression)
- Psychotische Zustände mit Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Flashbacks
Die BzgA warnt zudem, dass der Reinheitsgehalt von im Handel befindlichen Amphetaminen zwischen 10 und 80 Prozent liegt. Das mache eine genaue Dosierung beinahe unmöglich. Achtung, es drohen Überdosen.
Kürzlich sorgten Meldungen über „Blue Punisher“ für Schlagzeilen. Die besonders starke Variante der Ecstasy-Droge soll für den Tod eines 13-jährigen Mädchens aus Mecklenburg-Vorpommern verantwortlich sein.
4. Zahlen und Fakten über Amphetamine und illegalen Drogenkonsum in Deutschland
Etwa jeder 30. hat in Deutschland bereits einmal in seinem Leben Amphetamine und/oder Ecstasy konsumiert. Eine Amphetamin-Abhängigkeit liegt bei 103.000 Personen vor.
Unter den illegalen Drogen wird Cannabis mit großem Abstand am häufigsten komsumiert. 4,5 Millionen Menschen gaben an, es im vergangenen Jahr geraucht zu haben. Darauf folgen Kokain/Crack mit 818.000 und Amphetamin mit 716.000 Konsumenten.
Im Jahr 2021 starben 1826 Menschen einen Drogentod. Das ist der höchste Stand seit 20 Jahren.
Hier finden Sie Hilfe!
Hilfe finden Betroffene bei einer Suchtberatungsstelle, dem Hausarzt bzw. jeder suchtmedizinischen Ambulanz.
Die Hilfe in den Beratungsstellen ist in der Regel kostenlos. Im Suchthilfeverzeichnis finden Sie die Beratungsstellen in Ihrer Umgebung.
