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Ausstehende Löhne überwiesen

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Osteuropäische Lastwagenfahrer aus Georgien und Usbeskistan haben sich nach Beendigung ihres Streiks an der Raststätte Gräfenhausen und vor der Weiterfahrt in einem Bus zum Abschied versammelt.
Osteuropäische Lastwagenfahrer aus Georgien und Usbeskistan haben sich nach Beendigung ihres Streiks an der Raststätte Gräfenhausen und vor der Weiterfahrt in einem Bus zum Abschied versammelt. © Arne Dedert/dpa

Der Streik der Lastwagenfahrer in Gräfenhausen beendet. Die Wagen wurden an die Spedition übergeben.

Unter lautem Jubel haben am Freitagnachmittag die ersten Lastwagenfahrer die Autobahnraststätte Gräfenhausen-West in einem Reisebus verlassen und ihren Streik beendet. Nach Angaben des vom DGB unterstützten Beratungsnetzwerks Faire Mobilität gingen zuvor die ausstehenden Löhne bei den Beschäftigten ein. Nach ersten Zahlungen seitens der polnischen Spedition hatten Mitte der Woche noch gut 97 000 Euro gefehlt. Jetzt sei alles beglichen und geklärt. Faire Mobilität bezifferte die Forderungen auf insgesamt 303 363 Euro.

Nach den letzten Überweisungen hätten die Fahrer, die aus Georgien und Usbekistan kommen, wie vereinbart Fahrzeugpapiere und Schlüssel an die Firma übergeben. Sie wollen künftig nicht mehr für die Unternehmen der Familie Mazur arbeiten. Viele von ihnen haben bereits neue Stellen, etwa bei anderen polnischen und slowakischen Betrieben. Der Bus stand schon am Donnerstag bereit, doch weil noch nicht alle ihr Geld bekommen hatten, blieb die Gruppe, bis der letzte Euro geflossen war.

Michael Wahl von Faire Mobilität sagte, er hoffe, dass der Aufschrei der Fahrer und ihr „Triumph“ auch langfristig wirke, die Arbeitsverträge in der Branche verbessert würden und alle aus der Lieferkette Verantwortung übernähmen.

Die rund 60 Fahrer hatten fast sechs Wochen auf der Raststätte gestreikt und damit gegen nicht gezahlte Gehälter, aber auch gegen ihre Arbeitsbedingungen protestiert, die von Gewerkschaften scharf kritisiert werden. Bemängelt wurden etwa Scheinselbstständigkeit, Lohnabzüge und Tagessätze von etwa 80 Euro bei 13 bis 15 Stunden Arbeit. Am Mittwoch unterzeichneten die Fahrer und ihr Arbeitgeber eine Vereinbarung. Letzterer verpflichtete sich darin, die geforderten Beträge zu überweisen und sowohl auf straf- wie auch auf zivilrechtliche Schritte gegen seine Mitarbeiter zu verzichten. Im Gegenzug sollten sie die Fahrzeuge freigeben. Die Beschäftigten, ihr Verhandlungsführer, Edwin Atema von der niederländischen Gewerkschaft FNV, und ihre Unterstützer:innen sprachen von einem „großen Sieg der Solidarität“.

In einer Stellungnahme erklärte Lukasz Mazur, der alle Vorwürfe, auch den der Ausbeutung, zurückwies und betonte, stets rechtmäßig zu handeln: Er sei zu der Vereinbarung gezwungen worden. „In den vergangenen Tagen bin ich eingeschüchtert worden mit der Drohung, dass meine Lastwagen verbrannt werden, wenn ich nicht bezahle.“ Beweise lieferte er nicht. Er verwies zwar darauf, dass eines seiner Fahrzeuge am 25. April in der Nähe von Fulda tatsächlich brannte, doch laut Polizei löschten die Fahrer, deren persönliche Gegenstände in dem Wagen waren, den Brand selbst. Beschäftigte und Gewerkschafter:innen hatten schon vorher beklagt, der Spediteur versuche, sie zu kriminalisieren.

Am Ende dürfte der Druck eines Schweizer Kunden auf Mazur ein wesentlicher Faktor gewesen sein. Die Ladung stand in Gräfenhausen, was wohl mit hohen Vertragsstrafen verbunden war.

Der Streik hatte internationale Aufmerksamkeit und eine Welle der Solidarität – mit unterstützenden Botschaften aus aller Welt – ausgelöst und das Thema auf die politische Agenda gesetzt. Viele Europa-, Bundes- und Landespolitiker:innen waren vor Ort und informierten sich über die Situation der Fahrer, über die im EU-Parlament debattiert wurde. Gabriele Bischoff (SPD) forderte etwa intensivere Kontrollen und faire Löhne im grenzüberschreitenden Güterverkehr sowie Gesetze ohne Schlupflöcher.

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