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Nargess Eskandari-Grünberg: „Wir arbeiten wieder kollegial zusammen“

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Sechs Monate lang war Nargess Eskandari-Grünberg kommissarische Oberbürgermeisterin.
Sechs Monate lang war Nargess Eskandari-Grünberg kommissarische Oberbürgermeisterin. © Christoph Boeckheler

Die Frankfurter Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg spricht im FR-Interview über ihre Zeit als kommissarische Oberbürgermeisterin, das Konzert von Roger Waters und die Grünen

Seit der Abwahl von Peter Feldmann trug Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne) den Titel: amtierende Oberbürgermeisterin. Im Gespräch mit der FR zieht die 58-Jährige eine Bilanz der sechs Monate, die am Donnerstag enden.

Frau Eskandari-Grünberg, werden Sie wehmütig sein, wenn Mike Josef am Donnerstag die Amtskette des Oberbürgermeisters bekommt und Sie wieder in die zweite Reihe treten?

Nein, denn ich bin mit meiner Arbeit zufrieden und habe oft gesagt bekommen, dass ich das Amt als amtierende Oberbürgermeisterin mit Würde ausgefüllt habe. Es ging darum, dass wir im Magistrat wieder kollegial und konstruktiv zusammenarbeiten und respektvoll miteinander umgehen. Das ist gelungen. Im Übrigen spielt es für mich keine Rolle, wer in der ersten oder der zweiten Reihe steht. Ich dränge mich jedenfalls nicht in den Vordergrund. Deshalb habe ich die frei gewordenen Posten in den Aufsichtsräten ja auch mit den zuständigen Dezernent:innen besetzt und bin nicht selbst in die Gremien gegangen.

Was konnten Sie in den sechs Monaten an der Stadtspitze erreichen?

Zum einen habe ich das Vertrauen in das Amt des Stadtoberhaupts wieder hergestellt. Das war nach den vielen Diskussionen um meinen Vorgänger schwer beschädigt. Zum anderen waren sehr viele Vorlagen liegen geblieben, die ich abarbeiten musste. Und ich habe wegen des Paulskirchen-Jubiläums sofort den Kontakt zum Land und zum Bund gesucht. Diese Feier ist nicht nur eine Frankfurter Veranstaltung, das wird an dem Festwochenende auch klar werden. Zudem ging es mir darum, die Stadt nach außen zu vertreten. Ich habe vor dem Parlament in unserer Partnerstadt Mailand gesprochen, ein Büro der Wirtschaftsförderung in Ho Chi Minh-City und einen Letter of Intent in Izmir unterzeichnet. Darin geht es vorwiegend darum, die wirtschaftlichen Beziehungen auszubauen.

Es hieß immer wieder, die Koalition könne ohne die Debatten über Peter Feldmann wieder konstruktiv zusammenarbeiten. Tut sie das jetzt?

Ja. Ich stehe für einen neuen teamorientierten Stil. Jede Sitzung des Magistrats hat pünktlich begonnen und war gut vorbereitet. Das hat der Politik in Frankfurt gutgetan.

In Ihre Amtszeit fiel auch die Anklage gegen den früheren Leiter des Hauptamts, Tarkan Akman. Wie sehr haben diese Geschehnisse die Politik in Frankfurt belastet?

Gar nicht. Wir haben schnell und entschlossen reagiert. Als Personaldezernent Bastian Bergerhoff und ich von den Vorwürfen gegen Herrn Akman hörten, haben wir uns sofort von ihm getrennt, damit der Stadt kein Schaden entsteht.

Aber hätte zu einer transparenten Amtsführung nicht auch gehört, die Öffentlichkeit über die Trennung von Akman zu informieren? Sie haben erst auf Nachfrage geantwortet und die Umstände gar nicht erwähnt.

Wir mussten an dieser Stelle ganz sauber arbeiten und Herrn Akman behandeln wie jeden anderen städtischen Beschäftigten auch. Er ist ja kein Politiker.

Geprägt war Ihre Amtszeit auch von der Debatte über das Konzert von Roger Waters. Stadt und Land verzichten jetzt auf Rechtsmittel, Waters darf in der Festhalle auftreten. Wie sehen Sie diese Entscheidung?

Ich war dafür, Rechtsmittel einzulegen. Aber die Koalition in Frankfurt konnte sich nicht einigen. Das bedauere ich. Ich halte Roger Waters für einen Antisemiten. Er lässt Ballons in Schweineform aufsteigen, auf denen der Davidstern zu sehen ist. Und diese Ballons werden dann zerstört. So eine Show ist gerade in der Festhalle, von der aus 3000 jüdische Männer deportiert wurden, unerträglich. Eine Beschwerde gegen den Beschluss, dass Waters dort spielen darf, wäre das richtige Zeichen gewesen. Nun muss es darum gehen, lauten Protest gegen das Konzert zu organisieren.

Wie werden Sie jetzt als Bürgermeisterin weitermachen?

Ich bleibe bei meinen drei Schwerpunkten. Wir müssen das Klima schützen, und damit meine ich auch das gesellschaftliche Klima. Gerade in der Krise ist Solidarität wichtig. Deshalb ist der gesellschaftliche Zusammenhalt ein zentrales Thema. Der zweite Schwerpunkt ist für mich die Antidiskriminierungs-Arbeit, die ich in der Stabsstelle in meinem Dezernat gebündelt habe. Gerade in der Arbeit der Stadtverwaltung. Der dritte Schwerpunkt ist das Thema Demokratie. Das wird mit den Paulskirchen-Feierlichkeiten nicht beendet sein, im Gegenteil. Wir dürfen bei Menschenrechtsverletzungen wie im Iran nicht schweigen. Dafür wird auch das Haus der Demokratie stehen, das mir sehr wichtig ist.

Die Expertenkommission schlägt vor, das Haus auf dem Paulsplatz zu errichten. Halten Sie den Ort für gut?

Wir sollten darüber offen diskutieren. Derzeit verkaufen wir die Paulskirche nach meiner Wahrnehmung etwas unter Wert. Da gibt es mehr Möglichkeiten. Wobei es hier ja nicht um eine komplette Bebauung geht, sondern um eine Umgestaltung.

Aus Reihen der Grünen gab es zuletzt Vorwürfe, Sie hätten Manuela Rottmann bei ihrer Kandidatur für das Amt der Oberbürgermeisterin nicht genügend unterstützt. Sind Sie mit Ihrer Partei im Reinen?

Ja. Ich habe Manuela Rottmann so gut unterstützt, wie ich es in meiner Funktion tun konnte. Ich glaube, meine Partei kann stolz darauf sein, dass sie die kommissarische Oberbürgermeisterin stellen durfte und ich das Amt gut ausgeübt habe.

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